Sauriersterben und andere Rätsel der Erde: Detektivarbeit mit Adlershofer Spektrometer
Die Spektrometer der Adlershofer Hightech-Schmiede Bruker Nano blicken tief ins Innere: Im Nanometerbereich ist noch lange nicht Schluss, wenn es darum geht, kleinste Strukturen unter die Lupe zu nehmen. Das erfreut nicht nur Materialforscher, sondern auch Forensiker und Wissenschaftler, die mit den Geräten letzten Rätseln der Erde auf die Schliche kommen. Kein Wunder, dass die Firma expandiert.
Die alte Streitfrage unter Wissenschaftlern scheint geklärt: Haben Vulkanausbrüche oder Meteoriten Dinosauriern den Garaus gemacht? Ein internationales Forscherteam schreibt einem gigantischen Gesteinsbrocken aus dem All die Schuld zu. Die Wissenschaftler legten kürzlich dafür umfassende Belege vor – ihnen geholfen hat Hightech aus Adlershof.
Mithilfe eines Spekrometers der Bruker Nano GmbH wurde Gestein aus der Kreidezeit untersucht, wodurch sich unter anderem die These des gewaltigen Meteoriteneinschlags erhärtete. Denn der hat so viel Staub aufgewirbelt und schwefelhaltige Gase freigesetzt, dass die Erde zu einem düsteren, bitterkalten lebensfeindlichen Ort wurde.
Prüfen, ob der Schein angebotener Ware trügt
Nicht nur unter Forschern gilt Bruker Nano als erste Adresse für Geräte, mit denen die chemische Zusammensetzung und Mikrostruktur von Materialien untersucht wird. „Wir können bis hinunter auf atomares Level analysieren“, sagt Thomas Schülein, Geschäftsführer von Bruker Nano. Mit den Röntgenspektrometern, die zwischen 20.000 und 150.000 Euro kosten, werden unter anderem Mikrochips auf ihre Qualität untersucht. Großer Beliebtheit erfreut sich ein kompaktes Einsteigergerät bei indischen Goldhändlern, die damit prüfen können, ob der Schein angebotener Ware trügt, und sofort bestimmen können, wie rein das Edelmetall ist. Das technische Prinzip: Proben werden mit Röntgenstrahlen so lange beschossen, bis ihre Atome eine eigene Röntgenstrahlung freisetzen. Anhand dieser erkennt ein Detektor, welche chemischen Elemente in der Oberfläche der Messprobe sitzen. Dabei helfen ein Chip und eine spezielle Software, durch die auch bestimmt wird, in welcher Konzentration die Stoffe anzutreffen sind.
Die Technik ist damit prädestiniert für detektivische Einsätze, etwa wenn es darum geht, anhand der Farbe eines Gemäldes herauszubekommen, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt. Kaum ein Kunstmuseum verzichtet auf die Technik, durch die auch das Holz von Ikonen oder das Blattgold von Altarfiguren zerstörungsfrei analysiert wird.
Einsatz in Materialentwicklung und Qualitätskontrolle
„Vor allem aber finden sich die Geräte in der Forschung und Industrie, wo sie für die Materialentwicklung oder zur Qualitätskontrolle eingesetzt werden“, erklärt Thomas Schülein. Die Kunden stammen unter anderem aus der Halbleiter-, Elektronik-, Solar-, Pharma-, Auto- und Baustoffindustrie. Geologen, Mineralogen, Umweltanalytiker und Forensiker zählen ebenfalls zu den Abnehmern. „Im Unterschied zu unseren Mitbewerbern sind unsere Geräte für die Mikroanalyse deutlich kleiner und bis zu zehn Mal schneller“, benennt Schülein eine Besonderheit.
Und die Entwicklung geht ständig weiter. Darauf legt der Chef großen Wert, weswegen ein Viertel der 105 Mitarbeiter in der Forschung arbeitet. Geplant ist, in Adlershof 40 bis 50 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Denn Schülein hält in den kommenden Jahren Wachstumsraten zwischen 20 und 30 Prozent für realistisch. Zu diesen Zeiten klingt das sehr frohgemut. Doch der 47-jährige Ingenieur ist kein unverbesserlicher Optimist, sondern ein Realist, der Visionen die nötige Vorsicht angedeihen lässt. Nur so lässt sich das stetige Wachstum der Firma, die er mit einem Dutzend Mitstreitern nach der Wende aus dem Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau (ZwG) der DDR-Akademie unter dem Namen Röntec gegründet hat, erklären. Röntec wurde vor fünf Jahren vom Spezialgerätehersteller Bruker übernommen – eine Wunschehe, um weiter wachsen zu können.
Expansion geplant
Derzeit ist Bruker Nano nach der Übernahme eines Herstellers von Rasterkraftmikroskopen dabei, sich zu vergrößern. „Glücklicherweise können wir Räume direkt in unserem Firmengebäude an der Schwarzschildstraße übernehmen“, freut sich Schülein. Er konnte hier jeden Expansionsschritt gehen, ohne Umzugskartons packen zu müssen. Ohnehin kann er sich schwer vorstellen „das optimale Umfeld“ zu verlassen. Viele der Adlershofer Kooperationspartner konnten sich beim Fest-Kolloquium zum 50-jährigen Bestehen von Bruker am 15. und 16. Juni rund um die Nanoanalytik austauschen.
Für Schülein steht also viel an, weswegen der Hobbysegler kaum Zeit findet, in See zu stechen. Zumal er die Firma auf strammem Kurs zu einem nicht mehr allzu fernen Ziel steuert: „Wir wollen Weltmarktführer auf dem Gebiet der Elektronenstrahl-Mikroanalyse werden.“
von Chris Löwer