Warum ist die DNA der Haut so lichtstabil?
MBI-Forscher gewinnen neue Einblicke in die Photophysik der DNA-Base Thymin
Selbst unter starkem Sonnenlicht ist die DNA der menschlichen Haut erstaunlich lichtstabil. Warum das so ist, haben jetzt Wissenschaftler des Berliner Max-Born-Instituts (MBI) gemeinsam mit japanischen Kollegen erforscht. Sie untersuchten erstmals die DNA-Base Thymin in wässriger Lösung mit Hilfe der zeitaufgelösten Photoelektronenspektroskopie.
DNA speichert unseren genetischen Code. Solare UV-Strahlung ist hinreichend hochenergetisch, um grundsätzlich Bindungen in der DNA zu brechen und damit DNA-Schäden zu verursachen. Doch obwohl DNA (z. B. in unseren Hautzellen) täglich intensiver UV-Bestrahlung durch die Sonne ausgesetzt ist, stellt sich die DNA als erstaunlich lichtstabil heraus. Es ist seit langem bekannt, dass dies durch Mechanismen zu erklären ist, die die elektronische Energie hocheffizient in andere Formen von Energie umwandeln, insbesondere in Wärme. Dabei spielen Schnittflächen der multidimensionalen Potentialhyperflächen, sogenannte konische Durchdringungen, zwischen den elektronisch angeregten Zuständen und dem elektronischen Grundzustand eine wichtige Rolle. Diese konischen Durchdringungen werden mit strukturellen Änderungen der Moleküle in Verbindung gebracht. Die genauen Wege zurück in den elektronischen Grundzustand sind Thema intensiver Forschung.
Obwohl die DNA ein Makromolekül mit mehreren Milliarden Atomen (im Falle menschlicher DNA) ist, lässt sie sich doch in nur wenige unterschiedliche strukturelle (und funktionale) Elemente einteilen: vier DNA-Basen, ein Zuckerrest und eine Phosphatgruppe. Die Absorption von UV-Licht findet ausschließlich in den DNA-Basen statt. Deshalb ist es ein üblicher Forschungsansatz, zunächst nur die Reaktion der DNA-Basen auf UV-Absorption zu untersuchen.
Ein Team aus Wissenschaftlern des MBI sowie der Universitäten Hokkaido und Hirosaki in Japan hat nun erstmals die DNA-Base Thymin in wässriger Lösung mit Hilfe der zeitaufgelösten Photoelektronenspektroskopie untersucht und bestehende Vorstellungen zum Relaxationsprozess in dieser Base in Frage gestellt. Bislang wurde vermutet, dass ein signifikanter Anteil des angeregten Zustandes zunächst in einem dunklen nπ*-Zustand verbleibt und nicht sofort über eine konische Durchdringung in den Grundzustand zurückkehrt. Dieser dunkle Zustand kann mit Hilfe optischer Spektroskopie (wie z. B. zeitaufgelöster Fluoreszenz oder zeitaufgelöster Absorption) nicht direkt beobachtet werden. Entsprechende Einschränkungen gibt es für die Photoelektronenspektroskopie allerdings nicht.
Im Zusammenspiel zwischen Experiment und Simulation konnten erstmals zwei verschiedene Reaktionswege identifiziert werden. Beide Wege verlaufen im ersten angeregten (ππ*) Zustand. Der schnellere Reaktionspfad ist mit einer Vedrillung des aromatischen Rings verknüpft und führt in etwa 100 fs zurück in den Grundzustand. Der zweite Weg verläuft über die Bewegung der Carbonylgruppe aus der Ringebene in ca. 400 fs zurück in den Grundzustand. Hinweise, dass der nächst höhere angeregte nπ*-Zustand für die Relaxationsdynamik von Thymin eine wichtige Rolle spielt, fanden die Wissenschaftler nicht, woraus sie schlossen, dass dieser Zustand am Relaxationsprozess nicht beteiligt ist.
Originalveröffentlichung:
Franziska Buchner, Akira Nakayama, Shohei Yamazaki, Hans-Hermann Ritze, Andrea Lübcke: Excited-State relaxation of hydrated thymine and thymidine measured by liquid-jet photoelectron spectroscopy: experiment and simulation, JACS. DOI: 10.1021/ja511108u
Kontakt
Dr. Andrea Lübcke
Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI)
Max-Born-Str. 2A, 12489 Berlin
Tel: 030 6392-1207