Rosetta knipst Lutetia
Einzigartiges vom Asteroiden // DLR maßgeblich beteiligt
Die Europäische Raumsonde Rosetta hat einen weiteren Meilenstein auf ihrer Reise zum Kometen Churyumov-Gerasimenko erreicht: Am 10. Juli 2010 um 17.45 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) flog der Orbiter bei seiner zweiten und letzten Passage des Asteroidengürtels mit einer relativen Geschwindigkeit von 15 Kilometern pro Sekunde - das sind 54.000 Kilometer pro Stunde - in nur 3162 Kilometern Entfernung am Asteroiden Lutetia vorbei. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist maßgeblich an der wegweisenden Mission beteiligt.
Das hochpräzise Raumflugmanöver wurde ab 18.10 Uhr im Kontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA (European Space Operations Center, ESOC) in Darmstadt live übertragen. Gegen 23 Uhr lagen die ersten Bilder dieses besonderen Rendezvous vor.
Der Vorbeiflug der Kometensonde am Kleinplaneten "21 Lutetia" bot die einmalige wissenschaftliche Gelegenheit, Größe, Oberflächenstruktur und Rotationseigenschaften dieses relativ großen, aber bislang noch nicht aus der Nähe erforschten Asteroiden zu untersuchen: "Die hochauflösenden Bilder und Spektrometermessungen aus verschiedenen Aufnahmewinkeln werden Anhaltspunkte für Alter, Mineralogie, Geochemie und die geologische Geschichte von Lutetia geben", erklärt Dr. Ekkehard Kührt vom DLR-Institut für Planetenforschung, der die wissenschaftlichen DLR-Beteiligungen an Rosetta koordiniert. "Der Vorbeiflug war eine erstklassige Möglichkeit, zum letzten Mal vor Erreichen des Kometen im Jahre 2014 sämtliche Orbiter-Instrumente und einige der Lander-Experimente zu testen", fügt Kührt hinzu.
Denn ab Juli 2011 beginnt für die Kometensonde eine knapp zweieinhalbjährige Ruhephase: Erst im Januar 2014 erwacht Rosetta aus diesem Tiefschlaf und bereitet sich auf die Ankunft bei Churyumov-Gerasimenko im Mai 2014 vor. Im September 2008 hatte die Sonde mit dem Šteins-Rendezvous erstmals einen Asteroiden passiert. Generell liefert die Untersuchung der sogenannten Kleinen Körper, zu denen die Asteroiden Lutetia und Šteins gehören - wichtige Hinweise auf die frühesten Zeiten des Sonnensystems. Mit einem Durchmesser von zirka 100 Kilometern ist "21 Lutetia" wesentlich größer als der nur rund fünf Kilometer große Asteroid "2867 Šteins". Lutetia ist damit der größte Asteroid, den eine Weltraummission besucht hat.
DLR-Wissenschaftler sind an mehreren Experimenten auf Rosetta beteiligt. Dazu gehören insbesondere die Tele- und Weitwinkelkamera OSIRIS, die Lutetia mit einer Auflösung von bis zu 50 Meter pro Bildpunkt (Pixel) beobachtet, das Spektrometer VIRTIS, das Zusammensetzung und Temperatur der Oberfläche des Asteroiden misst und das Instrumentenpaket RPC, das die Plasma-Umgebung und ein mögliches Magnetfeld des Asteroiden erforscht.
