Hammerhart gedruckt
PSC-Gründerteam erzeugt hochreines Siliziumkarbid im 3D-Druck
Wenn ein Professor seinen Lehrstuhl aufgibt, um ein Start-up zu gründen, muss er von seiner Idee überzeugt sein. Im Fall der 2015 gegründeten PSC Technologies GmbH hat Siegmund Greulich-Weber genau das getan. Gemeinsam mit seinem Mitgründer Ruggero Schleicher-Tappeser arbeitet er nun daran, selbst entwickelte Siliziumkarbid-Legierungen in selbst entwickelten 3D-Druckverfahren in Form zu bringen. Gelingt das, stehen den Gründern viele Märkte offen.
Siliziumkarbid ist so hart, dass daran selbst diamantbestückte Werkzeuge schnell abstumpfen. Es ist in höchstem Maße wärmeleitfähig, zugleich isolierend, weist eine minimale Wärmeausdehnung auf, hat hervorragende Gleiteigenschaften und ist extrem korrosionsbeständig. Professor Siegmund Greulich-Weber hat dem Halbleitermaterial in jahrzehntelanger Forschung an der Universität Paderborn immer mehr Geheimnisse abgetrotzt. Und er hat dabei gelernt, die kristalline Silizium-Kohlenstoffstruktur gezielt mit Metallen zu legieren, um die ohnehin fantastischen Materialeigenschaften auf spezifische Anwendungen hin zu verändern. Unter anderem lässt sich so die Spröde des Kristalls beheben. Diese Legierungen verhalten sich dann ähnlich wie hochfeste Stähle. Die Krux bleibt aber: Für abtragende Bearbeitungsverfahren per Fräse oder Bohrer ist Siliziumkarbid zu hart. Obendrein verschlingt der Herstellungsprozess, für den Quarzsand und Koks in Öfen bei über 2000 Grad Celsius verbunden werden, Unmengen an Energie. Danach muss das Material aufwendig von Verunreinigungen befreit werden.
Greulich-Weber hat seinem Lehrstuhl mittlerweile den Rücken gekehrt. Er leitet nun in Adlershof ein eigenes Unternehmen, das er 2015 gemeinsam mit Ruggero Schleicher-Tappeser gegründet hat. Der Technologieberater hatte Greulich-Webers Forschungen mit Blick auf Anwendungspotenziale in der Photovoltaik begutachtet und dank seines Hintergrundes als studierter Physiker sofort erfasst, dass er es hier mit etwas Besonderem zu tun hat. Beide gründeten die PSC Technologies GmbH; PSC steht für Pure Silicon Carbide.
Warum haben sie ihre sicheren Positionen für das Wagnis einer Unternehmensgründung aufgegeben? „Wir sind in der Lage, hochreines Siliziumkarbid aus selbst entwickeltem Präkursor zu erzeugen“, erklärt Greulich-Weber und weist auf einen Glaskolben mit schwarzem Pulver. Der Umweg über das Pulver macht nicht nur die aufwendige Reinigung überflüssig, sondern er eröffnet den Weg zu einem völlig neuen Herstellungsansatz: Die Gründer bauen Siliziumkarbid-Bauteile im selektiven Laserschmelz-Verfahren per Laser Schicht für Schicht auf. Mikrometergenaue Formgebung, innenliegende Kühlkanäle und nahezu beliebige Formgebung werden möglich. Der 3D-Druck reduziert die mechanische Bearbeitung auf eine Oberflächenbehandlung. In Verbindung mit Greulich-Webers Legierungs-Know-how für das Siliziumkarbid ergibt sich eine neuartige hybride kristallin-metallische Materialklasse, die enormes Marktpotenzial verspricht. Fräsköpfe, Bohrer und andere Werkzeuge sollen den Anfang machen. Für Leistungselektroniken, zur Wärmeabfuhr in Batterien oder Lasern, dreidimensionale Chips und viele weitere Anwendungen im Clean-Tech-Bereich ist das 3D-gedruckte Hightech-Material ebenfalls hochinteressant.
Das mittlerweile auf sechs Mitarbeiter gewachsene Start-up in Adlershof hat eine industrielle 3D-Druck-Anlage. „Wir haben festgestellt, dass die Pulverbett-Anlage mit zwei 200-Watt-Lasern für unsere Zwecke überdimensioniert ist“, berichtet Schleicher-Tappeser. Denn Laserpulse mit weniger als einem Watt Leistung genügen, um den Präkursor zur Reaktion zu bewegen. Eine Multi-Laser-Anlage mit Bildpunkten aus dem Kunststoffbereich mit bis zu einer Million Strahlquellen soll die bisherige Anlage ersetzen. „Damit werden wir schnellere Aufbauraten als alle im Markt verfügbaren Metalldrucker erreichen – und dank des kostengünstig herstellbaren Präkursors voraussichtlich günstiger werden als der Metalldruck“, ergänzt Greulich-Weber. Das verspricht sehr gute Wachstumsaussichten. Mehrere Patente sichern die Gründer ab. Nun suchen sie Mitarbeiter/-innen, Kooperationspartner/ -innen und Investoren/-innen. Das Feld ist bestellt: „Wir sind bereit, durchzustarten“, erklären die beiden.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal