Wie aus Ratlosen Ratgeber werden: Die Adlershofer Verein GNF sorgt seit 20 Jahren für Wissenstransfer
Es sind die vielen Partner vor Ort – für Lutz Hippe ist der Standort Gold wert. Sind zum Beispiel spezielle Analytikleistungen notwendig, geht man einfach ein Haus weiter oder zwei Etagen tiefer, „Infrastruktur und Kommunikationsmöglichkeiten sind hier ideal für uns.“ Hippe ist seit zwei Jahren Vorstandsvorsitzender der GNF, der „Gesellschaft zur Förderung der naturwissenschaftlich-technischen Forschung in Berlin-Adlershof e.V.“
„Allein dieser Name drückt die Ratlosigkeit aus, vor der wir vor zwanzig Jahren standen“, erklärt Hippes Vorstandsvorgänger Klaus Richter. „Wir“, das waren im Spätherbst 1990 gut zwanzig Wissenschaftler, die meisten davon Mitarbeiter aus der gerade abgewickelten Akademie der Wissenschaften. Nicht nur über die Namensfindung diskutierten sie, es ging um wesentlich mehr, um Grundsätzliches: „Wir mussten etwas unternehmen, auch wenn anfangs unklar war, was genau.“
Klaus Richter, Professor der Physikalischen Chemie, ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Katalyse. Mehr als zwanzig Jahre hat er in den Leuna-Werken gearbeitet, 1981 wurde Richter Leiter des Analytischen Zentrums Berlin-Adlershof, dem AZB der Akademie der Wissenschaften. Dann kam die Wende, Richters Institut wurde aufgelöst. Viele seiner Kollegen empfanden diese Zeit als Bruch. Wer keine Ausgründung wagte oder in anderen Instituten unterkam, stand vor der Arbeitslosigkeit.
Für die Forschung selbst blieb es eine Entwicklung ohne negative Folgen. Im Gegenteil, meint Lutz Hippe, „es war befördernd, die Fesseln konnten abgeworfen werden, die Bevormundung war weg.“ Nicht wenige der Unternehmen, die sich aus den Instituten gründeten, stehen heute als Marktführer da. Aus dem Institut, für das Klaus Richter verantwortlich war, gründeten sich drei Nachfolgeeinrichtungen, „aus der Not heraus, nicht unbedingt eigenem Drang folgend“. Aus sechs Mitarbeitern, die 1990 für die GNF arbeiteten, sind zwanzig geworden.
Der erste Auftrag war die Weiterentwicklung einer Heizkammer, ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Gesellschaft sieht sich als Bindeglied zwischen Forschung und kleinen sowie mittleren Unternehmen. Ihr Ziel: Besonders für Unternehmen ohne eigene FuE-Abteilung Ergebnisse aus der Grundlagenforschung für die Herstellung innovativer Produkte und die Einführung neuer moderner Verfahren nutzbar zu machen. Heute forschen Chemiker, Physiker und Techniker der GNF in den drei Fachgruppen – „Baustoffchemie“, „Tensidchemie“ und auch „Adsorbenzien (aufsaugende Mittel) und Wasser“ – meist als Auftragsarbeit für Mittelständler.
Und die GNF nutzt Kontakte von früher, wie nach Leuna, zum früheren Arbeitgeber von Richter und Hippe. Für Lutz Hippe hat sich ein Netzwerk aus Partnern herauskristallisiert, Unternehmen und Institutionen, mit denen die GNF immer wieder zusammenarbeitet. In den zwanzig Jahren seit der Ausgründung ist die GNF zu einer anerkannten außeruniversitären, gemeinnützigen Forschungseinrichtung geworden.
Eine Erfolgsgeschichte? Klaus Richter bleibt sachlich, „das wäre eine halbe Stufe zu hoch“, Lutz Hippe ist nicht ganz seiner Meinung, andere Unternehmen, die mit großem Geschrei angefangen hätten, die gebe es doch schon lange nicht mehr.
von Richard Wolter
Link: www.gnf-berlin.de