Starthilfe für die Forscherkarriere
Humboldt-Universität fördert junge Akademiker mit Stipendien
Wie geht es weiter nach dem Master oder der Doktorarbeit? In solchen Fragen unterstützt die Humboldt-Universität zu Berlin den wissenschaftlichen Nachwuchs mit Rat – und finanziellen Mitteln. Auch die Physikerin Sylvia Schikora hat davon profitiert.
Das Labor von Sylvia Schikora und ihren Kollegen im Erdgeschoss des Lise-Meitner-Hauses wirkt auf den ersten Blick ungeordnet: Kartons und Alufolien liegen herum, Kabel führen in eine große Metallröhre, die auf einem Drehtisch auf massivem Betonfundament ruht. Die Arbeitsgruppe „Optische Metrologie“ von Professor Achim Peters ist mit dem merkwürdig anmutenden Aufbau einer zentralen Frage der theoretischen Physik experimentell auf der Spur: Ist die Geschwindigkeit des Lichts konstant, unabhängig von der Richtung, in die es strahlt, so wie es Albert Einstein bei der Formulierung der speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie annahm? Wer eine Abweichung von der sogenannten Lorentzinvarianz im Experiment messen würde, dem wäre ein Nobelpreis sicher, das glaubt auch Schikora. Ein solches Ergebnis könnte der Schlüssel sein, die bislang nicht vereinbaren Welten der Relativitäts- und der Quantentheorie zusammenzuführen. Oder es könnte dazu beitragen, dass ganze Theoriengebäude neu errichtet werden müssen.
Messungen zur Richtungsabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit
Die Frage der Richtungsabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit beschäftigte schon vor etwa 150 Jahren den Physiker Albert Michelson. „Er hat nicht weit von hier, in einem Keller in Potsdam, seine Experimente gemacht“, erzählt Schikora. „Und prinzipiell ist unser Versuchsaufbau dem damaligen sehr ähnlich.“ Schematisch lässt sich das so beschreiben: Zwei Lichtstrahlen werden in einer rotierenden Apparatur in zueinander senkrechter Richtung geführt und dann über einen halbdurchlässigen Spiegel überlagert. Wenn auf beiden Wegen der Teilstrahlen das Licht eine leicht unterschiedliche Geschwindigkeit hätte, wären im überlagerten Signal Abweichungen feststellbar.
Störfaktoren herausfiltern
Während Michelson und sein Kollege Edward Morley 1887 bis zur achten Stelle nach dem Komma keine Abweichung nachweisen konnten, sind ihre Nachfolger in Adlershof dank fortgeschrittener Technik schon weiter vorgedrungen. „Wir wollen die 19. und vielleicht die 20. Nachkommastelle anschauen“, sagt Schikora. Ein Jahr soll das Experiment dauern. Zwei Jahre hat die Arbeitsgruppe benötigt, kostspielige Vorbereitungen zur Installation des Versuchsaufbaus zu treffen. Gearbeitet wird im Vakuum mit Laserlicht, das durch optische Resonatoren aus Saphir stabil gehalten wird. Um unerwünschte Messabweichungen etwa durch Wärmebewegungen von Teilchen zu vermeiden, werden die Resonatoren zudem mithilfe von Flüssighelium auf etwa minus 260 Grad Celsius tiefgekühlt. Eine große Herausforderung ist auch das Herausfiltern äußerer Störfaktoren. „Das könnte schon ein leichtes Vibrieren durch ein draußen vorbeifahrendes Auto sein“, sagt die Postdoktorandin. Auch deshalb wird die Konstruktion durch ein in den Boden eingelassenes Betonfundament stabilisiert.
Selbst bei Nullergebnis praktischer Nutzen
Für die Physikerin, die ihre Doktorarbeit über „Optische Chaoskontrolle von Halbleiterlasern“ verfasste, ist das Gebiet der Lorentztests neu. „Mir gefällt der umfassende, manchmal fast ins Philosophische reichende theoretische Ansatz dahinter.“ Selbst wenn ihr Experiment ein sogenanntes Nullergebnis brächte – keine Abweichung von der Richtungsunabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit – hofft sie auf einen praktischen Nutzen: „Die Technologie könnte dazu beitragen, eines Tages präzisere, auf Lasertechnik basierende Atomuhren zu bauen. Und die Hersteller von GPS-Geräten wären sicher erleichtert, schließlich stützen sich ihre Ortsbestimmungen auch auf die Relativitätstheorie.“
Humboldt Scholarship als Zwischenfinanzierung
Die Postdocstelle hat Schikora auch der Humboldt-Universität zu verdanken, die den wissenschaftlichen Nachwuchs mit vielfältigen Aktivitäten fördert. Als die junge Physikerin ihren Antrag für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) schrieb und das Geld fehlte, bewarb sie sich um ein Humboldt Scholarship, das die Uni jährlich an etwa 20 Bewerber vergibt. Sie bekam das Scholarship und wurde sechs Monate gefördert. „Das Stipendium hat die Zwischenfinanzierung gesichert, bis der Antrag fertig und genehmigt war“, sagt sie. Bis 2017 wird Schikora nun von der DFG gefördert.
Beratungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Das Büro von Uta Hoffmann in der Ziegelstraße in Berlin-Mitte ist der Anlaufpunkt für Uni-Absolventen und Promovenden wie Schikora, die eine wissenschaftliche Karriere ins Auge fassen. Jeden Donnerstagnachmittag berät die Referentin den wissenschaftlichen Nachwuchs aller Fachrichtungen. In einem Blog stellt sie regelmäßig Neuigkeiten vor oder lässt Interessierte über einen kostenlosen Zugang in der Förderdatenbank Elfi stöbern. „Wer eine Professur anstrebt, muss nach der Promotion etwa zehn Jahre anpeilen, und da sind die Fördermöglichkeiten gut strukturiert“, sagt Hoffmann. In ihren Beratungen erklärt sie, wie die Karriere zum Beispiel durch DFG-Projektförderung beginnen oder über ein Heisenberg-Stipendium zur Professur führen kann, gibt praktische Tipps für das Formulieren von Forschungsanträgen.
Auslandserfahrung wichtig
Immer wichtiger werde für ambitionierte Jungforscher die Anbindung an das internationale Geschehen, betont Hoffmann. „Spätestens während der Promotion sollte man anfangen, über einen längeren Auslandsaufenthalt nachzudenken. Auch da gibt es viele Förderprogramme, etwa durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst.“ Ausführliche englischsprachige Informationen auf der Website der Beratungsstelle sollen auch gezielt Studenten aus dem Ausland ansprechen. Mit Erfolg, wie die Referentin berichtet: „Ein Viertel bis ein Drittel meiner Beratungen mache ich auf Englisch.“
Doch so manchem rät sie auch ab, zu lange an der Uni auszuharren. „Nur fünf Prozent der Promovierten schaffen es zur Professur, da müssen wir schon auch darauf hinweisen, dass ab einem bestimmten Punkt die Uhr tickt.“
Von Claudia Wessling für Adlershof Journal
www.physik.hu-berlin.de/en/qom/people/qom-group
www.hu-berlin.de/forschung/szf/wiss_nachwuchs