Mars schlägt Rekorde
Hochauflösende DLR-Kamera fotografiert beeindruckende Landschaftsformationen
Der Mars ist zwar viel kleiner als die Erde, aber dennoch kann er mit beeindruckenden Superlativen aufwarten. Einige Landschaftsmerkmale haben geradezu gigantische Dimensionen: Der über 21 Kilometer hohe Olympus Mons ist der größte Vulkan in unserem Sonnensystem, das Hellas-Einschlagsbecken ist über zweitausend Kilometer groß und acht Kilometer tief – doch besonders spektakulär ist das Talsystem der Valles Marineris: Dieser bis zu elf Kilometer tiefe und bis zu 200 Kilometer breite Grabenbruch erstreckt sich über fast 4000 Kilometer in Ost-West-Richtung entlang des Äquators durch das Marshochland. Zum Vergleich: Der Grand Canyon in den USA ist nur knapp zwei Kilometer tief und würde leicht in eines der parallel verlaufenden Seitentäler passen.
Das in diesem Artikel präsentierte Bild zeigt den zentralen Abschnitt und den östlichen Teil der Valles Marineris aus der Vogelperspektive – genauer gesagt: aus der Perspektive der Raumsonde Mars Express. Sie überquert immer wieder den Marsäquator von Nord nach Süd oder von Süden nach Norden. Dabei nimmt die hochauflösende Stereokamera HRSC, die sich mit an Bord befindet, seit 2004 Bildstreifen des Talsystems auf. Die einzelnen Bildstreifen der HRSC sind jeweils nur zwischen 50 und 200 Kilometer breit (abhängig von der Überflughöhe von Mars Express), so dass diese Ansicht der Valles Marineris erst mit einem Mosaik aus 20 Einzelaufnahmen der HRSC möglich wurde. Die Kamera wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben.
Wie das Bild entstand
Das Aufnahmeprinzip der HRSC ermöglicht es, aus den neun einzelnen Aufnahmekanälen der Kamera (vier davon Stereokanäle) so genannte digitale Geländemodelle abzuleiten. Das bedeutet, dass für jeden Bildpunkt auch die Höhe ermittelt werden kann. Im Computer können damit perspektivische Ansichten der Marsoberfläche wie diese erzeugt werden. Zur besseren Darstellung wurden hier die Höhen vierfach überhöht, das heißt, die Abhänge und Bergflanken erscheinen steiler als in Wirklichkeit.
Auch die Farben in diesem Bild sind leicht verfälscht. Durch eine Steigerung des Kontrasts in den einzelnen Farbkanälen werden so manche eher unscheinbaren Geländemerkmale dieser geologisch äußerst komplexen Region oder Unterschiede in der Zusammensetzung der Oberfläche deutlicher sichtbar.
Gigantische Magma-Blasen ließen die Marskruste brechen
Die Entstehung der Valles Marineris hängt sehr wahrscheinlich mit der Tharsis-Region zusammen, die sich im Westen an das Talsystem anschließt. Tharsis ist eine über vier Kilometer hohe Aufwölbung von mehreren tausend Kilometern Durchmesser. Hier findet man auch die höchsten Vulkane des Mars. Das sind, neben dem schon erwähnten Olympus Mons, die drei Vulkane Arsia Mons, Pavonis Mons und Ascraeus Mons. Auch in den Valles Marineris finden sich zahlreiche Spuren von Vulkanismus. An den kilometerhohen Hängen lassen sich Schichten erkennen, die von einstmals dünnflüssiger, basaltischer Lava gebildet wurden. Diese hat sich immer wieder über den Mars ergossen. Auch die Hochflächen der Umgebung der Valles Marineris bestehen aus diesen Basaltdecken.
Durch Druck von unten, vermutlich hervorgerufen von riesigen Magma-Blasen, die in großer Tiefe entstanden und aufgrund ihrer geringeren Dichte durch den plastischen Mantel bis unter die Marskruste aufstiegen, bauten sich in der Phase der Aufwölbung von Tharsis vor drei bis vier Milliarden Jahren Spannungen auf. Diese führten zu Dehnungsbrüchen in der Kruste. Riesige Krustenblöcke sanken dabei zwischen den Flanken der aufgebrochenen Kruste mehrere tausend Meter in die Tiefe. Auch auf der Erde gibt es solche Strukturen, wenn auch in viel kleinerem Maßstab – so ist zum Beispiel auch der Oberrheingraben zwischen Basel und Karlsruhe eine solcher Grabenbruch.
Auf der Oberfläche haben sich als Folge dieser Dehnungsspannungen charakteristische Muster von tektonischen Brüchen gebildet. Die jüngsten dieser Dehnungsbrüche sind in der Bildmitte und entlang der unteren Bildkante zu erkennen. Durch das Aufbrechen der Kruste und der damit verbundenen Veränderungen im Landschaftsprofil ist es entlang der Geländekanten zu zahlreichen Abbrüchen und Hangrutschungen gewaltigen Ausmaßes gekommen. Die Spuren dieser Massenbewegungen sind entlang der südlichen (unteren) und nördlichen (obere Bildmitte) Begrenzung der Valles Marineris zu sehen.
Wasser formte den Canyon
Auch Wasser, das mit viel Energie und wohl in großen Mengen durch die Täler strömte, hat die Landschaften der Valles Marineris im Nachhinein verändert und die Talsohle noch weiter vertieft. Diese Wasserströme flossen in Richtung Osten, entlang des Talarmes in der rechten Bildhälfte ab und ergossen sich in ein nach Norden führendes System von Ausflusskanälen, die in den Tiefebenen der Nordhalbkugel des Mars enden.
Aufnahmen und Messungen mit dem Spektrometer OMEGA an Bord von Mars Express zeigen, dass die Gesteine dort durch den Einfluss von Wasser auch mineralogisch verändert wurden; so finden sich an vielen Stellen in den Valles Marineris Schichten und Ablagerungen von Sulfaten, wie beispielsweise Gips (Kalziumsulfat) oder Kieserit (Magnesiumsulfat), die auf der Erde in Gewässern entstehen und in ihrem Kristallgerüst Wasser ("Kristallwasser") enthalten. Diese Ablagerungen entstanden aber vor vielen hundert Millionen oder sogar mehreren Milliarden Jahren – heute fließt in den Valles Marineris kein Wasser mehr.
Kontakte
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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
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Prof. Dr. Ralf Jaumann
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung, Planetengeologie
Tel.: +49 30 67055-400
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Ulrich Köhler
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
DLR-Institut für Planetenforschung
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