CO2-frei bis 2050
Machbarkeitsstudie in Zusammenarbeit mit dem Adlershofer DLR-Institut für Verkehrsforschung vorgestellt
Effizienz und erneuerbare Energien sind die Hauptstrategien für einen vollständig treibhausgasfreien Verkehr – eine der Voraussetzungen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, die sich Deutschland mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens gegeben hat. Diese können kostengünstig realisiert werden, wenn vor allem in den Städten alternative Verkehrsmittel zum Einsatz kommen und weniger Verkehr vom Verbrennungsmotor abhängt. So kann der Verkehrssektor in Deutschland bis zum Jahr 2050 CO2-frei werden und die Lebensqualität in Städten steigen. Dass das bei gleichzeitig positiven Auswirkungen für die Volkswirtschaft machbar ist, zeigt das Projekt Renewbility, in dem das Öko-Institut in Zusammenarbeit mit dem Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg und INFRAS Zürich Optionen für eine Dekarbonisierung des Verkehrssektors erforscht hat.
Die Projektpartner stellten die Ergebnisse am 8. November 2016 gemeinsam mit dem Auftraggeber der Studie, dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), in Berlin vor.
Elektromobilität - Hebel für weniger Treibhausgase und Schadstoffe
"Unsere Szenarien machen deutlich, dass es weiterführende Maßnahmen braucht, die über geringfügige Effizienzsteigerung hier oder einen moderaten Anstieg der Elektromobilität dort hinausgehen, um die Klimaschutzziele bis 2050 zu erreichen", fasst Dr. Wiebke Zimmer, Projektleiterin von Renewbility am Öko-Institut zusammen. "Eine zentrale Rolle beim Klimaschutz muss der maximale Einsatz von Elektromobilität spielen, als Voraussetzung für die effiziente direkte Nutzung von erneuerbar erzeugtem Strom im Verkehr", ergänzt Frank Dünnebeil vom ifeu. So fährt man in einem Elektrofahrzeug mit einer Kilowattstunde Strom sechs bis zehnmal weiter als mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, das strombasierte Kraftstoffe einsetzt.
Der wichtigste Ansatzpunkt, um diese Entwicklung zu fördern, ist nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Grenzwerte für den Kohlendioxidausstoß von Fahrzeugen konsequent fortzuschreiben. Das bedeutet, dass Autos im Personenverkehr ihre Emissionen von heute 95 Gramm CO2 auf maximal zehn Gramm im Jahr 2050 senken müssen. Gleichzeitig hält das Forschungsteam auch die Anpassung der Kraftstoffpreise für notwendig, damit sich umweltfreundliche Mobilität stärker lohnt.
Positive Effekte für die Volkswirtschaft
Die gute Nachricht in puncto volkswirtschaftliche Folgen: "Bei einer starken Marktdurchdringung der Elektromobilität, dem Einsatz strombasierter Kraftstoffe, Attraktivitätssteigerungen im öffentlichen Verkehr und einer Ertüchtigung des Schienengüterverkehrs kann langfristig ein positives volkswirtschaftliches Ergebnis erreicht werden", resümiert Martin Peter von INFRAS.
Strombasierte Kraftstoffe: Ja, aber
Renewbility zeigt zugleich: Strombasierte Kraftstoffe sind wichtig, haben jedoch ihre Grenzen. Denn: Kommen vorrangig strombasierte Kraftstoffe anstelle von mehr Elektrofahrzeugen zum Einsatz, so stiege der gesamte Strombedarf des Verkehrs in Deutschland bis 2050 massiv an. Der Hintergrund: Für die Herstellung von strombasierten Kraftstoffen für den herkömmlichen Verbrennungsmotor wird sehr viel Energie benötigt. Der Stromverbrauch des Verkehrs läge dann laut Szenario "Fokus Kraftstoffe" im Jahr 2050 40 Prozent über der heutigen Bruttostromerzeugung in Deutschland. Deshalb fordert das Forschungsteam, dass strombasierte Kraftstoffe nur dort zum Einsatz kommen, wo ein direkter Stromeinsatz (Elektromobilität) voraussichtlich nicht möglich ist - etwa im Luft- und Seeverkehr.
Lebensqualität in Städten steigern
Mit Renewbility lässt sich auch die Wirkung von Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität in Innenstädten zeigen, wie zum Beispiel kurze Wege durch mehr Mischnutzungen, emissionsfreie Innenstädte mit entsprechenden Zufahrtsbeschränkungen, Carsharing-Angebote und die Steigerung der Attraktivität von öffentlichem, Rad- und Fußgängerverkehr. Die Ergebnisse des Szenarios "Effizienz plus Lebensqualität" belegen: Die Pkw-Nutzung kann in den Städten um rund 50 Prozent zurückgehen. Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität tragen darüber hinaus dazu bei, Kosten in anderen Bereichen der Gesellschaft wie etwa der Gesundheitsversorgung oder negative externe Effekte zu senken.
"Den öffentlichen Verkehr sowie den Fuß- und Radverkehr aktiv zu fördern, zahlt sich aus", sagt Rita Cyganski vom DLR. "Denn es steigert die Lebensqualität in den Städten und trägt zum Klimaschutz bei. Gleichzeitig können weitere negative Umweltauswirkungen in den Innenstädten wie der Schadstoffausstoß, Lärm und Unfälle verringert werden." Flankierend zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Umweltverbund ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Kommunen eine umfassende Parkraumbewirtschaftung mit steigenden Gebühren.
Kontakte
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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
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Dipl.-Geographin Rita Cyganski
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
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