Strukturiert und nachhaltig wachsen
Das CHIC-Start-up Zixio GmbH geht bei seiner Gründung äußerst systematisch vor und befindet sich damit auf Erfolgskurs
Am Anfang einer Gründung steht die Entwicklung eines Businessplans. Doch wie gelingt es Teams, ihr ursprünglich erdachtes Geschäftsmodell und die damit verbundenen Strukturen in den unternehmerischen Alltag zu übertragen? Die junge Zixio GmbH geht bei ihrer Gründung äußerst systematisch vor, legt Wert auf finanzielle Unabhängigkeit und hat dabei den langfristigen Erfolg im Blick.
Die Idee, ihr Start-up mithilfe von Risikokapital schnell auf Wachstumskurs zu bringen, um es möglichst bald gewinnbringend verkaufen zu können, kam für Joanna Czarnecka und Andreas Salzmann nie in Frage. „Es ging von Anfang an um ein nachhaltiges Geschäftsmodell, um die systematische Entwicklung unserer Technologie und darum, Verantwortung für unsere Beschäftigen und für unsere Kundschaft zu übernehmen“, erklären sie. Und tatsächlich sind sie diesen Grundsätzen seit der Ausgründung ihrer Zixio GmbH aus der Berliner Beuth-Hochschule (mittlerweile Berliner Hochschule für Technik) im Jahr 2019 treu geblieben.
Dafür haben die beiden ihre ursprüngliche Geschäftsidee überdacht und an ihren Prinzipien ausgerichtet. Denn als sie sich in der Planungsphase dank eines Berliner Start-up-Stipendiums intensiver mit ihrer Idee eines digitalen Möbelberaters befassten konnten, wurde ihnen klar, dass dessen Entwicklung sehr personal- und zeitintensiv sein würde und sie damit früher oder später auf Risikokapital angewiesen sein würden. Es war genau der Weg, mit dem sie sich unwohl fühlten. Ihnen schwebte ein Start-up vor, dass aus eigener Kraft organisch wachsen – und ihren technologischen Ansatz mit der gebotenen Ruhe und Sorgfalt vorantreiben sollte.
Kognitive Systeme
Schon der ursprünglich skizzierte digitale Möbelberater basierte auf einem kognitiven System. Im Unterschied zur künstlichem Intelligenz, die anhand großer Datenmengen auf spezifische Aufgaben trainiert werden muss, können kognitive Systeme auch unstrukturierte oder semistrukturierte Informationen in praktisch nutzbare Wissensnetzwerke übersetzen. Die Ursprünge dieses Verfahrens liegen in den interdisziplinären Kognitionswissenschaften. „Wir nutzen sie, um das Wissen hochspezialisierter Beschäftigter zu digitalisieren“, erläutert Joanna Czarnecka. Einen ersten Großkunden konnte ihr Team schon vom Potenzial kognitiver Systeme überzeugen. Denn die Aussicht, das gewachsene Fach- und Erfahrungswissen in den eigenen Reihen dokumentieren und auch für weniger spezialisierte Beschäftigte zugänglich machen zu können, ist vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels attraktiv. Zudem sinkt das Risiko, durch Personalfluktuation wichtiges Know-how zu verlieren, das dann nur mit hohem Aufwand ersetzbar ist.
Die digitale Dokumentation von Know-how, das in Köpfen steckt, ist leichter gesagt als getan. „Denn es müssen die richtigen Informationen verfügbar sein, damit ein Team Entscheidungen ohne die Spezialistinnen und Spezialisten treffen kann“, erklärt sie. Daher gelte es, komplexe Wissenszusammenhänge ähnlich zu strukturieren, wie es im menschlichen Gehirn abläuft. Genau hier kommt das psychologisch-sozialwissenschaftliche Know-how des Teams zum Tragen. Wie genau Zixio vorgeht, verrät Czarnecka nicht. Interviews spielen eine Rolle, sind aber nur eine Methode von vielen. Teils liegen auch schon Dokumentationen vor, die das Team vertieft und für den späteren Abruf strukturiert. Dabei führt es Know-how verschiedener Disziplinen zusammen: Psychologie, Sozial- und Kulturanthropologie und Informationstechnik, um die Inhalte in einer nutzungsfreundlichen Software verfügbar zu machen.
