Lernen in der Fabrik
Ab 2015 Weiterbildung ganz dicht an der Industrie
Kein trockener Lehrstoff, sondern „qualifizieren und produzieren“: Mit diesem Angebot will die „Lernfabrik Neue Technologien“ in zwei Jahren Mitarbeiter technologieorientierter Unternehmen zu Lehrgängen nach Adlershof locken.
„Ich will mir eine bestimmte Anlage hinstellen – was müssen meine Mitarbeiter wissen, um diese Maschine bedienen zu können?“ Noch ist Evelyn Schmidt dem Unternehmer aus Berlin oder Brandenburg nicht begegnet, der mit einer solchen Frage eine konkrete Antwort bei ihr finden könnte. Noch ist die „Lernfabrik“ ja auch eine Zukunftsvision, das Grundstück am Naturpark Adlershof, wo sie einmal stehen soll, eine Wiese.
„Dienstleister für Unternehmen“
Doch auf dieses „Ideal“, wie sie es nennt, arbeiten die Industriesoziologin Schmidt und ihre derzeit vier Kollegen seit drei Jahren hin: „Dienstleister für Unternehmen“, so verstehen sie sich. Läuft alles nach Plan, könnte es im September 2015 mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres so weit sein. Dann sollen an der Hermann-Dorner-Allee auf 4.150 Quadratmetern Maschinen und Anlagen sowie auf weiteren 3.000 Quadratmetern technische Labore und Schulungsräume die ersten Lehrgangsteilnehmer erwarten. Bis zu 420 sollen in der „Lernfabrik“ gleichzeitig Platz finden.
Der immer rasantere Wandel technischer Fertigungsverfahren, der entsprechend wachsende Bedarf an lebenslang lernbereiten Fachkräften, das sind die beiden Herausforderungen, auf die die „Lernfabrik“ eine Antwort verheißt. „Wir wollen die Leute nicht einfach in Seminarräume setzen“, sagt Schmidt, die sich mit ihrem Kollegen Michael Bose die Projektleitung teilt. Sie sollen schließlich nach der Rückkehr in ihre Betriebe das theoretisch erworbene Wissen mühelos in die Praxis ihres Berufsalltags umsetzen können.
Prozessorientierung
„Prozessnah qualifizieren am Realauftrag“ ist daher der Schlüsselbegriff. Nicht allein lernen, wie eine Maschine funktioniert, sondern gesamte Abläufe erfassen, das erworbene Wissen unmittelbar anwenden, als wäre der Kursteilnehmer im heimischen Betrieb, darum soll es gehen. „Den Blick auf das Davor und Danach meines Produktes“ richten, das sei gemeint, sagt Schmidt, wenn von „Prozessorientierung“ die Rede ist. Unter den gewerblichen Bildungsträgern in Deutschland steht damit nach ihrem Eindruck das Projekt in Adlershof bislang konkurrenzlos da.
„Wir waren von Anfang an ganz dicht an der Industrie“: Was erwarten die Unternehmen von einem Bildungsträger? Wie lässt sich das Angebot an dem orientieren, „was die Wirtschaft braucht“? Um ein breites Bedürfnisspektrum abzudecken, soll die Lernfabrik Fertigkeiten vermitteln, die in möglichst vielen Branchen gleichermaßen gefragt sind. Hauptsächlich wird es in Adlershof um den Umgang mit neuen Werkstoffen gehen sowie mit „generativen Fertigungsverfahren“, die Herstellung von Produkten aus Werkstoffen in Gestalt von Pulver oder Gel nach Maßgabe digitaler Datenmodelle. Bis Jahresende soll mit allen Beteiligten über Finanzierung und Förderung entschieden sein. Die Betreiber sind zuversichtlich.
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal