Die Arbeitspsychologin
Franziska Kößler forscht zum Thema Berufstätigkeit und Gesundheit
Infektion oder Jobverlust, was macht mehr Angst? Fühle ich mich durch kulturelle Vielfalt angeregt und bereichert? Solche Themen begleiten Franziska Kößlers wissenschaftlichen Alltag. Mit welchen Empfindungen Menschen ihrer Arbeit nachgehen und wie gesund sie dabei bleiben. Allgemein gesagt, steht im Zentrum ihres Forschungsinteresses, was der Beruf mit den Berufstätigen macht. Im Blick hat sie dabei nicht zuletzt die formal geringer Qualifizierten, schlechter Bezahlten, prekärer Beschäftigten. Reinigungskräfte etwa. Oder im Einzelhandel Angestellte.
Im Februar 2020 bezog Kößler ein Büro in der Rudower Chaussee als wissenschaft liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl der Humboldt-Universität zu Berlin für Occupational Health Psychology, zu Deutsch etwa „Arbeitswelt und psychische Gesundheit“. Sie scheibt hier ihre Dissertation zu Ende, in der sie seit 2017 untersucht, wie kulturelle Diversität am Arbeitsplatz sich auf das seelische Befinden auswirkt, und forscht an weiteren Projekten.
Zuletzt ist sie der Frage nachgegangen, wie nichtmedizinisch Beschäftigte in Krankenhäusern, Küchenpersonal oder Angehörige von Putzkolonnen mit dem an ihrem Arbeitsplatz erhöhten Coronarisiko zurechtkommen. Denken sie an Kündigung? Oder nehmen sie die Infektionsgefahr in Kauf, weil sie finanziell auf den Job angewiesen sind? Die Studie ziele, so Kößler, auch darauf ab, Empfehlungen für einen besseren Infektionsschutz der Betroffenen zu formulieren.
An ihrem bayerischen Gymnasium hatte sich die heute 29-Jährige noch eine Zukunft als Künstlerin ausgemalt, dann in Freiburg zunächst Kindheitspädagogik studiert. Zur Psychologie fand sie an der Universität in Innsbruck, anfangs mit dem Ziel, Therapeutin zu werden. Mit einer Bachelorarbeit über Partizipation im Betrieb ließ sie sich dann aufs Feld der Arbeitspsychologie locken. Und stellte fest: „Es gibt da auch coole Themen.“
Den Weg zur Dissertation ebnete nach dem Masterstudium in Heidelberg ein Praktikum bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Hier ergab sich 2016 der Kontakt zum Berliner Wissenschaftszentrum und einem Promotionskolleg, das ihr für drei Jahre einen akademischen Ankerplatz bot. Nächste Station im Lebenslauf wurde Adlershof. Das Büro in der Rudower Chaussee hat sie allerdings nur in den ersten vier Wochen regelmäßig gesehen und erlebt seither einen Großteil des Forschungsalltags zu Hause im Wedding. Einerseits erübrigen sich Anfahrten, worüber sie „nicht so böse“ ist. Andererseits vermisst sie die Kolleginnen.
Corona hat zudem durch manches einen Strich gemacht, was ihr lieb war, Reisen, Konzerte. Spaziergänge mit dem Hund füllen jetzt die Freizeit. Was im Übrigen den Berufswunsch ihrer Jugend betrifft, der hat sich, so sieht es Kößler, in verwandelter Form erfüllt: „Wissenschaftliche Arbeit ist so ähnlich wie Kunst.“ Auch hier müsse man „neue Dinge abbilden“. Kreatives Schaffen, das ist es, was das eine mit dem anderen verbindet.
Von Dr. Winfried Dolderer für Adlershof Journal