Sahnehäubchen für das DLR
Sonde Dawn liefert Daten aus niedrigster Umlaufbahn um Asteroiden Vesta
Die NASA-Raumsonde Dawn befindet sich seit Mitte Dezember 2011 auf ihrer niedrigsten Umlaufbahn um den Asteroiden Vesta. Im November wurde der Orbit langsam auf eine Höhe von etwa 210 Kilometern über der Asteroidenoberfläche abgesenkt. Im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) fließen die Daten aus nächster Nähe in die Karten und Höhenmodelle des Asteroiden mit ein. Die ersten Aufnahmen des deutschen Kamerasystems sind jetzt zur Erde übertragen worden: Sie zeigen Landschaftsausschnitte des 500 Kilometer großen Kleinplaneten in einer Auflösung, die 20 bis 25 Meter kleine Details erkennen lässt: Eine fleckige und unregelmäßig geformte Oberfläche, die von unzähligen Kratern übersät ist. Diese haben Durchmesser von wenigen Dutzend Metern.
"Seit dem Sommer haben wir etwa zehntausend Aufnahmen von Vesta aus den beiden höheren Umlaufbahnen bekommen", erklärt Prof. Ralf Jaumann, der das Dawn-Wissenschaftsteam am DLR-Institut für Planetenforschung leitet. "In den Bildern haben wir unglaublich spannende Dinge entdeckt. Gleichzeitig haben wir detailgetreue, hochauflösende Karten von Vesta erstellt und die genaue Form und Orientierung des Asteroiden berechnet. Aber mit den neuen Bildern kommt das Sahnehäubchen auf unsere Erforschung von Vesta - gewissermaßen ein Weihnachtsgeschenk am Ende eines für das gesamte internationale Dawn-Team erfolgreichen Jahres!" Mit der Untersuchung von Vesta - wie auch dem zweiten Missionsziel, dem Zwergplaneten Ceres, der 2015 erreicht wird - sollen fundamentale Erkenntnisse über die früheste Zeit des Sonnensystems gewonnen werden.
Verbesserung der Bestimmung von Vestas Form und Topographie
Der nun erreichte niedrige Low-Altitude Mapping Orbit (LAMO) soll für mindestens zehn Wochen beibehalten werden. Für die Wissenschaft stehen während dieser Zeit zwei Ziele im Vordergrund: Zum einen soll ab sofort mit dem amerikanischen Gammastrahlen- und Neutronendetektor (GRaND) die chemische Zusammensetzung der Oberfläche von Vesta erfasst werden. Zum anderen sollen durch eine Analyse des Funkverkehrs von Dawn mit den Bodenstationen der NASA minimale Veränderungen der Umlaufbahn des Orbiters erfasst werden - diese ergeben sich durch Variationen des Schwerefelds des Asteroiden und ermöglichen Rückschlüsse auf Masse, Schwerefeld und inneren Aufbau des Kleinplaneten.
Auch wenn die Aufnahme neuer Bilder wegen der Experimente zur Geochemie und zum Schwerefeld, für die während des höheren High-Altitude Mapping Orbit (HAMO) die Voraussetzungen noch nicht optimal waren, nicht die höchste Priorität besitzt, werden dennoch von den zahlreichen neuen Aufnahmen mit den Dawn-Kameras wichtige Fortschritte erwartet. Frank Preusker, Planeten-Geodät im DLR-Dawn-Team, erklärt, warum: "Im Moment berechnen wir mit den Stereo-Bilddaten von HAMO ein digitales Geländemodell von Vesta, das eine horizontale Genauigkeit von einhundert Metern und eine vertikale Präzision von etwa zehn Metern haben wird." Für die LAMO-Phase ist allerdings keine systematische, globale Abdeckung mit Stereo-Bilddaten möglich. "Wir werden aber versuchen, die deutlich höher aufgelösten LAMO-Aufnahmen mit den bisher verwendeten HAMO-Bildern zur Stereo-Bildanalyse zu verwenden. Damit sollten wir in der Lage sein, unser Modell für Vesta an vielen Stellen erheblich zu verbessern." Ab Januar 2012 werden außerdem auch noch zusätzliche Daten mit dem italienischen Spektrographen VIR (Visual and Infrared Mapping Spectrometer) zur Mineralogie von Vesta gewonnen.
Komplexes Manöver zur Absenkung des Orbits
Das Absenken der Umlaufbahn in den vergangenen Wochen war eines der schwierigsten Manöver im bisherigen Verlauf der im September 2007 gestarteten Mission. Dank des Ionenantriebs, der für Dawn zum Einsatz kam, ist es zwar einfacher, unterschiedlich hohe Umlaufbahnen um die Ziele der Mission, Vesta und Ceres, zu erreichen. Allerdings spielen die genaue Form der Zielkörper, ihr innerer Aufbau und die Verteilung von Massen im Innern der Körper eine große Rolle. "Da Vesta zum ersten Mal von einer Raumsonde Besuch bekam, waren diese Daten vor Ankunft des Orbiters nicht hinreichend bekannt", erklärt Dr. Marc Rayman vom Jet Propulsion Laboratory der NASA und Chef-Ingenieur von Dawn. "Wir mussten also zunächst die groben, dann aber immer weiter verfeinerten Messungen der frühen Orbitalphasen zu ständigen Verbesserungen der bestehenden Modelle des komplizierten Schwerefeldes von Vesta nutzen und unsere Planungen für den neuen Orbit entsprechend anpassen."
Noch komplizierter wird die Orbitplanung infolge der Tatsache, dass Vesta zum einen kein kugelförmiger, sondern leicht unregelmäßig geformter Körper ist (und deshalb auf die Sonde unterschiedliche Anziehungskräfte ausübt). Folglich kann der Orbit von Dawn nicht perfekt kreisförmig sein, sondern ist leicht elliptisch. "Die Absenkung des Orbits war folglich ein permanenter Prozess der Anpassung der Bahnparameter an immer wieder neue, präzisere Daten, die uns Vesta geliefert hat," beschreibt Dr. Rayman diese Missionsphase. "Ursprünglich wollten wir einen Orbit von durchschnittlich 180 Kilometer Höhe über der Oberfläche, dann erkannten wir, dass Vesta etwas 'schwerer' war als angenommen und planten für 200 Kilometer, und am Ende haben wir für LAMO eine Umlaufbahn gewählt, die 210 Kilometer über dem Asteroiden verläuft."
Die Mission
Die Mission DAWN wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kamera-Projekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und NASA/JPL unterstützt.
Kontakt:
Andreas Schütz
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation, Pressesprecher
Telefon: +49 2203 601 2474
Fax: +49 2203 601 3249
Prof. Dr. Ralf Jaumann
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung, Planetengeologie
Telefon: +49 30 67055 400
Fax: +49 30 67055 402