Zeit zum Entwickeln und Experimentieren
„Die Sozialwissenschaften ergründen, wie Menschen funktionieren, wie wir uns verständigen und welche Bedeutungsmodelle dieser Verständigung zugrunde liegen“, erläutert sie. Diese Hintergründe gemeinsam mit den IT-Fachleuten im Team für Kunden produktiv nutzbar zu machen, sei eine sehr spannende, aber eben auch ausgesprochen zeitintensive Aufgabe. Um diesem gemeinsamen Lernen und Experimentieren den nötigen Raum zu geben, ist Czarnecka und Salzmann die finanzielle Unabhängigkeit so wichtig.
Daher bietet Zixio sein Softwareentwicklungs-Knowhow als Dienstleistung für externe Kunden an. „Wir sind dank unseres multidisziplinären Hintergrunds auf komplexe Softwareanwendungen spezialisiert“, erklärt Czarnecka. Das stieß in Pharmaunternehmen und beim Land Berlin auf Nachfrage, für dessen mobile Corona-Impfteams und stationäre Impfstellen das Start-up Software entwickelt hat. „Unser Plan, uns mit einem zweiten Standbein finanziell unabhängig zu machen, ist aufgegangen“, sagt sie. Dadurch hat das Team nicht nur die nötige Ruhe zur Weiterentwicklung der kognitiven Systeme, sondern mit dem geschäftlichen Erfolg im Rücken kann es seiner Kundschaft auch selbstbewusster gegenübertreten und Referenzen vorweisen. Angesichts der wichtigsten Zielgruppe für ihre Lösung – Großunternehmen und Konzerne – ist das ein großer Vorteil.
Technologieentwicklung geht weiter – KI als Werkzeug
Das Team integriert in seine Lösungen auch KI-Methoden, betont aber, dass es sich bei den kognitiven Systemen um einen anderen, letztlich flexibleren Ansatz handelt, der aus Daten Wissen generiert. KI könne in diesem Prozess ein hilfreiches Werkzeug sein, beispielsweise um zeitaufwendige Recherchen und Textanalysen abzukürzen. Aber es gehe ihnen eben auch darum, sehr komplexe technologische oder juristische Wissensbereiche zu durchdringen und Wissen digital verfügbar zu machen.
Die Entwicklung läuft. Laut Czarnecka treibt das mittlerweile sechsköpfige Team parallel Machbarkeitsstudien voran, um die Übertragung ihres Ansatzes auf weitere Märkte vorzubereiten. Die vier Jahre seit der Gründung waren sehr arbeitsintensiv, zumal neben der Entwicklung und Anwendung ihrer eigenen Technologie und der Softwareentwicklung für die externe Kundschaft noch ein weiteres zeit- und kostenintensives Projekt hinzukam: „Wir haben mit der Hilfe externer Berater unsere Prozesse optimiert und sind mittlerweile ISO-konform. Die ISO-Zertifizierung läuft“, berichtet sie.
Stein um Stein baut Zixio die eigene Zukunft, bleibt dabei der ursprünglichen Philosophie treu – und geht bei alledem sehr systematisch vor. „Es war immer das Ziel, uns ein in jeder Hinsicht nachhaltiges Geschäftsmodell zugrunde zu legen", erklärt Czarnecka. Die Zertifizierung sei auf diesem Weg der nächste Schritt. Denn um tatsächlich mehr Konzerne als Kunden zu gewinnen, seien ISO-konforme Prozesse eine Grundbedingung. Abgesehen davon hilft dieses methodische Vorgehen, die eigenen Prozesse so aufs Gleis zu setzen, dass in Wachstumsphasen kein organisatorischer Wildwuchs entsteht.
Kontakt:
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