Sonnenindustrie boomt
US-Solarfabrik kommt nach Adlershof
Tagebaue und Brikettfabriken, die Luft oft zum schneiden dick - das waren einst die Markenzeichen des Städtchens Borna südlich von Leipzig. Heute sonnt sich die Stadt im Glanz neuer Energietechnik: Seit Mai liefert ein Solarkraftwerk Strom und versorgt 1800 Haushalte. Im benachbarten Sachsen-Anhalt in Krumpa arbeitet bereits seit 2003 eine Photovoltaik-Anlage. Nach einer Markterhebung der Fachzeitschrift "PHOTON" war Deutschland 2005 weltweit Spitzenreiter bei der Installation von Solaranlagen auf Dächern oder Freiflächen und nach Japan zweitgrößter Hersteller von Solarzellen.
Die Branche boomt vor allem in Ostdeutschland. Allerdings sind es weniger die Kraftwerke, sondern Produzenten, die die neuen Länder auch aus Kostengründen als Standort wählen. Fabriken zur Herstellung von Solartechnik entstanden in den vergangenen Jahren vor allem in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Die Unternehmen Q-Cells (Sachsen-Anhalt), ErSol (Thüringen) und Solon (Berlin) haben es bereits in den Technologiewerte-Index der Frankfurter Börse geschafft. Bundesweit arbeiten mehr als 40 000 Menschen in der Solarbranche. Der Verband Solarwirtschaft (BSW) rechnet bis 2020 mit 200 000 Beschäftigten.
Eine neue Fabrik zur Produktion von Siliziumscheiben (Wafern) errichtet derzeit der SolarWorld-Konzern (Bonn) im sächsischen Freiberg. "Wir verdoppeln damit unsere Kapazitäten," sagt Vorstandssprecher Frank Asbeck. "Wir bauen in Deutschland unsere Produktion aus, schaffen hier Arbeitsplätze, um auf den Weltmarkt zu exportieren". SolarWorld gehört mit 1300 Mitarbeitern nach eigenen Angaben weltweit zu den größten Unternehmen der Branche.
Ein Solarzentrum hat sich in den vergangenen fünf Jahren im sachsen-anhaltischen Thalheim entwickelt. Q-Cells zog weitere Firmen nach. Seit Juni produziert EverQ GmbH Wafer, Solarzellen und - module. Q-Cells mit inzwischen 800 Beschäftigten will auch weiterhin schneller wachsen als die Konkurrenz und blickt vor allem auf die asiatischen Märkte. Eine fünfte Produktionslinie soll gebaut werden. Das 1997 gegründete Erfurter Solarzellen-Unternehmen ErSol will innerhalb von zwei Jahren rund 190 Millionen Euro in den Kapazitätsausbau stecken.
Auch ausländische Investoren entdecken den deutschen Markt: So plant der US-Konzern Nanosolar eine Fabrik für Solarmodule in Berlin. "Sie wollen noch in diesem Jahr anfangen. In Adlershof soll die Endfertigung von Dünnschicht-Solarmodulen erfolgen", sagt Christoph Land von der Berliner Senatsverwaltung.
Der Verband der Elektrizitätswirtschaft VDEW sieht Sonnenstrom mit seinem noch sehr geringen Anteil an der Energieerzeugung jedoch eher als Insellösung oder Nischenprodukt. Der Verband der Solarwirtschaft (BSW) ist indessen davon überzeugt, dass die regenerativen Energien im Mix schon in ein bis zwei Generationen die zur Neige gehenden konventionellen Energien ablösen können. "Deutschland wird zum Solar Valley", sagt BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig mit Blick auf die Marktposition der Firmen.
Die Branche profitiert dabei kräftig vom Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) und der daraus resultierenden Förderung. Für das Kraftwerk in Borna etwa garantiert das EEG bis 2025 einen Festpreis von 43 Cent pro Kilowattstunde. Damit wird das Projekt zur gut kalkulierbaren Anlage für institutionelle Inverstoren. Die Bundesregierung stellt das EEG bis 2007 auf den Prüfstand. Branchenkenner vermuten, dass gerade die Förderung die Anlagenpreise in die Höhe treibt. Unterdessen kündigte SolarWorld für das kommende Jahr eine Preissenkung für Solarmodule an.
Rund eine Million Photovoltaik-Anlagen arbeiten derzeit in Deutschland, 95 Prozent davon auf Hausdächern. "Die Entwicklung ist gerade erst angestoßen", sagt Körnig. Innerhalb der nächsten zehn Jahre müsse es gelingen, die Kosten so weit zu drücken, dass Solarenergie wettbewerbsfähig wird.
Quelle: dpa-Meldung vom 1.8.2006