Der Tüftler
Für Joachim Feierabend ist Elektrotechnik das Lebensthema
„Ich war das erste neu gegründete Privatunternehmen auf dem Gelände hier.“ Das war am Tag der deutschen Währungsunion, dem 1. Juli 1990, als Joachim Feierabend seinen Job beim Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie kündigte, um sich in einem eigenen Büro in Adlershof als Dienstleister für Computertechnik selbständig zu machen: „Mit dem Mietvertrag, das war noch ganz kompliziert.“
Als Unternehmer hat er es acht Jahre ausgehalten. Das Geschäft hatte bald an kreativem Reiz eingebüßt, entwickelte sich zusehends zum schlichten Computerhandel. Als „Discounter“ und „Kistenschieber“ mochte der Mann aber beruflich nicht enden, der sich für „alles, was irgendwie mit Technik zu tun hat,“ begeistert: „Ich bin der, der in seinem Labor hockt und nach Lösungen sucht.“
Der gebürtige Berliner, Jahrgang 1954, hat auch gegen Widerstände und trotz beruflicher Abwege immer wieder zu seinem Lebensthema zurückgefunden. Schon in der DDR, als aus dem begehrten Studium der Elektrotechnik nichts wurde, und es ihn stattdessen an den Fachbereich Technische Kybernetik in Leipzig verschlug. Mit dieser Ausbildung hätte er Betriebsanlagen in der chemischen Industrie projektieren können. „Was man lernt, macht man später sowieso nicht“, tröstete ihn sein Vater.
Vor dem Studium hatte Feierabend eine Lehre im Werk für Fernsehelektronik in Schöneweide absolviert, einem legendären Betrieb. In den sechziger Jahren wurde hier bereits an Leuchtdioden und Flüssigkeitssymbolanzeigen gearbeitet. Am Berliner Institut für Nachrichtentechnik wirkte der junge Ingenieur später daran mit, die Geheimnisse einer Schaltkreisserie amerikanischer Herkunft zu enträtseln. Diese Untersuchungen trugen dazu bei, die Grundlagen einer DDR-eigenen Computerproduktion zu entwickeln.
In Adlershof arbeitete er seit 1988 an Messverfahren, um optische Oberflächen, etwa Spiegel, auf Ebenmäßigkeit hin zu überprüfen. Auf dem Akademie- und Fernsehgelände waren damals 5.500 Menschen beschäftigt. Feierabend erinnert sich auch an die Zeit Mitte der Neunziger, als die Zahl auf 3.000 geschrumpft war. Was heute daraus geworden ist: „Das ist eine Sache, die ich sehr würdigen möchte.“
Den Besucher empfängt Feierabend in der Volmerstraße im Haus der Firma GFaI, der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik, wo er seit 2003 tätig ist. Lange Jahre im Vertrieb, mittlerweile als Projektmanager: „Ich beschäftige mich wieder mit Entwicklungsaufgaben.“ Derzeit an einem akustischen Richtungssensor. Im Verein Deutscher Ingenieure (VDI) leitet er den Arbeitskreis Akustik, Schwingungen, Schallschutz. Ein Leben voller Tatendrang – und so ein Nachname?
Es gibt eine Familienanekdote. Der Urgroßvater arbeitete in einer Maschinenfabrik. Eines Tages wollte der Chef ihn sprechen, trat aus seinem verglasten Büro und brüllte: „Feierabend!“ Woraufhin sich in Windeseile die Werkshalle leerte: „Wenn der später noch mal was von meinem Urgroßvater wollte, ist er hingegangen.“
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal