Heizen mit Strom – FUBIC wird Leuchtturmprojekt für die Energiewende
Im künftigen Innovationszentrum werden Büros, Labore und Coworking-Bereiche klimaneutral mit Strom versorgt
In Berlin-Dahlem wird derzeit das Innovationszentrum FUBIC gebaut. Es wird eines der ersten Nur-Strom-Technologiequartiere in Deutschland. Das Projekt ist ambitioniert und soll als Blaupause für weitere emissionsfreie Quartiere dienen. Das Konzept steht, jetzt geht es an die Umsetzung.
Mit Strom heizen? Es ist noch nicht lange her, da wäre dieses Ansinnen als energetischer und kostspieliger Wahnsinn abgebügelt worden. Doch gerade angesichts der nötigen Energiewende rückt Strom für die Wärmeerzeugung in den Fokus – wenn man es geschickt anstellt. Wie im Technologie- und Gründungszentrum FUBIC (Business and Innovation Center next to Freie Universität Campus), das die WISTA Management GmbH gerade in Berlin-Dahlem plant.
Das ehemalige US-Militärkrankenhaus wird der Kern des insgesamt fünf Hektar großen Innovationscampus sein – und als „Nur-Strom-Projekt“ den Beweis erbringen, dass auch Nichtwohngebäude mit Technik- und Laborräumen CO2-neutral und emissionsfrei ihren kompletten Energiebedarf mit Elektrizität decken können.
„Das FUBIC ist eines der Leuchtturmprojekte für die Energiewende“, sagt Christoph Böttger, bei der WISTA mitverantwortlich für innovative Infrastrukturprojekte. Denn ein Großteil der Wärmeversorgung für Gebäude stammt hierzulande immer noch aus fossilen Quellen, während im Stromsektor immerhin knapp die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen wird – Tendenz steigend. Daher hält es Böttger für zwingend, CO2-neutralen Strom für die Klimatisierung von Gebäuden zu nutzen: „Anders wird der Wandel im Wärmesektor kaum glücken.“
Das Konzept steht, wie die Büros, Labore und mehrere Coworking-Bereiche im FUBIC für bis zu 800 Beschäftigte klimaneutral mit Strom versorgt werden sollen.
Neben dem „Grünstrom“ aus dem öffentlichen Netz sorgt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauptgebäudes mit 720 Modulen für „hausgemachten“ Strom, der vollständig im FUBIC verbraucht wird. Strom kann zusätzlich in einer Batterie zwischengespeichert werden. Darüber hinaus ist das integrale Energiesystem mit unterschiedlichen Speichern für Wärme, Kälte und Elektrizität ein gutes Beispiel für die Kopplung der Sektoren Elektrizität, Wärmeversorgung und Verkehr in einem zukunftsweisenden Technologiegebäude.
Wenn um das FUBIC-Gebäude auf dem Campus künftig noch weitere Bauten für Unternehmen aus den Bereichen Life Science, Gesundheitswirtschaft sowie Informations- und Kommunikationstechnologien entstehen werden, kann der im Quartier erzeugte Strom durch eine Ringleitung je nach Bedarf untereinander verteilt werden. Die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen lassen das allerdings noch nicht zu. „Sofern sich dies künftig ändern sollte, würde uns ein eigenes kleines Stromnetz zur Verfügung stehen“, erklärt Böttger. „Schließlich geht es uns bei dem Projekt nicht nur um ein einzelnes Gebäude, sondern darum zu zeigen, dass Strom im Quartier erzeugt, gespeichert und verteilt werden kann.“ Der Ausbau des Batteriespeichers ist dann möglich und bietet neue Optionen der bedarfs- und lastabhängigen Verteilung von Energie.
Simulationsmodelle verdeutlichen, dass das FUBIC-Energiesystem im Vergleich zu Fernwärme jährlich etwa 997 Tonnen CO2 einsparen wird. Das FUBIC-ALL-ELECTRICITY-Forschungsprojekt wird durch die Rheinisch Westfälische Technische Hochschule Aachen und die Freie Universität Berlin wissenschaftlich unterstützt. Energieversorger wie die BTB Blockheizkraftwerks- Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin und aedifion GmbH als Softwareanbieter für Energiemanagementsysteme (EMS) ergänzen zukünftig die Umsetzung des Projektes. Böttger: „Ein cloudbasiertes EMS maximiert die Effizienz des Netzes aus Wärme- und Kälteerzeugern, elektrischen Fußbodenheizungen, E-Ladestationen, Lüftungsanlagen und Energiespeichern.“ Auch das ist beliebig erweiterbar.
Das Projekt der Berliner Nur-Strom-Pioniere wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und soll künftig als Blaupause für andere Quartiere in Deutschland dienen.
Wenn Böttger das Konzept präsentiert, hört er oft Bedenken, dass angesichts hoher und noch steigender Strompreise die Lösung eher kostspielig sein dürfte. Aber nicht nur ein intelligentes Energiemanagement und selbst erzeugter Strom sprächen dagegen, argumentiert Böttger, sondern auch, dass künftig fossile Energieträger viel stärker CO2-bepreist werden. „Die Preise für Gas und Fernwärme werden weiter steigen, womit auch in dieser Hinsicht CO2-neutraler Strom weiter an Attraktivität gewinnen wird“, ist Böttger überzeugt.
Chris Löwer für POTENZIAL – Das WISTA-Magazin