Kurzzeitmessungen bei BESSY weiter verbessert
HZB-Forscher entwickeln neuartiges Spektrometer für besonders empfindliche Analysen von Probenoberflächen
Eine Gruppe um Prof. Dr. Gregor Schiwietz (HZB) hat ein neuartiges Spektrometer entwickelt, das besonders empfindliche Analysen von Probenoberflächen ermöglicht. Sie konnten damit erstmals ein Auger-Elektronen-Spektrum einer Kupfer-Probe am Femtoslicing-Strahlrohr der Synchrotronquelle BESSY II des HZB mit extrem hoher Zeitauflösung messen.
Das Spektrometer basiert auf dem Prinzip der so genannten „Bessel Box“, das aber nun deutlich verbessert wurde. Damit kann BESSY II der Nutzergemeinschaft in Zukunft ein weiteres hochleistungsfähiges Instrument für die Analyse von schnellen Oberflächenprozessen zur Verfügung stellen.
Die Energieverteilung (Spektrum) der Elektronen an einer Probenoberfläche gibt präzise Auskunft über deren atomare Zusammensetzung. Mit starken Röntgenpulsen lassen sich so genannte Auger-Elektronen erzeugen, deren Energie gemessen werden kann. Weltweit gibt es nun Bestrebungen, die Spektren solcher Elektronen an einem Synchrotron mit einer Zeitauflösung von nur 100 Femtosekunden (1 fs = 10-15 s) zu messen. Denn in diesem Zeitfenster laufen viele chemische Prozesse ab, die die Probenoberflächen verändern. Andererseits liegen die Pulslängen des Synchrotronlichts deutlich höher, bei BESSY II zum Beispiel im Bereich von 15 Pikosekunden (1ps= 10-12s), was 150-fach länger ist als die angestrebten 100 Femtosekunden.
Mit dem Femtoslicing haben HZB-Physiker jedoch ein Verfahren entwickelt, um aus den Synchrotronpulsen solche ultrakurzen Pulse auszuschneiden. Am Femtoslicing-Strahlrohr können so genannte Anregungs-Abfrage-Experimente (Pump-Probe-Experimente) durchgeführt werden: Dafür regt zunächst ein Laserpuls die Probe an, worauf mit variabler zeitlicher Verzögerung ein zweiter Puls, diesmal ein Röntgenpuls der Synchrotronquelle, die Antwort des Systems aufnimmt.
Nun hat das Team um Schiwietz aus dem HZB-Institut für Methoden und Instrumentierung der Forschung mit Synchrotronstrahlung ein neuartiges Spektrometer entwickelt, das die Energieverteilung der angeregten Elektronen mit hoher Effizienz nachweist. Das Spektrometer basiert auf dem Prinzip einer „Bessel Box“, das die Experten zu einer „Retarding Bessel Box“ (RBB) erweitert haben: Dafür werden die Elektronen abgebremst, energieselektiv fokussiert und zusätzlich auch nach Flugzeiten getrennt. „Dadurch können wir nun pro Sekunde rund 60mal mehr Auger-Elektronen messen als zuvor, das ist ein enormer Gewinn an Daten und an Präzision“, sagt Schiwietz.
Mit dem neuartigen RBB-Spektrometer bietet das HZB nun auch im internationalen Vergleich optimale Möglichkeiten für die Kurzzeit-Elektronenspektroskopie mit Synchrotronpulsen: Das robuste zylindersymmetrische RBB-Spektrometer wurde bereits für Pump/Probe-Experimente bei geringerer Zeitauflösung eingesetzt und hat nun zusätzlich den Test mit den besonders kurzen und deshalb relativ schwachen Röntgen-Pulsen am Femtoslicing-Strahlrohr bestanden. „Damit könnten wir in Zukunft Einblicke in das Verhalten ‚heißer‘ Elektronen im Kristallgitter erhalten und die Kopplung zwischen Elektronen und Atomgitter untersuchen oder die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und dem Spin-System. Diese Fragen sind hochaktuell, um Schaltvorgänge in metastabilen Systemen zu verstehen, etwa für die Entwicklung neuer Materialien für die Informationstechnologie“, erklärt Schiwietz.
Kontakt
Helmholtz-Zentrum Berlin fürMaterialien und Energie GmbH
Prof. Dr. Gregor Schiwietz
Projektleiter Institut Methoden und Instrumentierung der Forschung mit Synchrotronstrahlung
Tel.: (030) 8062-15032
E-Mail: schiwietz(at)helmholtz-berlin.de
www.helmholtz-berlin.de/forschung/oe/fg/mi-synchrotron-radiation/