Bezahlbare Energie für die ganze Welt
Autarsys konstruiert Batteriespeicher für eine dezentrale Stromversorgung
Von kleinen Dörfern in der dritten Welt über abgeschnittene Eilande bis zum fernen Wellness-Luxus-Resort: Autarsys bringt Strom für alle. Geräuschlos und sauber – bis in die entlegensten Winkel der Erde. Eine Idee, die ihren Siegeszug um den Globus angetreten hat.
Gerade stecken die Techniker noch die letzten Verbindungen in die Starkstrombatterien. Kühlaggregate laufen, Anschlüsse stehen. Der kleine Computer, der alles managt, läuft auf Hochtouren. Nun ist der Container komplett. Auftrag erfüllt, die Reise ins Vereinigte Königreich kann beginnen. Dezentrale Energie auf sechs mal zweieinhalb Metern, für ein abgelegenes Luxusresort in England. Wenn am Abend beinahe alle Gäste zugleich in die Saunen und Bäder gehen, die Köche ihre Öfen anwerfen und tausende Lichter Pools und Anlage erstrahlen lassen, wird es keine Netzabhängigkeit mehr geben. Keine Schwankungen, auch keine Ausfälle. Ein unscheinbarer Container am Rande des Resorts, versteckt hinter blühenden Hecken übernimmt nun die Energieversorgung. Kein störender, lärmender, stinkender Dieselgenerator, der den Urlaubern die Nerven raubt und die Umwelt belastet.
Draußen, vor der Tür von Autarsys in Adlershof wartet schon der nächste Container. Der ist für die Philippinen. Alles andere als Luxus, sondern der wahr gewordene Traum eines abgelegenen Dorfes. Endlich ein normales Leben! Die Frauen können bald elektrisch kochen, zum ersten Mal werden sie einen Kühlschrank haben. Die Kinder in der Schule können ihre Computer in Betrieb nehmen, die schon lange in der Ecke stehen. Und: Es gibt Licht, rund um die Uhr, in allen Häusern.
Die Idee ist genial und füllt eine Marktlücke. Matthias Roß, einer der Gründer und Geschäftsführer der Autarsys GmbH: „Wir konstruieren hier Batteriespeicher für eine dezentrale Energieversorgung. Wenn Dörfer, kleine Städte, Inseln oder Hotelanlagen entweder gar keine oder eine stark schwankende Stromversorgung haben, dann kommen wir ins Spiel. Photovoltaikanlagen liefern Strom inzwischen sehr günstig, nur nicht, genau dann, wenn man ihn braucht. Batterien gleichen diese Schwankungen aus. Oder: Die Infrastruktur hängt zwar am Netz, aber in den Spitzen schwankt es oder das Netz bricht zusammen. Auch dann hilft der Speicher. Von Kraftwerken muss keine Reserveleistung vorgehalten, die Energie kann zu 98 Prozent genutzt werden.“
„Der Speicher“, das ist ein von Autarsys entwickelter Container in verschiedenen Größen. In ihn sind Lithium-Ionen-Batterien eingebaut, wie sie auch in Handys und Laptops verwendet werden, allerdings mit viel größeren Modulen und zwischen 30 Kilowatt und zehn Megawatt Leistung. Dazukommen eine spezielle Software, die Autarsys selbst entwickelt, eigene Steuerungs- und Kontrollsysteme, das Monitoring und Klimaanlagen. Im Container herrschen durchgehend 23 Grad Celsius. Das erhöht die Lebenszeit der Akkus auf 15 bis 20 Jahre.
Roß, der eigentlich Diplom-Pädagoge für Umwelt und Soziales ist, skizziert die Vision: „Batterien werden künftig immer mehr das Netz kontrollieren. Sie werden als Medium die permanente Balance zwischen Herstellung und Verbrauch von Strom steuern und optimieren. Damit ist der Weg frei für die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien.“
Auf ihrem Computer in Adlershof sehen die Ingenieure, welche Innentemperatur der Speicher in einer Siedlung am anderen Ende der Welt gerade hat, welcher Ladezustand herrscht und ob die Kommunikation mit Solarpanels oder Netzen funktioniert.
Erst 2013 war Autarsys in Adlershof an den Start gegangen. Die Mannschaft ist von zwei auf dreizehn feste Mitarbeiter gewachsen: Konstrukteure, Programmierer, Elektriker, Industriemechaniker und Betriebswirtschaftler. Dazu ein Netz von freien Mitarbeitern, Subunternehmern und Partnern im Ausland. Gerade geht es richtig los: mit Projekten in Indonesien, auf den Philippinen und Madagaskar, in Kamerun, Sambia, Kenia, Tansania, Griechenland und Frankreich. Auf Zypern, Kuba und Jamaika, in Mexiko, Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und Chile. Partner gibt es weltweit, Niederlassungen in vielen Projektstaaten und in Indien. Jetzt steht eine neue Herausforderung ins Haus: ein Auftrag für die Energieversorgung einer gesamten australischen Kleinstadt.
Ist das nicht eine Nummer zu groß? „Ja, ist es“, lacht Matthias Roß, „unser Platz reicht nun nicht mehr und wir werden in Adlershof weitere Flächen und Hallen anmieten.“ Am liebsten würde er bei jedem der Projektrealisierungen vor Ort selbst dabei sein. Geht aber nicht: Er wird in Adlershof noch dringender gebraucht.
Von Kathrin Reisinger für Adlershof Journal