Im Gespräch mit Melissa Horchemer
Die WISTA-Mitarbeiterin will jungen Menschen berufliche und akademische Perspektiven in den Naturwissenschaften aufzeigen
Mit ihrer Herkunft aus einer nichtakademischen Familie, die im sozialen Brennpunkt Duisburg lebt, war Melissa Horchemer alles andere als prädestiniert für eine Karriere im MINT-Bereich. Dieser Hintergrund hielt sie nicht auf – im Gegenteil, er inspirierte sie zum Studium der Biologie. Wissenschaftliches Denken und Experimentieren fand sie spannend. Im Leben etwas mit „Impact“ zu machen, ist ihr wichtig. Am Institut für Neuroanatomie der Berliner Charité fertigte die auch an Kunst und dem Medium Film Interessierte ihre Bachelorarbeit an, gründete nebenbei eine Videoproduktionsfirma. Aktuell arbeitet sie bei der WISTA Management GmbH daran, Schülerinnen und Schüler für naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern.
Adlershof Journal: Was verbirgt sich konkret hinter Ihrer Arbeit und dem Projekt „STE(A)M Learning Ecologies (SLE)“?
Melissa Horchemer: Der Projektname klingt ein wenig sperrig. Ich spreche viel lieber davon, dass ich daran arbeite, außerschulische MINT-Lernumgebungen zu schaffen. Das mache ich seit Beginn 2023 bis Ende 2025 im Rahmen einer EU-Förderung bei der WISTA und in Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Lisa Bering vom proMINT-Kolleg der Humboldt-Universität zu Berlin. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie entscheidend es ist, junge Talente zu fördern und ihnen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft berufliche und akademische Perspektiven zu eröffnen. Unser Ziel ist es, den Schüler:innen Mut zu machen und zu zeigen, dass Erfolg nicht von den Startbedingungen abhängt.
Wie kann so eine Lernumgebung aussehen?
Wir nutzen bereits bestehende Ressourcen und Netzwerke im Technologiepark, wie beispielsweise die der Schülerlabore oder unserer WISTA-Academy, aber wir besuchen mit dem Nachwuchs auch die Forschungseinrichtungen und Unternehmen und zeigen ihm, was dort in den Laboren geforscht und was produziert wird. Hier können wir mit der Praxis begeistern und berufliche Orientierung geben. Wir freuen uns, wenn sich weitere engagierte Partner bei uns melden, die jungen Menschen die Welt der MINT-Berufe näherbringen möchten.
Welche Formate haben Sie bereits durchgeführt?
Schüler:innen einer 9. Klasse am Berliner Archenhold-Gymnasium haben wir im Oktober 2024 bei einem MINT-Erlebnistag in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, dem Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik, und dem Aus- und Weiterbildungsnetzwerk Hochtechnologie (ANH Berlin) gezeigt, wer hinter den Innovationen steckt, die unsere Zukunft gestalten. Gestartet wurde mit einer Tour über den Campus. Danach gab es Einblicke in den Karriereweg einer Mitarbeiterin der HPS Home Power Solutions AG. Highlight war der Workshop im Ferdinand-Braun-Institut, wo die Schüler:innen den Beruf des Mikrotechnologen/der Mikrotechnologin hautnah erleben konnten.
Es gab eine weitere Veranstaltung im vergangenen Sommer?
„Von der eigenen Forschungsidee zum Produkt“ hieß unsere erste MINT Summer School 2024, bei der wir Schüler:innen zwischen 11 und 16 Jahren an drei Tagen das nötige Know-how für eine Unternehmensgründung im MINT-Bereich an die Hand gegeben haben. Sie erhielten Unterstützung vom Leiter unserer WISTA-Gründungszentren, durchliefen einen PR- & Marketing-Workshop, Expert:innen der Berliner Sparkasse gaben Hinweise zum Thema Finanzierung und Preiskalkulation. Außerdem auf der Agenda: Ideenentwicklung, Design Thinking und Prototypenbau sowie Präsentationstechniken für einen überzeugenden Pitch. Am Ende konnten die Teilnehmenden ihre Ideen vor einem „echten“ Adlershofer Unternehmer, Nikolas Hahne von der Quantune Technologies GmbH, präsentieren.
Wie war die Resonanz bei den jungen Menschen?
Die war wunderbar. Besonders schön zu sehen waren die Persönlichkeitsentwicklung und der Lernerfolg der Schüler:innen, die mutig vor der Gruppe standen und durch ihre Begeisterung andere von ihrer eigenen Idee überzeugten. Das sind Erfahrungen, die sie über die Schulzeit hinaus begleiten werden. Mit unseren Erlebnistagen wecken wir nicht nur Neugier, sondern schaffen auch echte Perspektiven. Wir sehen, welche Wirkung Vorbilder für die Schülerinnen und Schüler haben.
Was sind die nächsten Schritte im Projekt?
Wir wollen uns noch weiter vernetzen, zum Beispiel auch über die „Bildung X Business“-Initiative der IHK Berlin, weitere Formate nachhaltig am Campus entwickeln und die erfolgreichen verstetigen.
Peggy Mory für Adlershof Journal