"Bereits aus einer größeren Entfernung von 500.000 Kilometern war zu erahnen, dass Lutetia mit seiner sehr unregelmäßigen Form ein außergewöhnlicher Asteroid ist. Aber als das Kamerasystem OSIRIS dann aus gut 3000 Kilometern seine besten Bilder aufgenommen hat, haben wir die Schönheit dieses Objektes erst wirklich erkannt", freut sich DLR-Planetenforscher Dr. Stefano Mottola vom OSIRIS-Team nach der erfolgreichen Übertragung der ersten Daten, die er in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 2010 gemeinsam mit Kollegen im Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau analysierte. "Lutetias Oberfläche ist mit riesigen Kratern, Graten und Erdrutschen übersät, das lässt auf eine Geschichte voller gewaltiger Ereignisse schließen. Auf der Oberfläche sind Felsen zu sehen, die hunderte von Metern groß sind. Die enorme Qualität der Daten wird uns Wissenschaftlern erlauben, die Prozesse die diese Phänomene verursacht haben, besser zu verstehen", sagte Mottola in einer ersten Einschätzung.
Die von der DLR-Raumfahrt-Agentur geförderte und unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit europäischen Partnern entwickelte OSIRIS-Kamera hat zwei Stunden vor der größtmöglichen Annäherung zwischen Sonde und Asteroid sowie währenddessen und danach Aufnahmen erstellt. Lutetia befand sich zum Zeitpunkt des Vorbeiflugs 407 Millionen Kilometer von der Sonne und 455 Millionen Kilometer von den Empfangsstationen auf der Erde entfernt. Die Funksignale von Rosetta brauchten nach dem Vorbeiflug gut 25 Minuten, um diese Distanz zu überbrücken.
Auch die Messungen mit dem Spektrometer-Experiment VIRTIS sind bereits zur Erde übertragen worden. "Unser Team hat mit der Auswertung der Daten sofort begonnen", berichtet DLR-Forscherin Dr. Gabriele Arnold, die die deutschen Arbeiten für das VIRTIS Experiment koordiniert. Im Gegensatz zu den Aufnahmen des Kamerasystems sind die spektralen Daten, die im sichtbaren und im infraroten Licht bis zu einer Wellenlänge von fünf Mikrometer gewonnen werden, schwieriger zu interpretieren, eine detaillierte Auswertung braucht Zeit.
Neben der Federführung bei der ROLIS-Kamera zur Beobachtung der Kometenoberfläche während der Landephase, dem SESAME-Experiment zur seismischen Untersuchung des Kometenkerns und dem Gerät MUPUS, das die Oberflächentemperatur und Festigkeit des Kometen misst, sind die DLR-Planetenforscher wissenschaftlich beim Magnetometer ROMAP sowie dem Experiment COSAC beteiligt. Letzteres analysiert die chemische Zusammensetzung der gefrorenen Oberfläche bis in 20 Zentimeter Tiefe.
Zudem ist das DLR-Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (Microgravity User Support Center, MUSC) in Köln für die Landeeinheit Philae verantwortlich. Während der Landung von Rosetta auf Churyumov-Gerasimenko im November 2014 wird der Lander Philae vom DLR gesteuert. Bereits seit dem Start von Rosetta am 2. März 2004 testen und kalibrieren die MUSC-Wissenschaftler die Nutzlast regelmäßig, um die Einsatzbereitschaft des Moduls sicherzustellen. So haben die Philae-Verantwortlichen das Landesystem im Vorfeld des Lutetia-Vorbeiflugs am 7. Juli für die Aktivitäten am 10. Juli 2010 präpariert. Unter anderem musste der Lander thermisch speziell konfiguriert werden, da Philae direkt von der Sonne angestrahlt wurde. Drei der zehn Experimente auf Philae waren auch beim Lutetia-Vorbeiflug angeschaltet.
Kontakt
Dr. phys. Stefano Mottola
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Planetenforschung, Asteroiden und Kometen
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Dr. rer. nat. Ekkehard Kührt
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Planetenforschung, Asteroiden und Kometen
Tel.: +49 30 67055-514
Fax: +49 30 67055-340
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Elisabeth Mittelbach
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Kommunikation, Redaktion Verkehr, Weltraum
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mailto:elisabeth.mittelbach(at)dlr.de
Dr. Stephan Ulamec
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Raumflugbetrieb und Astronautentraining
Tel.: +49 2203 601-4567
mailto:stephan.ulamec(at)dlr.de