Der Talentpfleger
Thorsten Rohwedder kümmert sich um mathematischen Nachwuchs
Sein Stellenprofil lautet „Lehrkraft für besondere Aufgaben“. Man könnte auch sagen: Thorsten Rohwedders Tätigkeit ist die Talentpflege. Ihm selbst fällt dafür ein Bild aus der Landwirtschaft ein: Er finde es einfach schön, meint der gebürtige Schleswig-Holsteiner, „den Pflanzen beim Wachsen zu helfen“.
So gesehen ist er derzeit auf drei verschiedenen Äckern unterwegs. Als Fachdidaktiker und Ausbilder künftiger Mathematiklehrer an der Berliner Humboldt-Universität in Adlershof. Als Koordinator der Berliner „Mathematischen Schülergesellschaft ,Leonhard Euler‘” (MSG). Nicht zuletzt als Juror beim Wettbewerb „Jugend forscht“ für die Region Berlin-Süd: „Lehre macht mir Freude“, sagt Rohwedder, der in seiner Freizeit in einer Rockband E-Bass spielt.
Mathematik ist seit jeher sein Steckenpferd gewesen, schon auf dem Gymnasium im heimatlichen Preetz in Holstein. Folgerichtig sattelte er an der Kieler Universität nach einem Schnuppersemester Medizin auf Mathematik und Physik für das Lehramt um, schloss die Diplomprüfung an, absolvierte sein Referendariat und begann, eine Dissertation zu verfassen. Als sein Doktorvater einem Ruf an die Technische Universität Berlin folgte, verschlug es auch Rohwedder von der Förde an die Spree.
Nach Promotion und weiteren anderthalb Jahren in der Forschung dann die Frage: Was jetzt? Kurs halten in Richtung Professur? Mit all dem Verwaltungskram, der einer solchen Position auch anhängt? Er habe geahnt, sagt der heute 40-Jährige, dass es in der Wissenschaft für ihn nicht mehr besser kommen konnte: „Was mit Leuten wollte ich gerne machen.“
Den Ausweg wies eine Stellenausschreibung für einen Mathematikdidaktiker mit Lehramtsausbildung und Promotion. „Ich bin glücklich hier mit meinem Job“, sagt er nach nunmehr knapp fünf Jahren in Adlershof.
Die Funktion als Koordinator der MSG hat ihm damals sein Vorgänger hinterlassen. Die Mathematische Schülergesellschaft zählt wie das Ampelmännchen zu den Raritäten, die sich aus der DDR ins vereinte Deutschland gerettet haben. Gegründet 1970 zur Förderung des mathematischen Nachwuchses. Berliner Schüler von der fünften Jahrgangsstufe bis zum Abitur sind die Zielgruppe. Die ehrenamtlichen Lehrkräfte sind überwiegend Studenten und Doktoranden der Mathematik.
Einmal im Jahr findet in Adlershof ein für alle offener Auswahltest statt, zu dem Rohwedder Einladungen an sämtliche Berliner Schulen verschickt. Zu vergeben sind Plätze in derzeit 22 Kursen (Zirkel genannt) mit insgesamt rund 250 Schülern, die sich wöchentlich für zwei Nachmittagsstunden in Räumen verschiedener Berliner Hochschulen treffen. Wie verteilt sich das Interesse zwischen den Geschlechtern? „Es sind Mädchen dabei. Sie sind noch in der Unterzahl.“ Rohwedder sieht Anzeichen, dass sich das ändert.
Juror bei „Jugend forscht“ ist er seit 2013, bewertet Arbeiten aus den Fachbereichen Mathematik und Informatik. Nicht allzu viele, vielleicht fünf oder sechs im Jahr: „Mehr reine Mathematik wäre halt wünschenswert.“ Thorsten Rohwedder pflegt rare Talente.
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal
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