Der Elektromobile
Lars Zemke löst IT-Probleme und wirbt für stromgetriebene Kleinstfahrzeuge
Es hat eine Weile gedauert, bis er von sich sagen konnte: „So langsam bin ich jetzt Adlershofer.“ Als es dann so weit war, kam Corona und verbannte ihn aus seinem Büro im einstigen Solon-Werk „Am Studio“. Lars Zemke ist kein Anhänger der Homeoffice-Idee. Er vermisst die Kaffeegespräche, das „klassische Büro“, sagt er.
Als Mitarbeiter des IT-Dienstleisters Atos berät Zemke Unternehmen bei der Pflege ihrer digitalen Ausstattung: „Wenn die Anwender nicht weiterkommen, komme ich.“ Das ist die eine Seite seines Alltags. Die andere hat ihm schon als Unterhändler ins Verkehrsministerium geführt, als Redner auf den Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar und als Sachverständigen vor den Verkehrsausschuss des Bundestages. Seit April 2019 führt Zemke den „Bundesverband Elektrokleinstfahrzeuge“.
Von Adlershof aus gesehen ist sein bisheriges Berufsleben großenteils am entgegengesetzten Ende Berlins verlaufen, in der Siemensstadt, wo der heute 50-Jährige 1986 eine Lehre als Nachrichtengerätemechaniker begann. Eine Zusatzausbildung zum Informationsgeräte-Elektroniker folgte. Im IT-Bereich von Siemens erlebte er seither ein Vierteljahrhundert der Digitalisierung von den Anfängen an. Als Siemens die IT-Sparte abstieß, übernahm der französische Atos-Konzern und zog mit seiner Berliner Niederlassung nach Adlershof. Dass Zemke beruflich einer Leidenschaft frönt, würde er nicht bestreiten: „Alles, was elektrisch blinkt und surrt, spricht mich an.“
Kein Wunder also, dass er früher oder später das Thema Mikromobilität entdeckte. Elektrokleinstfahrzeuge sind kleine, leichte und batteriegetriebene Vehikel, ein- oder zweirädrig, mit oder ohne Lenkstange, die nicht mehr als eine Person befördern. Seit Juni 2019 dürfen nun auch E-Roller in Deutschland zusätzlich zu den schon länger geregelten „Personal Transporter“ der Marke Segway durch Berlin surren. „Leider sind weiterhin das E-Einrad und das elektrische Skateboard ungeregelt und das Fahren auf deutschen Straßen wird mit hohen Strafen belegt“, bedauert Zemke.
Er weiß das, seit er von einem kalifornischen Hersteller ein Elektro-Skateboard erworben hatte, um dann festzustellen, dass er sich damit hierzulande auf keinen öffentlichen Weg trauen durfte. Nur auf dem Tempelhofer Feld konnte eine wachsende Gemeinde von Mikromobilen ihre E-Vehikel spazieren fahren und davon träumen, den Straßenverkehr zu erobern. Im Verkehrsministerium bekamen sie zu hören, man rede nur mit organisierten Interessengruppen. Also gründeten sie den Bundesverband Elektrokleinstfahrzeuge.
Einen ersten Erfolg bescherte ihnen 2019 die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung, die dem E-Roller den Weg auf die Radwege ebnete. Zemke findet sie zu zaghaft. Warum gibt es in Deutschland nur für Vehikel mit Lenkstange freie Fahrt? Ein E-Einrad etwa lässt sich bequem unter den Arm klemmen. Man könnte damit die S-Bahn nach Adlershof besteigen und sich dort auf leisem Reifen ins Büro tragen lassen. Zemke ist überzeugt, dass es so kommen wird: „Aller Anfang ist schwer.“
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal