Jugend forscht mal sieben
Von durstigen Katzen, Luftumwälzern und UFOs
Mein Name ist Daniel Gurdan, ich bin 28 Jahre alt, habe ein Ingenieurstudium an der Technischen Universität München abgeschlossen und bin Geschäftsführer einer GmbH, die UFOs baut. Wie bitte? UFOs? Richtig gelesen! Lesen Sie, wie es dazu kam. Schon im Vorschulalter zerlegte ich alle Spielsachen, um zu sehen, wie sie funktionieren. Irgendwann begann ich, aus allem, was ich fand, neue Dinge zu bauen. Mit zwölf Jahren fand ich einen Gleichgesinnten. Wenn andere draußen Fußball spielten, saßen wir im Keller und bastelten. Im Fernsehen sahen wir einen Bericht über drei Jungs, die bei Jugend forscht (Jufo) ein Modell einer automatischen Industriestraße präsentierten. Das beeindruckte uns so, dass wir uns beim Regionalwettbewerb 1996 auch anmeldeten. Mit einem Getränkeautomaten für Katzen. Damit wollten wir ein Alltagsproblem lösen. Der Automat sollte die Katze in Abwesenheit der Familie mit frischer Milch versorgen. Zwei Lichtschranken vor einer Schüssel registrierten, sobald sich eine Katze dem Gerät näherte, und ließen mithilfe einer kleinen Pumpe Milch aus einem gekühlten Tank in die Schale laufen. Ein Überlaufsensor in der Schüssel verhindert eine Überschwemmung in der Küche.
Beim Regionalwettbewerb trafen wir viele Gleichgesinnte und es fühlte sich gut an, mit ihnen fachzusimpeln. Bei uns in der Schule waren wir immer ziemlich alleine, sobald die Diskussion in Richtung Elektronik schweifte. Beim Jurygespräch klappte dann auch alles wie am Schnürchen und am nächsten Tag verfolgten wir aufgeregt die Preisverleihung. Nach gefühlten Stunden war der Fachbereich Technik an der Reihe: Wir hatten den Regionalsieg geholt. Weiter ging es zum Landeswettbewerb bei BMW in Dingolfing, wo wir „nur“ ein Zeitschriftenabonnement gewannen. Doch ich hatte Feuer gefangen. Schon im Jahr darauf reichte ich ein Einzelprojekt ein. Einen vollautomatischen Lüftungsroboter. Das kleine Fahrzeug bewegte sich autonom mithilfe von Ultraschallechoortung durch das Zimmer und ein starker Ventilator wälzte die Luft um. Ich kam wieder bis zum Landesentscheid, blieb aber dort ohne Preis.
Meine Jufo-Teilnahme im folgenden Jahr verhinderte ein Unfall, bei dem ich meinen rechten Zeigefinger und einen großen Teil des rechten Mittelfingers verlor. Um wieder wie vor dem Unfall jonglieren zu können, baute ich mir einen elektromechanischen Zeigefinger. 1999 trat ich damit an und wurde Bundessieger im Fachbereich Arbeitswelt. Außerdem durfte ich als einer von zwei Deutschen zum internationalen Wettbewerb „WYRE2000“, der unter dem Dach der Weltausstellung „EXPO2000“ in Hannover ausgetragen wurde. Der Wettbewerb war ein gigantisches Erlebnis, und ich gewann ein Praktikum bei M+W Zander in Singapur. Auch die Jahre danach war ich weiterhin am Basteln und wurde zum typischen Jufo- Wiederholungstäter. 2001 traten ein Freund und ich mit einem zweibeinigen Roboter an, der zwar etwas zittrig unterwegs war, aber sogar Treppen steigen konnte. Auch mit diesem Projekt schafften wir es bis zum Bundeswettbewerb. Wie in den Jahren zuvor traf ich dort spannende Menschen und insbesondere meine jetzige Frau Silvia. Im Jahr darauf traten wir mit „DiscoveryOne“ an, einem Wegweiser am Sternenhimmel. Ein kleines Gerät am Handgelenk, das die aktuelle Position von Himmelskörpern berechnet. Mit diesem Projekt erreichten wir den zweiten Platz beim Landeswettbewerb. Jeder von uns hatte auch noch ein zweites, eigenes Projekt eingereicht. Bei mir war es ein Zweirad mit elektronischem Gleichgewichtssinn, damit gewann ich meinen zweiten Bundessieg und einen zweimonatigen Studienaufenthalt an der University of California, Berkeley. Mit Klaus-Michael Doth plante ich danach die Entwicklung eines Helikopters mit vier Rotoren, der sich möglichst autonom in der Luft halten sollte – das UFO. Damit erreichten wir einen vierten Platz beim Bundeswettbewerb. Durch den Medienrummel wird eine chinesische Spielzeugfirma auf uns aufmerksam. Zwei Jahre später gibt es das X-UFO weltweit im Handel.
Inzwischen habe ich weitere Jufos kennengelernt und wir gründeten zusammen die Universal Flying Objects GbR, kurz UFO GbR. Diese vertrieb unsere ersten Hobby-Quadrocopter – kleine Hubschrauber mit vier Rotoren. 2007 gründeten wir die Ascending Technologies GmbH, die kleine Multirotor- Fluggeräte für Universitäten und professionelle Anwender aus dem Fotografie-, Industrie- und Forschungsbereich entwickelt und verkauft. Inzwischen sitzen wir mit 20 Mitarbeitern in einem Industriegebiet bei München. Damals bei „Jugend forscht“ hätte ich nicht gedacht, dass mich das UFO noch so lange beschäftigen würde.
Von Daniel Gurdan