Vom Minnesänger zum Musikcoach
Reimar Paschke schlägt den richtigen Ton an für den Sängernachwuchs
Bester Lehrer der Welt, das mag auch daran liegen, dass es eine seiner Schülerinnen bei der Sat1-Talentshow „Starsearch“ vor einigen Jahren bis ins Finale geschafft hat. Der damals 14-jährigen Carolin prophezeite Jurymitglied Hugo Egon Balder nach ihrer Viertelfinalperformance des „Bee Gees“-Klassikers „Night Fever“, dass es „demnächst“ eine CD von ihr geben würde.
Reimar Paschke selbst macht schon immer Musik. „Die Minnesänger“ hieß seine erste Band. In einer Zeit, in der die Rolling Stones, die Beatles oder die Troggs die Charts dominierten, spielte die Gruppe deren Songs. Lehrer zu werden wie seine Eltern, das war nie eine Berufsalternative für Paschke. Er studiert Musik an der Musikschule im Friedrichshain. „Wenn man Berufsmusiker werden wollte“, sagt er, „war das DIE Schule. Bands wie Puhdys, Karat – alle waren hier.“ Dass er nun irgendwie doch Lehrer an einer Musikschule geworden ist und hier später auch sein eigenes Tonstudio eingerichtet hat, ist purer Zufall.
„Stoff für ein ganzes Buch“
Wie vieles in Paschkes Leben. „Stoff für ein ganzes Buch“, schmunzelt er. Baufacharbeiter mit Abitur, Begleitmusiker am Deutschen Theater, als die den aufmüpfigen Werther von Plenzdorf spielen, Galas vor der DDR-Staatsführung, Tanzmusik in Nachtbars und Hotels, Gründer und Geschäftsführer einer Fliesenlegerfirma, Playbacklieferant für „Deutschland sucht den Superstar“ und der „letzte, der vom Mauerfall erfahren hat“, wie er selbst sagt. Damals spielte Paschke mit seiner Tanzmusikband vor den Genossen der Staatssicherheit in Beelitz. Genau am 9. November. Als er einen neuen Auftrittstermin mit dem verantwortlichen Major vereinbaren wollte, winkte der ab mit der Bemerkung: „Die Mauer ist offen.“
1995 ruft ihn ein Kollege, den er aus den Augen verloren hatte, aus heiterem Himmel an und bietet ihm den Musiklehrerjob an. Reimar Paschke muss nicht lange überlegen. Das Angebot kommt zur rechten Zeit. Die Fliesenlegerfirma, die Paschke in den Goldgräberzeiten nach der Wende gründete, war unverschuldet in die Pleite gerutscht. Ein großer Auftraggeber bezahlte seine Rechnungen nicht, ließ sie auf sechsstelligen Außenständen sitzen. Geld musste her.
Hörbücher und Klassik- CDs
Wenn er nicht „on Tour“ ist, sitzt Paschke in seinem Studio NPA Music im Souterrain der Musikschule und produziert Hörbücher oder auch mal eine CD für den Klassikwunderknaben Mark Ehrenfried. Dessen Produzent aus Hamburg hatte Paschke, den alle nur „Pascha“ nennen, angerufen und ihn gebeten, Klaviermusik aufzuzeichnen. „Mark Ehrenfried – ich hatte keine Ahnung, wer das ist“, erinnert sich Paschke. Damals hatte der junge Pianist bereits eine klassische Wunderkindkarriere hingelegt: erste öffentliche Konzerte mit sieben, TV-Auftritte, Medien- und Klavierpreise, Konzerte im In-und Ausland. „Ein zweiter Mozart“, hieß es.
Paschkes Technikaffinität und Erfahrung hilft ihm auch beim Sängernachwuchs. „Talent braucht man schon“, sagt Paschke. Mit seinen Schülern – von denen viele auch „über die Straße“ zu den Castings von „The Voice of Germany“ weiterziehen, experimentiert er, zeichnet im Unterricht auf, um Fehler zu analysieren. Manchmal lässt er sie im Studio einsingen und nimmt dann die Begleitmusik weg. „Alle haben den ‚Flattermann’. Einige sind anschließend ganz schockiert, wie sie klingen. Die Technik kann viel, aber das hilft keinem.“
Gute-Nacht-Geschichten
Sein neuestes Herzensprojekt hat er für den ganz kleinen Nachwuchs produziert. „Marie und der Mond“ ist eine CD mit 16 Gute-Nacht-Geschichten, geschrieben von der Adlershofer Autorin Christine Balasch. Eingesprochen hat Paschke die Texte selbst. Wieder so ein Zufall.
Von Rico Bigelmann für Adlershof Journal