Informatik für den Menschen
Wenn Forschungsbereiche einen Preis für die ideale Qualifikation verleihen würden, wäre Johannes Starlinger sicherlich in der engsten Auswahl. Eigentlich wollte er Arzt werden; als er aber während seines Medizinstudiums an der Wiener Universitätsklinik Patientendaten mühsam per Hand heraussuchen und sortieren musste, fiel er aus allen Wolken. „Unglaublich“, befand Starlinger. „So etwas müsste automatisch gehen.“ Nach Abschluss seines Medizinstudiums entschied er sich für ein Zweitstudium am Institut für Informatik an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU).
Dort promoviert der Mediziner und Informatiker derzeit im Rahmen des Graduiertenkollegs „SOAMED“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG mit fast vier Millionen Euro gefördert wird. Starlinger ist einer von 30 Doktoranden, die binnen vier Jahren an einer Architektur für medizinische Software tüfteln. Beteiligt sind neben der HU und der Charité, die Technische Universität Berlin (TU) und das Hasso- Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI) an der Universität Potsdam. Die Doktoranden werden von elf Professoren betreut, geleitet wird das Kolleg von den Adlershofer HU-Professoren Wolfgang Reisig und Ulf Leser.
„SOAMED“ – die Abkürzung steht für Service-orientierte Architekturen zur Integration softwaregestützter Prozesse am Beispiel des Gesundheitswesens und der Medizintechnik – soll die Kommunikation zwischen medizinischen Geräten, Softwaresystemen und beteiligten Menschen effizienter, flexibler und zuverlässiger als bisher gestalten. Ergebnisse eines Gerätes zur Messung von Blutwerten sollen für andere Geräte, Statistikprogramme oder Ärzte verfügbar werden. Johannes Starlinger arbeitet an Analyse-Tools für genetische Daten, die Wissenschaftler auf ihre Bedürfnisse zuschneiden können. Er trifft auf Informatik-Professoren wie Susanne Albers von der HU die bei der Entwicklung von effizienten Algorithmen zum internationalen Spitzenfeld gehört. Ebenfalls an der HU setzt sich Johann- Christoph Freytag für den Schutz der privaten Daten ein, während am Potsdamer HPI Andreas Polze an Sicherheit und Echtzeitfähigkeit von Software forscht; entscheidende Faktoren in einem Umfeld, in dem Menschenleben auf dem Spiel stehen. Diese Spannbreite ist nötig, um beispielsweise medizintechnische Geräte und Krankenkassen-Abrechnungssysteme miteinander zu vernetzen, so dass geltendes Recht eingehalten wird, der Datenschutz gewahrt bleibt und der Arzt unterstützt wird.
von Mirko Heinemann