Potenzial von flüssigem Erdgas als Antrieb für Lkw und Schiff
Wissenschaftler von DLR und TU Hamburg erstellten eine Studie im Auftrag von Shell
Über ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen der EU im Verkehr werden durch schwere Lkw verursacht. Diese Bilanz konnte in den vergangenen Jahren kaum gesenkt werden. Die Schifffahrt verursacht aktuell etwa drei Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Auch sie muss umweltverträglicher werden, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. Dieselmotoren sind immer noch der Standardantrieb für Schiffe und Lkw.
Als potenziell umweltfreundlichere Kraftstoffalternative gilt verflüssigtes Erdgas, kurz LNG (Liquefied Natural Gas). In Zukunft kann LNG besonders für den Schiffsverkehr interessant sein. Dort könnten jährlich bis zu 132 Millionen Tonnen direkter Treibhausgas-Emissionen eingespart werden. Im europäischen Straßengüterfernverkehr könnten durch den Einsatz von LNG bis zu 4,7 Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen vermieden werden. Dies zeigen die Ergebnisse einer Studie zum Einsatz von LNG im Fernverkehr bei Lkw und Schiffen, die im Auftrag von Shell in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie der Technischen Universität Hamburg (TU HH) durchgeführt und nun veröffentlicht wurde. Die Forscher entwickelten ein Pro-LNG-Szenario, das aufzeigt, wie sich der Kraftstoff LNG bei Seeschiffen und schweren Lkw bis zum Jahr 2040 im Gütertransportmarkt etablieren könnte. Die berechneten Einsparungen von Treibhausgas-Emissionen beziehen sich auf die gesamte Produktionskette (Well-to-Wheel oder WtW).
LNG als Kraftstoff schwerer Lkw
Die DLR-Wissenschaftler vom Institut für Verkehrsforschung berechneten, dass bis 2040 etwa 17 Prozent der schweren Lkw im europäischen Fernverkehr mit LNG angetrieben werden könnten. Die Forscher nahmen unter anderem an, dass der spezifische Kraftstoffbedarf eines neuen LNG-Lkw im Jahr 2040 infolge von Technologieentwicklungen noch um mehr als 30 Prozent effizienter werden kann.
Um die Emissionen weiter zu senken, kann zum Erdgas Biomethan oder Methan, das aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde, beigemischt werden. Wenn dem fossilen LNG 30 Prozent erneuerbares LNG aus Biomasse oder Reststoffen beigemischt werden, können im Szenariojahr 2040 insgesamt etwa 10 Millionen Tonnen Emissionen jährlich eingespart werden. "Neben den Anstrengungen zur Optimierung der Dieseltechnik müssen wir künftig auch einen Fokus auf die Nutzung von alternativen Antrieben und Kraftstoffen sowie erneuerbaren Energien legen. Nur so kann der Straßengüterverkehr dazu beitragen, Treibhausgas-Emissionen einzusparen", sagt DLR-Projektleiter Andreas Lischke und ergänzt: "Die Vorteile von LNG sind, dass die erforderliche Technologieentwicklung bereits abgeschlossen ist, heute schon Serien-Lkw angeboten werden und die notwendige LNG-Infrastruktur aufgebaut werden kann". Im Gegensatz zu Technologien wie Brennstoffzellen oder Elektromobilität können Erfolge mit dem Einsatz von LNG im Straßengüterfernverkehr schneller und kostengünstiger erzielt werden.
Einen weiteren Vorteil bieten die leiseren Motoren. So ist es in den Niederlanden schon erlaubt, dass Lkw mit LNG-Antrieb auch nachts in bewohnten Gebieten Lieferfahrten durchführen dürfen.
Infrastruktur muss aufgebaut werden
"Obwohl bereits drei europäische Fahrzeughersteller LNG-Lkw anbieten und obwohl der Tankstellen-Bestand in einigen EU-Mitgliedsländern wächst, bedarf es weiterer Anstrengungen seitens Industrie und Politik, um die Verfügbarkeit von LNG so zu gestalten, dass es eine attraktive, flächendeckende Alternative für die Nutzer wird", erläutert Lischke.
Derzeitige Spitzenreiter sind Spanien mit 37 LNG-Tankstellen, Italien mit 31 und Frankreich mit 27. In Deutschland wird aktuell an lediglich drei öffentlichen Tankstellen innerhalb des Bundesgebietes flüssiges Erdgas angeboten. Die EU-Rahmenrichtlinie gibt den Aufbau der Kraftstoffinfrastruktur für alternative Kraftstoffe bis 2025 vor und zwei Initiativen haben den Aufbau von LNG-Tankstellen in Deutschland angekündigt.
LNG als Kraftstoff für Schiffe
Für die Schifffahrt zeigen die Ergebnisse der Studie den Einsatz von LNG-Motoren als eine zeitnahe Alternative zum Diesel-Motor auf. Das International Transport Forum (ITF) ermittelte, dass 2015 die Schifffahrt 71 Prozent der globalen Güterverkehrsleistung erbrachte. Diese Transportleistung soll sich bis zum Jahr 2050 noch verdreifachen. Aufgrund ständig steigender Auflagen für die Luftschadstoffemissionen rücken deshalb alternative Kraftstoffe für Schiffe zunehmend in den Fokus.
Während die Abgase der Diesel-Motoren bei Schiffen heutzutage nur in wenigen Meeresgebieten Schadstoffgrenzwerte erfüllen müssen und deren Treibhausgas-Emissionen keiner Regulierung unterliegen, wird an Veränderungen durch weitere Regulierungen gearbeitet. LNG als Schiffskraftstoff setzt bei der Verbrennung deutlich weniger Luftschadstoffe wie Stickstoffoxide und kaum Feinstaub-Partikel, aber auch weniger Treibhausgas-Emissionen frei. LNG kann sich im Schiffsverkehr unter entsprechenden Rahmenbedingungen vor allem bei Containerschiffen, Kreuzfahrtschiffen und Fähren sowie bei Tankern durchsetzen. Bis Ende des Jahres 2018 verkehrten weltweit 125 mit LNG angetriebene Seeschiffe sowie 230 große LNG-Transportschiffe. Bis Mitte der 2020er Jahre erwarten die Forscher einen LNG-Schiffsbestand von etwa 400 Schiffen. Im Szenariojahr 2040 halten sie etwa 6000 Schiffe für möglich.
Die vollständige Studie zum Download finden Sie hier.
Kontakte
Julia Heil
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation Berlin, Neustrelitz, Jena und Dresden
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Dipl.-Ing. Andreas Lischke
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Verkehrsforschung
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