Grafische Lösungen für geisteswissenschaftliche Inhalte
Mit dem Visualink-Editor des Adlershofer Start-ups Whim_GbR können Schaubilder erstellt werden, um Lehrinhalte besser zu vermitteln
Wen-Min Ji hat nicht nur Philosophie, Biologie und Architektur studiert, sondern kann auch hervorragend zeichnen. Als studentische Hilfskraft am Institut für Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin nutzte die 28-Jährige ihr Talent, um Studierenden mithilfe von handgezeichneten Schaubildern philosophische Ideen zu vermitteln. Mit Gleichgesinnten gründete sie Anfang 2021 Visualink. Das Ziel: Die Gründerinnen wollen die Lehre verbessern, Inhalte verständlich aufbereiten und mehr Menschen an geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen teilhaben lassen.
„In meiner Zeit als Tutorin habe ich die Erfahrung gemacht, dass Studierende Inhalte viel schneller und besser verstehen, wenn man Schaubilder verwendet“, sagt Wen-Min Ji. In der Folge habe sie sich gefragt, warum nicht mehr Lehrkräfte in den qualitativ orientierten Geistes- und Sozialwissenschaften auf Grafiken zurückgriffen – und bald vermutet, es könnte mangelndes Zutrauen zu den eigenen Zeichenkünsten dahinterstecken. „Warum also nicht eine benutzerfreundliche App entwickeln, mit deren Hilfe man solche Schaubilder schnell und einfach erstellen kann – und so die Lehre verbessern?“
In ihrer Kollegin Clara Hagel, die bereits ähnliche Erfahrungen als Autorin von Lehranimationsfilmen gesammelt hatte, fand Wen-Min Ji eine engagierte Produktentwicklerin, der sich bald die Softwareingenieurin und Designerin Gemma Benítez Terreu anschloss. Zu dritt gründeten sie Anfang dieses Jahres die Whim_GbR, warben das Berliner Startup-Stipendium ein, bezogen Räume im Humboldt-Startup-Inkubator Adlershof und entwickelten einen Visualink-Prototypen. Der Editor stellt Nutzenden speziell für abstrakte Inhalte entwickelte Grafiken zur Verfügung, die sie per Drag-and-drop zu digitalen Schaubildern zusammenstellen können.
„In den Geisteswissenschaften, aber auch in den qualitativ orientierten Sozialwissenschaften werden Ideen und Theorien bislang fast nur mithilfe von Texten vermittelt, was zeitaufwendig und oft auch kompliziert ist“, erläutert Wen-Min Ji die Hintergründe des Projekts. „Mit dem Visualink-Editor schließen wir eine Lücke. Vorher hat einfach niemand die passenden bildlichen Inhalte zur Verfügung gestellt.“
Mit dem Editor erstellte Grafiken sorgen dafür, dass die Vermittlung komplexer Ideen und argumentativer Strukturen schneller und besser gelingt, glaubt Ji. Auch könnten die digitalen Grafiken einen Beitrag leisten, Menschen außerhalb von Universitäten für geisteswissenschaftliche Inhalte zu interessieren, und so mehr Teilhabe und Austausch ermöglichen.
„Derzeit existiert nur der grafische Teil. Nach und nach werden wir den Editor aber zu einer Multi-Media-App für Forschung und Lehre weiterentwickeln, die auch als Recherchesoftware verwendet werden kann. Dann lässt sich die App zum Beispiel als PDF-Reader verwenden, um Grafiken mit Textabschnitten zu visuellen Notizen zu verbinden“, sagt Softwareentwicklerin Gemma Benítez Terreu. Während Clara Hagel inzwischen das Gründungsteam verlassen hat, programmiert sie mit mehreren Praktikant/-innen zusammen das Backend. Auf längere Sicht werden Nutzende ihre Inhalte in der Cloud ablegen, kollaborativ bearbeiten und in einer Schaubilder-Bibliothek teilen können.
Von Nora Lessing für Adlershof Journal