Historisches Gipsrelief trifft Klimamodellierung
Ein historisches Modell des alpinen Aletschgletschers macht die Folgen des Klimawandels anschaulich
Ausgangspunkt ist ein von dem gelernten Zimmermann, Bergführer und Topographen Joachim Eugen Müller aus Gips gefertigtes zehnteiliges Relief der Schweizer Alpen, das Anfang des 19. Jahrhunderts in die Kunstkammer des Berliner Schlosses gelangt war und von dem ein einziges Teilstück erhalten und im Humboldt Forum ausgestellt ist. Ein gut zehnminütiges Video, konzipiert von Prof. Dr. Christoph Schneider, Klimaforscher und Vizepräsident der Humboldt-Universität zu Berlin, erzählt nun nicht nur die Entstehungsgeschichte und Wiederentdeckung des Reliefs, es verleiht dem Gipsmodell mehr als 200 Jahre nach seiner Entstehung Aktualität: Der Film kombiniert das 3-D-Modell, das den Aletschgletscher vor der industriellen und touristischen Erschießung exakt nachformt, mit Karten und Daten der Klimaforschung. So zeigt das Video, wie sich die Vergletscherung der Alpen während abwechselnder Warm- und Kaltzeiten über die Jahrtausende verringert und wieder ausgedehnt hat – und wie das Eis seit Beginn des 20. Jahrhunderts mit der menschengemachten Klimaerwärmung immer schneller schmilzt.
„Dass das einzig erhaltene Teilstück des Gipsreliefs gerade Berner Oberland und Wallis mit dem Aletschgletscher und den Viertausendern Finsteraarhorn, Mönch, Eiger und Jungfrau enthält, ist ein großer Glücksfall. Doch bei aller Schönheit ist die Gebirgswelt auch fragil. Durch Industrialisierung in den Tälern, Tourismus und Klimawandel ist sie vielfältigen Veränderungen und Risiken ausgesetzt. Im Video haben wir versucht, neben der faszinierenden Geschichte dieses außergewöhnlich detailreichen und exakten Gipsreliefs die Veränderung der Landschaft über 200 Jahre und mit einem Ausblick bis zum Ende des 21. Jahrhunderts herauszuarbeiten“, sagt Christoph Schneider.
Internationales Jahr der Erhaltung der Gletscher
Ließe sich die globale Klimaerwärmung Alpen bei 2 Grad Celsius begrenzen, würde der Aletschgletscher erhalten bleiben, heißt es im Video. Steigt die Temperatur auf bis zu vier Grad, schmilzt er zum größten Teil ab, es blieben nur noch kleine Teilgletscher in den Hochlagen der Berner Alpen übrig. Der Film appelliert im „Internationalen Jahr der Erhaltung der Gletscher“, alles zu tun, um den Klimawandel zu stoppen, damit Menschen auch in Zukunft noch Gletscher bewundern können. Die Vereinten Nationen erinnern mit dem Jahr auch daran, dass das Abschmelzen der Gletscher auch die Wasserversorgung gefährdet.
„Gletscher gibt es in vielen Hochgebirgen der Erde. Sie sind eine wichtige Lebensgrundlage und decken einen großen Teil des Wasserbedarfs von Mensch und Natur. Doch sie schrumpfen weltweit in beispiellosem Tempo und verändern unsere Umwelt unwiderruflich. Das über 200 Jahre alte Modell des Aletschgletschers veranschaulicht eindrucksvoll, welch dramatische Eisverluste die Alpen bereits verzeichnen – in wenigen Jahrzehnten könnte es nur noch eine traurige Erinnerung an die einst mächtigen Eismassen sein“, so Prof. Dr. Tobias Sauter, Glaziologe und Klimaforscher am Institut für Geographie an der HU.
Weitere Informationen:
- Video „Teilstück des Alpenmodells der Kunstkammer im Berliner Schloss – Rückzug des Großen Aletschgletschers in Folge des Klimawandels“ auf YouTube
- Meldung „Film zum Teilstück des Alpenmodells online verfügbar“ – Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik
- Modell des Aletschgletschers – Objekt des Monats beim Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik
Kontakt:
Humboldt-Universität zu Berlin
Geography Department
Climate Geography
+49 30 2093-6807
www.geographie.hu-berlin.de
Meldung der HU Berlin vom 17.02.2025