Wann wird der Akku müde?
Adlershofer Forschungsteam entwickelt zuverlässige Methode für Lithium-Ionen-Akkus
Dalia Morcillo drückt Knöpfe. Es leuchtet und quietscht im Labor der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Adlershof. Der schmale Raum ist prall gefüllt mit Apparaten und Messgeräten. Die Forscherin beschäftigt sich im Rahmen ihrer Promotionsarbeit mit dem Alkalimetall, das mittlerweile in fast allen Batterien und Akkus zu finden ist: Lithium.
„Das sind eine Xenonlampe, ein Graphitofen und ein Absorptionsspektrometer“, sagt Morcillo. Sie zeigt auf eine kleine Lampe, deren greller Strahl ein schmales Rohr durchdringt, dem zerkleinertes Lithium zugeführt wird. Das Pulver wird verflüssigt und spektroskopiert. „Die Isotope Lithium-6 und Lithium-7 haben unterschiedliche Energieniveaus, die sich jedoch überlappen.“ Die Wissenschaftlerin zeigt auf ein Poster an der Wand, das mit witzigen Figuren fast wie ein Comic wirkt. Die frisch geladene Lithiumbatterie wird als rasanter Skatebordfahrer und der entladene Akku als Greis mit Krücke dargestellt. „Ich habe für das Poster schon einige Preise bei internationalen Kolloquien gewonnen“, erzählt die Mitarbeiterin des Fachbereichs Anorganische Referenzmaterialien lachend.
So locker das Design, so wichtig das Thema. Da Lithium-Ionen-Akkus bei kompakter Bauweise sehr hohe Energiedichten aufweisen, werden sie in Smartphones, Tabletts oder Digitalkameras ebenso gerne eingesetzt wie in Elektrofahrzeugen. Doch auch Lithium-Batterien altern nach vielen Ladungszyklen. Da ist es gut, rechtzeitig zu erkennen, ab wann ein zuverlässiger Betrieb nicht mehr möglich ist.
Um dies beantworten zu können, hat Dalia Morcillo die Vorgänge auf atomarer Ebene untersucht. Beim Laden oder Entladen der Batterie wandern die Lithium-Ionen zwischen den Elektroden hin und her und lagern sich in deren gitterartigen Strukturen ein. Wie die Forscherin mit Untersuchungen am Elektronenspeicherring BESSY II zeigen konnte, entstehen allmählich winzige Brüche und Risse an den Elektroden. Das leichtere Lithium-6 gelangt noch ganz gut in die Hohlräume der Elektroden. Das schwere Lithium-7 häuft sich dagegen außen an, seine Mobilität verringert sich. Die Leistung des Akkus sinkt, er muss in immer kürzeren Abständen aufgeladen werden.
Um plötzliche Ausfälle zu verhindern, wäre es nützlich, rechtzeitig die aktuelle Fitness des Akkus zu erkennen. Dabei kommt dem BAM-Team unter Leitung des Chemikers Carlos Abad der Umstand zugute, dass die Spektren für die Verteilung der Isotope charakteristisch sind. Denn die Isotope absorbieren das Licht in unterschiedlichen Wellenlängen. Allerdings sind die Unterschiede sehr gering. „Sie gleichen einander wie die Gesichter von sehr eng miteinander verwandten Personen“, erklärt Morcillo. Das brachte das Team auf die Idee, für die Auswertung Algorithmen aus der Gesichtserkennung zu verwenden. Dazu musste das Messgerät zuerst trainiert werden, was mit Mischungen von Lithium-Isotopen, deren Verhältnis bekannt war, gelang.
Das ist ein großer Erfolg für das Team, denn bisher war es fast unmöglich, eine zuverlässige Aussage über den aktuellen Zustand von Akkus zu treffen. „Damit können wir Unternehmen eine schnellere und kostengünstige Methode zur Verfügung stellen, um das Alterungsverhalten von Lithium-Ionen-Akkus schon im Labor einschätzen und bewerten zu können“, sagt Morcillo. Sie hat in Madrid Chemie und Ingenieurwesen studiert, bevor sie in München die Masterprüfung ablegte und anschließend einige Jahre in der Automobilindustrie tätig war. „Ich interessierte mich dort hauptsächlich für neue Technologien für Elektroautos oder Lithium-Ionen-Batterien.“ In Adlershof begeistern sie die vielen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen, etwa dem California Institute of Technology (Caltech). In Berlin genießt Morcillo besonders die vielfältigen kulturellen Angebote.
Dr. Paul Janositz für Adlershof Journal