Ein Lager für Ökostrom
Das Gründerunternehmen Autarsys entwickelt Speichersysteme, die das schwankende Angebot erneuerbarer Energien mit der schwankenden Nachfrage der Verbraucher in Einklang bringen
Sanft plätschern die Wellen an den Strand, Palmblätter rascheln, nebenan dröhnt ein Dieselgenerator. Das Störgeräusch könnte man als Luxusproblem betrachten, das ohnehin nur die betrifft, die sich einen Urlaub auf einem tropischen Eiland leisten können. Es macht aber auch deutlich, dass viele Siedlungen in fernen Regionen an kein öffentliches Stromnetz angeschlossen sind. Überall dort wird die Elektrizität meist über Generatoren erzeugt, die mit dem fossilen Treibstoff Diesel betrieben werden.
„Da muss langfristig eine umwelt- und klimafreundliche Lösung gefunden werden, beispielsweise durch Photovoltaikanlagen“, sagt Busso von Bismarck, einer der vier Geschäftsführer von Autarsys. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Batteriesysteme, die das schwankende Angebot von Solaranlagen mit der schwankenden Nachfrage der Stromabnehmer ausgleichen sollen, wobei der Schwerpunkt auf sogenannten Inselsystemen liegt, die nicht in einem großen Netz eingebunden sind.
Auf diesem Gebiet arbeitet schon länger eine andere Adlershofer Firma, Younicos. „Dort konzentriert man sich auf größere Speicher im Multimegawatt-Bereich“, sagt von Bismarck. Er und die drei anderen Geschäftsführer – Ingenieure und Betriebswirtschaftler – kommen von dort. Gemeinsam entdeckten sie eine Marktlücke für etwas kleinere Anlagen und beschlossen, diese Chance zu nutzen. Ende Februar gründeten sie Autarsys – wobei die beiden Unternehmen weiterhin in gutem Kontakt stehen, wie von Bismarck sagt.
„Wir planen Speicher, die Resorts auf kleinen Inseln versorgen könnten oder Dörfer mit 100 bis 1.000 Einwohnern, beziehungsweise mit 100 bis 1.000 Kilowatt Spitzenlast.“ Dazu setzen sie auf einen Container mit Lithium-Ionen-Batterien, wie sie etwa auch in Handys verwendet werden. Allerdings mit viel größeren Modulen und in einer deutlich höheren Qualitätsklasse. „Der Akku im Smartphone arbeitet mit viel geringeren Spannungen und ist so ausgelegt, dass er zwei Jahre hält, das entspricht rund 500 Ladezyklen.“ Die Adlershofer wollen ihren Kunden ein System bieten, das 15 bis 20 Jahre hält. Um das zu schaffen, muss der Container, in dem die Batterien montiert sind, auf 18 bis 28 Grad Celsius klimatisiert werden. „Steigt die Durchschnittstemperatur eines Akkus jenseits davon um je zehn Grad, wird seine Lebenszeit halbiert“, nennt der Autarsys-Ingenieur eine Faustformel der Branche.
Vor der Montage steht zunächst die Bedarfsermittlung. Die Firma simuliert dazu die erwartete Stromproduktion sowie den Verbrauch, um zu erfahren, wie viele Batteriemodule benötigt werden. Hinzu kommen die Steuersoftware sowie eine Überwachung. „Wenn der Speicher auf einer Insel oder in einer netzfernen Siedlung in Betrieb geht, können wir jederzeit auf unserem Computer in Adlershof schauen, wie die Innentemperatur ist, welcher Ladezustand herrscht und ob die Kommunikation mit den Solarpanels und den Dieselgeneratoren funktioniert, die oft noch als zusätzliche Unterstützung genutzt werden.“ Diese Geräte soll das Autarsys-Modul nämlich selbstständig ein- und ausschalten.
Womöglich wird die Firma bald ihr erstes Projekt umsetzen. Derzeit laufen Gespräche mit einem deutschen Generalunternehmer für eine Inselversorgung im Ausland. Mit Aufträgen aus Deutschland rechnet von Bismarck vorerst nicht, da ein wirtschaftlicher Betrieb noch nicht darstellbar ist. Dies könnte sich durch Einführungen eines „Speicher-EEGs“ ändern, meint er. „Im Ausland gibt es aber viel Potenzial für solche Inselsysteme.“ Das erkennen zunehmend auch Solaranlagenhersteller und Projektentwickler, seit ihr „klassisches“ Geschäft einbricht. „Mit unseren Systemen und Erfahrungen können wir helfen, die Märkte für Inselsysteme zu erschließen.“
Von Ralf Nestler für Adlershof Journal