"Lärmsehende" Kamera in 3. Generation
Neue Variante des Lärmanalyse-Systems aus Berlin erstmals bei Kongressfachmesse in Brasilien vorgestellt/Neue Hard- und Software macht das Hightech deutlich leistungsfähiger
Den Prototyp einer neuen Generation „Akustischer Kameras“ (AK) aus Berlin Adlershof demonstrieren seine Entwickler erstmals auf der am Sonntag (7. August 2005) in Rio de Janeiro (Brasilien) beginnenden „inter noise“, der 34. internationalen Kongressfachmesse zum Thema Lärmuntersuchungen. Das Kamerasystem, das Lärm „sehen“, hochgenau analysieren und optisch darstellen kann, verfügt nun über eine deutlich weiterentwickelte Hard- und Softwareplattform und kann den Anwendern künftig in verschiedenen, modular aufgebauten Varianten entsprechend den konkreten Anforderungen zur Verfügung gestellt werden. Das Entwicklungs- und Produktionsteam der GFaI, der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik, in Berlin Adlershof, rechnet bezüglich der nunmehr 3. AK-Generation auch weiterhin mit einer jährlichen Verdopplung des Umsatzes, der bereits derzeit mehrere Millionen Euro beträgt.
Das Prinzip des Lärmanalyse-Systems, das Schallwellen und deren Reflexionen sichtbar macht, ist relativ einfach; die praktische Umsetzung vor allem mittels spezieller Software deutlich komplexer: Eine Videokamera hält das optische Bild eines Gerätes/einer Lärmquelle fest. Gleichzeitig nehmen Gruppen von früher bis zu 72, nunmehr gewöhnlich bis zu 240 je nach Einsatz speziell angeordneten Präzisionsmikrofonen die Schallwellen auf. Ein Datenrekorder digitalisiert und speichert sie. Mit dem neuen System sind Kartierungen beispielsweise von Fahrzeug- oder Flugzeuginnenräumen auch dreidimensional möglich geworden. Die elektrischen Signale werden analysiert; der Computer erstellt eine Geräuschkarte und legt sie über das Foto bzw. das 3-D-Modell. Es entstehen farbige Schallbilder und nunmehr auch Filme, auf denen sich die Entstehungsorte unliebsamer Frequenzen exakt bestimmen lassen. So genannte Falschfarben markieren die Geräuschpegel. So sind die lautesten Stellen rot, leisere blau, grün oder gelb eingefärbt. Auf diese Weise kann die Geräuschentwicklung direkt am oder im Objekt gemessen werden. Aber auch Ausstrahlung und Fernwirkung lassen sich genau analysieren. Die Kamera kann dabei Bildserien von bis zu mehreren 10.000 Abbildungen pro Sekunde erstellen.
Das erste Schallbild, das Ende der 90er Jahre mit dem Prototyp der ersten Generation gemacht wurde, war das einer Boing 737. Seither hat sich die „Akustische Kamera“ – der Stückpreis variiert künftig zwischen 85.000 und mehreren 100.000 Euro – bei der Untersuchung zum Beispiel von Werkzeug-, Verpackungs- und Holzbearbeitungsmaschinen, bei Windkraftanlagen und Haushaltsgeräten mit zum Teil überraschenden Messergebnissen bewährt. In den zurückliegenden Monaten seien die Geräuschpegel u. a. von Plasmabildschirmen, Notebooks, zahnärztlichen Bohrern, ja sogar von künstlichen Kniegelenken und Fledermäusen vermessen worden, weiß AK-Teamleiter Dr. Ralf Schröder. Nach seinen Worten nutzen inzwischen vor allem auch Automobilproduzenten in Deutschland und Übersee das System, um Lärmemissionen zu verringern, leisere Motoren zu produzieren und Klappergeräusche zu beseitigen.
