Ein Vormittag im ST3AM
O-Töne aus der neuen Arbeitswelt
Jeder Mensch braucht einen dritten Ort, schrieb der US-Stadtsoziologe Ray Oldenburg 1989. „The Great Good Place” sollte, anders als das Zuhause und der Arbeitsort, etwa so funktionieren wie das Café in der Sitcom „Friends”. Ein Raum, in dem niemand „performen“ muss, in dem die Dinge spontan und ungezwungen passieren. 35 Jahre später stellt eine Studie der Technischen Universität Darmstadt fest: Viele Menschen wünschen sich – neben Homeoffice und Büro – auch einen dritten Ort zum Arbeiten. Hat ST3AM, die neue Arbeitswelt im Technologiepark Adlershof, das Zeug für einen dritten Ort? Unsere Autorin Despina Borelidis hat ihn besucht.
Selbst für Apple und Google Maps ist diese im Januar 2025 offiziell eröffnete Adresse brandneu. Ich finde ST3AM nicht auf Anhieb, aber in der Sekunde, in der ich das Gebäude betrete, bin ich „voll da“. Hinter mir schließen automatische Glastüren, das Rauschen der Rudower Chaussee verstummt. Vor mir öffnet sich ein großer lobbyartiger Raum, darüber ein haushohes Atrium.
Obwohl sich teils riesige Räume und Flure auf 3.000 Quadratmeter erstrecken, scheint jeder Schritt gedämpft. Nichts hallt, nichts klirrt. Baulich trifft viel Zement auf noch mehr Glas, aber auch Holz auf Polster, Vinyl auf Stäbchenparkett und Abhängungen auf dicke Teppiche. Der gedämpfte Charakter spiegelt sich auch in der Farbpalette: Beige- und Brauntöne wechseln mit Gold, Grau, Senf und Waldgrün. Das alles wirkt auf mich clean und cozy zugleich.
Dicht an dicht gibt es Innovationsräume, verschiedene Begegnungsflächen und einen Maker Space mit mechanischer Werkstatt, mit einem VR- und AR-Studio sowie verschiedenen 3D-Druckern. Wer Ruhe für fokussierte Arbeit sucht, wird in den sogenannten Mindspas fündig – einer davon befindet sich in der Event Arena. Auch hier sind absolute Ruhe, Klarheit und ein Zero-Gravity-Stuhl nur einen Klinkendruck entfernt.
„Für uns war der Umzug ein klares Upgrade“, sagt Markus Wogatzki, Geschäftsführer von v.works und ST3AM-Mieter der ersten Stunde. Sein Team baut Technologien, die Unternehmen wertvolle Kontakte verschaffen: „Wir knüpfen die richtigen Verbindungen. Mithilfe unserer auf maschinellem Lernen basierenden Software erzeugen wir aus riesigen Datensätzen wie Social-Media-Plattformen und Handelsregistern detaillierte Personenprofile. Diese vergleichen wir automatisiert mit den Zielgruppenkriterien unserer Partner, um verborgene Möglichkeiten zur Zusammenarbeit aufzudecken.“
Das Ergebnis? Eine skalierbare, KI-personalisierte Ansprache über LinkedIn und alle digitalen Kanäle – für Vertrieb, Rekrutierung oder Investitionen.
Das Unternehmen teilt sich im ersten Geschoss einen Büroraum mit zwei weiteren Firmen. „Der Space ist modern, repräsentativ und komfortabel – auch bei Kundenbesuchen. Wir bekommen gutes Feedback“, so Wogatzki. Für das Networking sei das ideal, findet Kollege Paul Bolte. Ebenso sind es die zahlreichen Rückzugsmöglichkeiten: Dazu gehören Meetingboxen und andere Halbräume. „Bei Calls oder Team-Meetings stören wir niemanden und auch wir können uns ungestört austauschen.“
Besonders beliebt für Präsentationen? Der große Meetingraum mit langer Tafel, Pendelleuchten und Screen. Und für kleinere Besprechungen? „Die Schaukeln im Flur, direkt vor unserem Raum”, ergänzt v.works-Technikvorstand Patrick Herholz.
Zentraler Treffpunkt ist auch im ST3AM: die Küche. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich diesen großzügigen Raum im ersten Geschoss gut besucht vorzustellen. Auch die Lobby im Erdgeschoss bietet viel Raum und Potenzial für Networking-Events – passend, dass die WISTA Academy direkt an sie anschließt. Sie zieht Expert:innen und Wissbegierige mit einem umfangreichen Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebot in die Rudower Chaussee 28. v.works plant, selbst Events im ST3AM anzubieten: „Hier können wir Austausch und Kontakt mit Menschen haben, die an Dingen arbeiten, zu denen wir sonst keinen Zugang hätten“, erklärt Wogatzki. Vernetzen konnte sich das Team von v.works bereits mit anderen Mieterinnen und Mietern. So klingt ST3AM nicht nur nach einer vielversprechenden Vision für moderne Arbeitswelten. Es klingt auch nach dem Stoff, aus dem dritte Orte entstehen können.
Despina Borelidis für Adlershof Journal