Wärmedämmung aus dem Vulkan
Das Start-up Interbran Systems entwickelt innovative Gebäude-Isolierung
„Super-Wärmedämmverbundsystem“, das Wortungetüm kommt Kurt Schümchen flott von den Lippen. Kein Wunder, schließlich beschreibt er damit das Produkt der neu gegründeten Interbran Systems AG, das bereits mit mehreren Patenten geschützt ist.
Von der Eifel nach Adlershof
Mit dem Interbran-Verbundsystem ließen sich Gebäude vorzüglich dämmen, es handele sich um rein mineralisches Material mit besten ökologischen Eigenschaften, sagt der 49-jährige Chemieingenieur aus der Eifel, der in Aachen studiert hat, seit etwa 20 Jahren in der Karlsruher Gegend aktiv ist und nun auch in Berlin tätig wird.
Anfang 2015 ist Schümchen mit seinem Mitarbeiter Andreas Gabriel, ebenfalls Chemieingenieur, in das Adlershofer Zentrum für Photovoltaik und Erneuerbare Energien (ZPV) eingezogen. Zwei Hallen mit je 800 Quadratmetern dienen als Technikum und Produktionsstätten, dazu Büroräume und ein Labor, in dem eine Technikerin tätig ist. Vom Standort Adlershof ist Schümchen begeistert, ihm imponieren die vielen Kontakt- und Kooperationsmöglichkeiten mit der Berliner Humboldt-Universität und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Eine Partnerschaft mit Berlin-Chemie existiert bereits. Viel Unterstützung habe es durch die Berlin Partner GmbH gegeben. Die Berater hätten viele Türen geöffnet und gut über Fördermöglichkeiten informiert.
Perlit als Basis fürs Wärmedämmverbundsystem
Diese Anträge sind längst geschrieben, die Räume im ZPV bezogen und eingerichtet. Viel Zeit zum Eingewöhnen hatten Schümchen, der auch Geschäftsführer zweier Firmen im badischen Hockenheim und Eggenstein ist, und Gabriel, sein „Mann vor Ort in Adlershof“, jedoch nicht. Die Produktion musste schleunigst anlaufen, denn 1.000 Quadratmeter des neuen Interbran-Wärmedämmsystems waren bereits für die Sanierung einer Mannheimer Kita geordert. So wurden schon Mitte Januar in die damals noch leeren Hallen die ersten Säcke voller Perlit geliefert. Dabei handelt es sich um Vulkangestein, das in der Türkei, Griechenland oder Ungarn gewonnen wird, in Form grau-weißer, vier bis fünf Millimeter großer Kugeln, die aus Silikaten bestehen.
Rein mineralisch, sehr leicht, nicht brennbar
Als ideales Material zur Wärmedämmung sieht Schümchen die kleinen, luftgefüllten Kügelchen: „rein mineralisch, sehr leicht, nicht brennbar, gute Dämmeigenschaften dank der eingeschlossenen Luft“. Zudem sei das Material diffusionsoffen, also durchlässig für Wasserdampf. Das verhindert Dauerfeuchte, die zu Bauschäden führen kann. Perlit lässt sich als natürliches Produkt problemlos entsorgen oder wieder verwenden, etwa als Kompost. Attraktiv ist zudem, dass der Nachschub unbegrenzt gesichert ist. Dank dieser Eigenschaften übertrumpft Perlit andere Dämmstoffe wie beispielsweise das als brennbar und schimmelanfällig kritisierte Styropor bei weitem.
Doch die Interbran-Experten fügen dem Dämmstoff noch ein Silikat als Additiv hinzu, das laut Schümchen die Wärmedämmung um das Dreifache erhöht. Vor allem Andreas Gabriel hat jahrelang an diesem Verfahren getüftelt und sich zudem an Forschungsprojekten mit Fraunhofer-Instituten etwa in Oberhausen oder Potsdam beteiligt.
Nur sieben Zentimeter dicke Wärmedämmschicht
Herausgekommen ist eine Methode, mit der sich das Additiv unter milden Bedingungen in die Perlit-Schicht einbauen lässt. Während sonst dafür Temperaturen von 300 Grad Celsius und Drücke von 250 bar benötigt und organische Lösungsmittel verwendet werden, schaffen es die Neuadlershofer in wässrigem Medium bei 40 Grad und Normaldruck. Zudem ist das Produkt äußerst effektiv. „Wir erfüllen mit einer sieben Zentimeter dicken Wärmedämmschicht die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV)“, sagt das Mitglied des Interbran-Vorstandes. Mit Styropor bräuchte man einen 20 Zentimeter dicken Klotz für ein vergleichbares Resultat.
Von Paul Janositz für Adlershof Journal