Neues Schutzschild gegen Viren
An der Freien Universität Berlin (FU) arbeitet das Team um Professor Daniel Lauster an einem Nasenspray gegen Grippeviren
Das neue Forschungszentrum Supramolekularer Funktionaler Architekturen an Biogrenzflächen (SupraFAB) der FU, in der Dahlemer Altensteinstraße, bietet nicht nur beeindruckende Architektur. Im Innern finden sich auch modernste Analysegeräte, Zentrifugen und Apparate, mit denen sich die Interaktionen von Molekülen direkt messen lassen, wie Daniel Lauster beim Gang durch das Labor erklärt.
Das etwa zehnköpfige Team um Lauster erforscht, wie der menschliche Schleim bei der Abwehr infektiöser Erreger am effektivsten unterstützt werden kann. Die Haut als äußere Schutzschicht kann nicht alle Viren und Bakterien fernhalten. Im Innern des Körpers treffen die Eindringlinge dann auf eine starke Barriere, den Schleim. Er ist klebrig, ein Hydrogel, denn er besteht zu etwa 95 Prozent aus Wasser. Die glitschigen Schichten finden sich in Nase, Mund und dem Verdauungssystem. Auch in der Lunge und den Harnwegen spielt Schleim eine wichtige Rolle. Der sogenannte Mukus ist nicht nur rutschig, er schützt auch die empfindlichen Oberflächen vor Austrocknung und Schmutz. Als erste innere Verteidigungslinie des Körpers fängt er fleißig Krankheitserreger ab.
„Etwa zwei Liter Schleim produziert der menschliche Körper täglich. Insgesamt rund 200 Quadratmeter Schleim bedecken die inneren Organe“, erklärt Lauster. Der 38-jährige Biophysiker hat an der Universität Stuttgart Technische Biologie studiert. Nach dem Diplom promovierte er an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2018 forschte der aus Kirchheim/Teck stammende Schwabe als Postdoktor und Nachwuchsgruppenleiter an der FU, bevor er 2023 zum Juniorprofessor für Biopharmazeutika berufen wurde.
Bei seiner Forschung konzentriert sich Lauster jetzt darauf, den Schleim für einen besseren Schutz vor viralen Infektionen fit zu machen. Unter seiner Leitung will das internationale Forschungsteam „MucBoost“ die Abwehrkraft des Schleims so sehr verstärken, dass es möglichst zu keinen Infektionen kommt. So sollen Wirkstoffe entwickelt werden, die Viren gezielt binden können. Dann können die virenhaltigen Substrate abtransportiert werden, bevor sie Infektionen auslösen können. Der Schleim wirkt dann wie eine molekulare Maske. Die Methode funktioniert nach dem Baukastenprinzip und kann flexibel an unterschiedliche Viren angepasst werden.
Das MucBoost-Projekt ist seit November 2021 beim Wettbewerb „Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) erfolgreich. Mit der diesjährigen Qualifikation, die eine Förderung von 2,5 Millionen einbringt, hat MucBoost als eines der vier ausgezeichneten Projekte insgesamt 4,7 Millionen Euro erhalten. Die Förderung ist jeweils auf ein Jahr befristet. „Es wurde mit SPRIND vertraglich festgelegt, was erreicht werden soll“, erklärt Lauster. Angestrebt werde, eine antivirale Plattform zu etablieren und ein Nasenspray zu entwickeln, das gegen Grippeviren wirkt.
Diese Projekte werden in der FU-Arbeitsgruppe vorangetrieben. Um die Ergebnisse auf dem Markt zu etablieren, wurde vor kurzem die Firma MucosaTec GmbH gegründet, die von der SPRIND-Förderung profitiert. Neben Lauster sind daran Postdoktorandin Anja Himmelstein und Marius Hittinger (CEO, PharmBioTec) beteiligt. Der Hauptsitz des neuen Biotech-Startups ist im saarländischen Schiffweiler, während an der FU in Berlin eine Betriebsstätte zur Forschung und Entwicklung entsteht.
Die Berliner Gruppe wird schnell wachsen, denn Bewerbungen für die Mitarbeit gebe es genug. Lauster wird dort neben seiner FU-Professur als Forschungsberater agieren. Trotz intensiver wissenschaftlicher Arbeit findet der Biophysiker auch immer wieder Zeit, sich an Berlins vielfältigen kulturellen und kulinarischen Angeboten zu erfreuen – auch ein Grund, weshalb der Schwabe gerne in Berlin ist.
Dr. Paul Janositz für POTENZIAL