Ein starker Arm für die Pflege
HU-Psychologinnen entwickeln einen Pflegeroboter weiter
Aufgaben notieren, an die wöchentliche Spielerunde erinnern, auf Wunsch das Licht einschalten: Zukünftig könnten Roboter dem Pflegepersonal die Arbeit erleichtern. Wie aber müssen sie gestaltet sein, um akzeptiert zu werden? Welche Art von Unterstützung wünschen sich Pflegende und Gepflegte? Was ist technisch überhaupt machbar? Diesen und weiteren Fragen gehen Psycholog/-innen aus Adlershof im Forschungsprojekt „RoMi – Roboterunterstützung bei Routineaufgaben zur Stärkung des Miteinanders in Pflegeeinrichtungen“ auf den Grund.
Auf den ersten Blick wirkt der workerbot6 noch wie ein überdimensionierter Overheadprojektor: Er hat einen „Arm“, mit dem er bis zu drei Kilogramm schwere Gegenstände anheben kann, ein „Gesicht“ in Form eines Displays und eine integrierte Plattform, die sich als Transportfläche eignet – zum Beispiel für eine Kiste mit Wasserflaschen. In naher Zukunft könnte dieser Roboter in veränderter Aufmachung über deutsche Pflegeheimflure rollen. „Auf Basis des workerbots6 entwickeln wir im Projekt RoMi einen Pflegeroboter, der an die Bedürfnisse von Pflegekräften angepasst ist“, erläutert Kim Klüber, Ingenieurpsychologin an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), die im Projekt RoMi promoviert. Eine der kniffligsten Aufgaben, die sie und ihre Mitstreiter/-innen dabei meistern müssen: Die Gestaltung des Roboters so anzupassen, „dass er von den Pflegekräften und Pflegebedürftigen angenommen wird.“
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt läuft seit März 2020 und ist auf drei Jahre angelegt. Neben der HU sind daran auch die Forschungsgruppe Geriatrie der Charité Universitätsmedizin Berlin, die Technische Universität Berlin und die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin beteiligt. Die Firma pi4_robotics GmbH stellt den Roboter. Aktuell befassen sich die Forschenden damit, wie der Pflegeroboter aussehen und sich verhalten sollte. „Soll er menschlich wirken, mehr wie ein Tier oder eher technisch aussehen? Soll er eher klein oder groß sein? Soll er sprechen können? Das sind Fragen, denen wir nachgehen.“ Bei Studien mit Testpersonen haben die Forschenden kürzlich herausgefunden: „Roboter, die sprechen können und menschlich aussehen, schneiden am besten ab.“
Mittels Virtual-Reality-Studien wird das ermittelte präferierte Design im nächsten Schritt noch einmal auf Herz und Nieren geprüft. Danach soll der workerbot6 entsprechend angepasst und in einem mehrwöchigen Versuch in Pflegeeinrichtungen getestet werden. „Er könnte dort zum Beispiel Pflegepersonal und Gepflegte an Aufgaben und Termine erinnern – an den Bingo-Abend oder wenn Medikamente nachbestellt werden müssen.“ Zudem könne der Roboter die Wünsche der Pflegebedürftigen sammeln, der diensthabenden Pflegekraft überbringen und dadurch Wege einsparen. Eine weitere Idee: „In Pflegeheimen gibt es ein Rufsystem. Wenn Frau Meyer zum wiederholten Mal klingelt, kann das Personal gegebenenfalls erstmal den Roboter losschicken.“ Einfache Wünsche der Pflegebedürftigen, wie zum Beispiel einen Lichtschalter bedienen oder eine Wasserflasche holen, könnte er dann erfüllen.
„Es wird noch einige Jahre dauern, bis Roboter bei der Körperpflege helfen oder sensible Gegenstände präzise greifen können“, sagt Kim Klüber. Auch wenn sich das Verhaltensrepertoire stetig erweitere, müsse stets eine Pflegekraft zugegen sein und die Verantwortung immer in menschlicher Hand liegen. „Der Roboter ist und bleibt eine Unterstützung, keine Pflegekraft.“ Roboter können Menschen zwar entlasten, am Ende aber nicht alles ersetzen: „Vor allen Dingen nicht menschliche Nähe.“ Dem unbenommen: Die Psychologin kann sich gut vorstellen, eines Tages von einem Team aus Menschen und Robotern umsorgt zu werden. „Das Essen bringen, das Bett machen, Dinge hin- und hertragen – dass das in Zukunft Roboter machen werden, kann ich mir super vorstellen.“
Nora Lessing für Adlershof Journal