Zügige Trägheitsmessung
Die Firma Resonic ermittelt hochpräzise die Masseneigenschaften von Motoren, Satelliten, Autos
Die junge Adlershofer Firma Resonic hat ein einzigartiges Verfahren entwickelt, mit dem sich auf denkbar einfache Weise hochpräzise die Masseneigenschaften von Motoren, Satelliten, Autos und vielem mehr ermitteln lassen. Ein Werkstattbesuch.
Sanft schwingt das rund 1.500 Kilogramm schwere Auto hin und her. Kraftsensoren registrieren exakt, wie sich der schneeweiße Porsche Carrera bewegt. Sie senden wichtige Schwingungssignale an das Notebook eines Messingenieurs, auf dem sich verschiedenfarbig zackige Kurven zeigen, die unter anderem über Masse und Schwerpunkt des Sportwagens Auskunft geben. „Gemessen werden fünf Eigenfrequenzen der freien Starrkörperschwingungen“, erklärt Oliver Kolakowski, verantwortlich für Messdienstleistungen bei der Resonic GmbH. Daraus berechnen Algorithmen nach nur wenigen Sekunden die Schwerpunktlage und sämtliche Trägheitsmomente. Genauer: Was die Forscher interessiert, ist der sogenannte Trägheitstensor. Daraus lässt sich ableiten, wie man beispielsweise ein Auto vibrationsärmer auslegen und sein Fahrverhalten verbessern kann.
Bisher konnte das nur mit deutlich aufwendigeren und fehleranfälligen Verfahren bestimmt werden. Der Charme der patentierten Resonic-Lösung ist, dass sie eben nicht zeit- und geldraubend ist. Und: „Mit unserem System können wir praktisch das dynamische Verhalten von allen Objekten messen, die sich frei im Raum bewegen“, sagt Kolakowski. Mit der mobil einsetzbaren Lösung wurden bereits die Trägheitseigenschaften vom Golfschläger über Schiffsmodelle bis zu einer LKW-Kabine bestimmt.
Was für Laien erstmal recht abstrakt klingt, hat großen praktischen Nutzen: Autohersteller können so das Fahrverhalten optimieren oder auch störende Schwingungen des Motors eliminieren, die sich als Brummgeräusche in den Innenraum übertragen würden. Sogar die Antischleuderhilfe ESP lässt sich auf diesem Weg präzise an verschiedene Fahrzeugtypen anpassen, so dass im Grunde kein Elchtest mehr nötig ist. Exakte dynamische Modelle, wie sie Resonic ermöglicht, sind zunehmend auch in der Raumfahrt gefragt: Um einen Satelliten genau und zugleich energiesparend zu steuern, sollte man seinen Schwerpunkt und seine Trägheitsmomente kennen, damit er nicht ins Trudeln oder Rotieren gerät. „Das zu ermitteln muss mitunter schnell und dennoch äußerst präzise geschehen“, sagt Kolakowski und berichtet von einem Auftrag, bei dem die Adlershofer Firma nur zwei Tage vor dem Start ins All ein Modul einer Raumsonde im Reinraum durchgemessen hat.
Das genial einfache Verfahren hat Robert Klöpper ersonnen, Mitgründer und Geschäftsführer der Resonic GmbH. Geforscht und promoviert hat der Maschinenbauer am Tokyo Institute of Technology in den Bereichen Strukturdynamik, Systemidentifikation und Messtechnik. Vorher studierte er an der Universität Karlsruhe und der französischen Grande École ENSAM, wo er als Jahrgangsbester des Jahres 2006 ausgezeichnet wurde.
Einer akademischen Laufbahn hätte nichts im Weg gestanden, doch Klöpper wollte selbst seine Idee in die Tat umsetzen. Also gründete er vor fünf Jahren nach langjähriger Forschungsarbeit als Spin-off des Tokyo Institute of Technology und der TU Berlin die Firma. Erklärtes Ziel ist, im Bereich von Massenträgheitsmessungen Marktführer zu werden. Und tatsächlich schätzen schon jetzt Automobilhersteller, Teams aus dem Motorsport sowie Kunden aus Luft- und Raumfahrt das einzigartige Messsystem. So realisieren unter anderem verschiedene japanische Fahrzeughersteller regelmäßig anspruchsvolle Trägheitsmessungen mit der Technik aus Adlershof. Auch ein süddeutscher Automobilbauer verfügt über eine Resonic-Maschine und nutzt diese intensiv. Und bei Volkswagen, die zwei Systeme gekauft haben, lobt man, dass durch das zügige Messverfahren „rare Prototypen schnell wieder für andere Tests zur Verfügung stehen“ – ein wertvoller Zeitgewinn.
Von Chris Löwer für Adlershof Journal