BAM auf Spurensuche
Die Herkunft von Goldfunden mittels Platin zerstörungsfrei bestimmen
Kunstvoll mit Gold verzierte Särge des Nomadenvolkes Xiongnu fand ein internationales Forscherteam bei Ausgrabungen in der Steppe der Mongolei. Doch woher stammt das Gold? War es Gold der Xiongnu? Hatten Sie überhaupt die Fähigkeit, um Metalle gewinnen und verarbeiten zu können? Oder war das Gold vielleicht ein Geschenk der Chinesen, um die kriegerischen Nomaden milde zu stimmen? Diese Fragen sollten die BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin und das Zentrum für Forschung und Restaurierung der Französischen Museen in Paris 2000 Jahre später mit einer Analyse beantworten. Denn Gold aus bestimmten Regionen kann man einer Art Fingerabdruck zuordnen. Jedenfalls, wenn es nicht etliche Male umgeschmolzen wurde oder aus einem Bergwerk stammt. Wurde es aus einem Fluss gewonnen, sind durch die Sandwäsche Spuren von anderen Elementen, zum Beispiel von Platin zu finden, die mit eingeschmolzen werden. Und diese Spuren sind der Fingerabdruck der Goldprobe.
Die BAM wurde beauftragt, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem es möglich ist, das verwendete Gold an der Grabstätte Gol Mod einer Region zuzuordnen. Der Haken an dem Auftrag: Das wertvolle Material durfte nicht zerstört werden, weshalb man eine zerstörungsfreie Methode brauchte. Die Wahl fiel auf die Röntgenfluoreszenzanalyse.
„Ist Gold aus Flüssen gewonnen worden, enthält es auch Spuren von Platin“, weiß der BAM-Physiker Martin Radtke. „Doch bei einer Röntgenfluoreszenzanalyse haben wir das Problem, dass die Elemente Gold und Platin im Periodensystem unmittelbar nebeneinander liegen“. Zudem ist Platin nur in sehr geringen Konzentrationen im Gold vorhanden, weshalb die starken Signale des Goldes die schwachen des Platins überlagern. Bei der Röntgenfluoreszenzanalyse wird mittels Röntgenstrahlung ein Elektron in der Nähe des Kerns herausgeschlagen. Die Lücke wird dann durch ein Elektron von weiter außen gefüllt. Dabei wird Stahlung frei, die gemessen werden kann.
Radtke und seine Kollegen konzentrierten sich bei ihrer Arbeit zunächst auf die Bestimmung der Spektren von Platin, aber auch von Zinn, Kupfer oder Silber. Dazu wurden chemisch reine Proben, so genannte Reinelemente benutzt. Die Untersuchungen erfolgten am Berliner Elektronenspeicherring „Bessy II“. Am Speicherring betreibt die BAM eine Beamline (auch BAMline genannt), die aus Aufbauten für die zerstörungsfreie Prüfung an Werkstoffen und Bauteilen sowie für die analytische Chemie besteht. Danach begann die eigentliche Goldprobenuntersuchung. Bei den zu sehenden Spektren konnten dann die Signale abgezogen, die zuvor den anderen Elementen zugeordnet waren. Durch diese Methode fanden sie Platin in den Goldplättchen, welches darauf schließen lässt, dass die Xiongnu das Gold selbst aus den Flüssen gewonnen haben. Dies hatten die Wissenschaftler erwartet, da es in der heutigen Mongolei viele Gold- und Platinquellen gibt, wie Maria Guerra, Directeur de recherche am Zentrum für Forschung und Restaurierung der Französischen Museen beim Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) in Paris berichtet. Die Methode ist mit drei Mikrogramm pro Gramm Gold so genau, dass anhand der gefundenen Verunreinigung an Platin, Zinn oder auch Silber auch die Ursprungsregion des Goldes recht exakt bestimmt werden kann.
"Bisher dachte man, dass die Xiongnu Goldobjekte aus China bekamen, anstatt sie lokal zu verarbeiten. Die Untersuchungen zeigen nun, dass das Gold aus dem Gebiet der heutigen Mongolei kommt", sagt Maria Guerra. Wie die Wissenschaftler in einem Artikel für das Fachjournal „Analytical Chemistry“ schreiben, vermuten sie, dass in Gol Mod einer der letzten Häuptlinge der Xiongnu begraben wurde. Die Fundstücke seien auch ein gutes Beispiel für die Güter, die entlang der Seidenstraße gehandelt wurden, so die Autoren weiter.
Die entwickelte Methode kann zukünftig nicht nur Archäologen helfen, um Handelswege nachzuvollziehen. Auch bei heutigen Herstellungsprozessen kann sie nützlich sein. So braucht man in der Halbleitertechnik immer reineres Silizium. „Dieses ist aber mit Aluminium verunreinigt. Auch dieses können wir mit unserem Verfahren nachweisen“, sagt Martin Radtke von der BAM.
„Beyond the Great Wall: Gold of the Silk Roads and the First Empire of the Steppes”, Anal. Chem 85(3), 1650-1656 (2013); kostenlos zu lesen unter: http://pubs.acs.org
Kontakt:
Dr. rer. nat. Martin Radtke
Abteilung 1 Analytische Chemie; Referenzmaterialien
E-Mail: martin.radtke(at)bam.de