„Die 3. AK-Generation verfügt jetzt über einen neuen modularen Datenrekorder, der weiter miniaturisiert wurde, sehr leistungsfähig ist und den Einsatz von sogar bis zu 1.200 Mikrofonen ermöglicht – das bedeutet, so viele Signale können in der bestausgestatteten Variante gleichzeitig aufgezeichnet und ausgewertet werden“, berichtet Schröder. Zudem sei der Mikrofontyp modifiziert worden, so dass diese erstmals einen Abstand von bis zu 50 Metern zum Datenrekorder haben können und die Störanfälligkeit des Systems sinke. Die Datenübertragung vom Rekorder zum Computer erfolge nun trotz der höheren Zahl der Kanäle 15 Mal schneller als bisher und die Aufzeichnungslänge steige um das Achtfache. Laut Schröder ist zudem die komplette Software-Architektur hin zu einem gleichfalls modularen System verändert worden. „Der Nutzer bestellt bei uns künftig nur das, was er für seine konkrete Aufgabe benötigt.“ Das System verfüge jetzt außerdem über eine neue Software für die dreidimensionale Anordnung der Mikrofone und die 3-D-Projizierung. Nach den Worten Schröders eignet sich die neue Kamera damit insbesondere für eine deutlich verbesserte Vermessung von Innenräumen bei Automobilen, Flugzeugen, Schienenfahrzeugen und Gebäuden, „weil der Anwender nunmehr 3-D-Informationen erhält und damit noch exakter die Positionen von Lärmquellen bestimmen kann; weltweit ein technisches Novum“. Darüber hinaus seien auch genauere Informationen bezüglich sich bewegender Objekte möglich geworden, „weil nicht mehr nur optische Einzelbilder, sondern nunmehr auch optische Filme aufgenommen werden können, auf die dann akustische Filme projiziert werden“. Das System sei mit diesen Neuerungen insgesamt deutlich leistungsfähiger und überall variabel anpassbar geworden, resümiert der GFaI-Projektleiter.
Eine hoch zweistellige Zahl „Akustischer Kameras“ hat die Gesellschaft mittlerweile weltweit verkauft oder vermietet. Derzeit ist das Anwender- und Umwelt-orientierte Hightech bereits in 14 Ländern und zahlreichen Wirtschaftsbereichen im Einsatz. Seit 2001 konnte die Umsatzgröße jährlich verdoppelt werden. Auch für 2005 sowie das Folgejahr prognostiziert Schröder ein solches Ergebnis. „Mit der aktuellen Auftragslage sind wir bis zum Ende dieses Jahres weitgehend ausgelastet.“ In den letzten Monaten war das System u. a. an die italienische Staatsbahn, die japanischen Konzerne Mazda, Suzuki und Hitachi, den taiwanesischen Computerhersteller Asus, das finnische Arbeits- und Gesundheitsschutzinstitut sowie an weitere Kunden in China, Südkorea, Österreich und Schweden verkauft worden.
Seit wenigen Wochen setzen neue GFaI-Geschäftspartner in Großbritannien und in den USA die Technik aus Berlin ein. Die Entwicklungs- und Produktionsabteilung der Adlershofer, die von einst vier auf inzwischen 15 Mitarbeiter angewachsen ist, arbeitet unter Hochdruck. Weitere Einstellungen sind geplant. Teile des Systems werden bereits in Zusammenarbeit mit Firmen gefertigt, die gleichfalls auf dem Gelände des Berliner Technologieparks beheimatet sind.
Kontakt:
Dr. Ralf Schröder
Teamleiter AK
GFaI e. V.
Rudower Chaussee 30
12489 Berlin
Telefon: (030) 63 92 16 24
Telefax: (030) 63 92 16 30
E-Mail: info(at)gfai.de
www.gfai.de
Nachrichtenbüro Thomas Wolter
i. A. Bereich Kommunikation
WISTA-MANAGEMENT GMBH
Rudower Chaussee 17
12489 Berlin
Telefon: (030) 63 92 22 15
(030) 63 92 22 25
Telefax: (030) 63 92 21 99
E-Mail: grothe(at)wista.de