Heiße Schaufeln
Härtetest für Triebwerkskomponenten
Einen Härtetest der besonderen Art müssen Prüflinge in Adlershof absolvieren: Sie stehen unter Hochdruck, werden schockgefrostet oder extremer Hitze ausgesetzt. Wer Schüttelprobe und Schleudergang überlebt, ist verkehrstauglich.
Sicherheit für Flugobjekte
Die getesteten Kandidaten kommen aus der Luft- und Raumfahrt, aber auch aus dem Automobil- und Schienenfahrzeugbau. Es sind Triebwerkskomponenten, im Einsatz sowohl für zivile als auch militärische Anwendungen. Daher müssen sie anspruchsvollen Sicherheitsstandards genügen. Kleinste Material- oder Verarbeitungsfehler könnten erschütternde Folgen im alltäglichen Betrieb haben. Auf dem Prüfstand stehen sie bei der Gesellschaft für Entwicklung und Versuch Adlershof (GEVA) in einem ehemaligen Flugzeughangar der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL). Die Geva, 1999 gegründet, ist heute Tochter der KST-Motorenversuch GmbH & Co.KG in Bad Dürkheim.
Schüttelprobe und Schleudergang
Ohrenschützer, eine ruhige Hand und starke Nerven werden benötigt, wenn die fünf Prüfmethoden für Festigkeitsuntersuchungen und Strukturanalysen angewandt werden. Um beispielsweise das Lebensdauerlimit einer Turbinenschaufel zu erproben, wird diese während der Vibrationsprüfung bis zum Glühen gebracht. „Wir können realitätsnahe Temperaturen bis 1.150 Grad Celsius auf sie einwirken lassen“, erzählt Michael Schirmer stolz. Er ist für Entwicklung und Vertrieb bei der Geva verantwortlich.
Richtig „belastend“ für die Prüflinge wird es bei den servohydraulichen Untersuchungen. Mit extrem hohen Kräften wird auf die Bauteile gedrückt oder an ihnen gezogen. Ganz hinten im umgebauten Hangar stehen die Rotationsprüfstände. Dort werden u. a. Triebwerksrotoren und Kugellager auf Touren gebracht. Bei heißen Schleudertests wird ermittelt, wie lange sie Belastungen von bis zu 100.000 Umdrehungen in der Minute bei 800 Grad Celsius standhalten können, bevor sich Risse bilden oder die Rotoren bersten.
Zerstörungsfreie Prüfung
Aber es geht nicht nur darum, Bauteile zum Reißen oder Bersten zu bringen. Weil Verkehrsflugzeuge aus Kohlefaser-Verbundbauteilen, wie z. B. der „Dreamliner“ von Boeing, auf dem Vormarsch sind, braucht es neue Prüfmethoden. Die 32 Mitarbeiter bei der Geva wenden daher auch zerstörungsfreie Messverfahren an. „Mit unseren Messmethoden visualisieren wir Risse, die mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind“, so Schirmer. Und mit Ultraschallmessungen können z. B. innere Materialfehler sichtbar gemacht werden. Nur so ist sichergestellt, dass die Flugzeug- und Triebwerkbauteile den Belastungen im Flug gewachsen sind.