Mit dem Laser in neuen Dimensionen
Von Null auf zweihundert Stundenkilometer im Millionstel einer Milliardstel Sekunde. Das ist Weltrekord – jedenfalls für neutrale Teilchen. „Dass eine so enorme Beschleunigung von neutralen Teilchen durch das elektrische Feld eines Lasers möglich ist, war die eigentliche Überraschung unserer Experimente“, sagt Ulrich Eichmann vom Max-Born- Institut (MBI ) in Adlershof. Dem Fachmagazin Nature waren diese Ergebnisse im Oktober 2009 sogar ein Titelbild wert.
Eigentlich wirken elektrische Felder nur auf elektrische Ladungen. Die Heliumatome, mit denen Ulrich Eichmann und seine Kollegen vom Max-Born-Institut experimentierten, sind jedoch nach außen neutral – die positiven Ladungen des Atomkerns und die negativen der Elektronenhülle gleichen sich aus. Die Physiker stellten fest, dass der Beschuss mit ultrakurzen Laserblitzen die Elektronen einiger Atome in sehr weit vom Kern entfernte Bahnen bringt. Dort schwingen sie extrem schnell. Und das wiederum führt dazu, dass das inhomogene elektrische Feld des Laserlichts auf sie die sogenannte ponderomotorische Kraft ausübt und sie wegtreibt. Da sie noch an den Atomkern gebunden sind, schleifen sie den einfach mit. So treibt der Laserbeschuss schließlich das gesamte Atom an.
„Mit gezielt modelliertem Laserlicht könnte es künftig möglich sein, Atome sehr schnell und sehr präzise auf einer Oberfläche zu positionieren, oder dort chemische Reaktionen zu steuern“, meint Eichmann. An Anwendungen wie diese denken die Forscher des Max-Born-Instituts allerdings erst in zweiter Linie. Sie interessieren sich für grundlegende Prozesse. Zum Beispiel auch für das strukturelle Gedächtnis von Wasser oder anderen Materialien. „Dabei befruchten sich grundlegende wissenschaftliche Fragestellungen immer auch mit der gezielten Weiterentwicklung der Lasertechnologie, die wir dafür brauchen“, sagt Thomas Elsässer, Geschäftsführender Direktor des MBI.
Den Forschern gelingt es beispielsweise, die Laserpulse immer kürzer zu machen und ihre elektrischen Felder immer stärker. Mit immer kürzeren Schnappschüssen können sie extrem schnelle Prozesse beobachten, die in der Natur ablaufen – zum Beispiel bei chemischen Reaktionen oder beim Ladungstransport in optoelektronischen Halbleitern. Elsässer erhält für die Aufklärung extrem schneller Prozesse, die die Eigenschaften von Wasserstoffbrücken in molekularen Systemen bestimmen, vom europäischen Forschungsrat (ERC) einen „advanced Grant“ in Höhe von 2,49 Millionen Euro.
Seine Expertise in diesem Bereich bringt das Max-Born-Institut in das neu gegründete Berlin Laboratory for innovative X-ray Technologies BLiX ein. Gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin werden dort anderen Forschungsinstituten und Unternehmen die neuesten Röntgentechnologien zur Verfügung gestellt. Dabei steht nicht nur die Dienstleistung im Vordergrund. Es soll Unternehmen auch möglich sein, die Prototypengeräte zu eigenen Produkten weiterzuentwickeln und zu vermarkten.
Dr. Uta Deffke
Link: www.mbi-berlin.de