Vier von zehn "Physik-Studien-Preise 2004" gehen an HU-Absolventen
Besondere Studienleistungen gewürdigt
Erstmals verleiht die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung in diesem Jahr den mit jeweils 1.500 € dotierten "Physik-Studienpreis" an zehn hervorragende Diplomphysiker/innen der Berliner Universitäten und der Universität Potsdam. Der Preis würdigt besondere Studienleistungen und berücksichtigt eine Studiendauer von max. zehn Semestern, einschließlich Diplomarbeit, und Gesamtnoten von mind. "Gut". Die feierliche Preisverleihung findet am 8. Juli 2004 um 17 Uhr im Magnushaus, Am Kupfergraben 7, in Berlin-Mitte statt.
Vier der zehn Preisträger sind Absolventen der Humboldt-Universität zu Berlin:
1. Dipl. Phys. Stefan Hilbert
Stefan Hilbert hat am Lehrstuhl Festkörpertheorie eine Diplomarbeit zum Thema "Der Einfluss von Unordnung auf den Magnetismus verdünnter Spinsysteme" geschrieben. Die Thematik ist dem modernen Gebiet der "Spin-Elektronik" zuzuordnen, das durch simultane Ausnutzung von Elektronenspin und Elektronenladung in ferromagnetischen Halbleitern die Informationstechnologie der Zukunft dominieren könnte. Dazu werden magnetische Fremdionen in Standard-Halbleiter implementiert, und zwar so, dass das System ferromagnetisch wird, ohne seine guten Halbleitereigenschaften zu verlieren. Eine ganz zentrale Frage ist dabei, wie sich die Unordnung der statistisch verteilten Momente auf die Stabilität des Ferromagnetismus auswirkt. Dazu hat Stefan Hilbert in seiner exzellenten Diplomarbeit wichtige Aussagen machen können. Er beabsichtigt nun, auf demselben Gebiet seine Doktorarbeit anzufertigen.
2. Dipl. Phys. Jan Kretzschmar
Jan Kretzschmar hat seine Diplomarbeit in der H1-Gruppe in DESY Zeuthen angefertigt. Mit dem H1-Experiment wird im Rahmen einer internationalen Kollaboration am HERA-Speicherring in Hamburg die Streuung hochenergetischer Elektronen an Protonen untersucht.
Ein von der Zeuthener Gruppe entwickelten Silizium-Detektor wurde von Jan Kretzschmar in das komplexe Datennahmesystem des Experimentes integriert, eine hardware-nahe, objektorientierte Steuerungs-Software entwickelt, und schließlich hat er damit erste Messungen durchgeführt.
Die neue Detektorkomponente soll die Vermessung der Struktur der Protonen, die aus Quarks und Gluonen bestehen, auf der kleinsten heute zugänglichen Längenskala (~ 10^-18 m) weiter verbessern.
3. Dipl. Phys. Reinhard Otto
Die hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie (HRTEM) ist ein wichtiges festkörperanalytisches Verfahren, welches Informationen über den atomaren Aufbau, den Verspannungszustand und die chemische Zusammensetzung der zu untersuchenden Probe liefert. Diese Information kann jedoch nur mit Hilfe aufwendiger Verfahren der Bildanalyse gewonnen werden. Reinhard Otto hat in seiner Diplomarbeit wichtige Verfahren der quantitativen Hochauflösungselektronenmikroskopie (qHRTEM) analysiert und ihre Anwendbarkeit zur Untersuchung von nanostrukturierten Halbleitermaterialien getestet. Dabei hat er beachtliche wissenschaftliche Ergebnisse erzielt, die weit über den Rahmen einer Diplomarbeit hinausgehen. Diese Ergebnisse wurden bereits auf internationalen Tagungen präsentiert und in renommierten internationalen Zeitschriften publiziert. In seiner Diplomarbeit konnte Reinhard Otto nachweisen, unter welchen Bedingungen sich Verspannungsfelder und Konzentrationsprofile in atomarer Auflösung von (Si,Ge)-Inselstrukturen und (Ga,Sb)As-Quantenpunkten bestimmen lassen. Diese Ergebnisse tragen wesentlich zum Verständnis der physikalischen Eigenschaften derartiger Nanostrukturen bei. Der Physiker setzt seine Arbeiten als Promotionsstudent im Sonderforschungsbereich (SFB 296) "Wachstumskorrelierte Eigenschaften niederdimensionaler Halbleiterstrukturen" in der Arbeitsgruppe "Kristallographie" von Prof. Dr. Wolfgang Neumann am Institut für Physik fort.
4. Dipl. Phys. Stephan Wethekam
Die Neutralisation von He-Ionen vor einer Aluminum-Oberfläche wurde von Stephan Wethekam in seiner Diplomarbeit untersucht. Sie kann wegen der hohen Bindungsenergie des He-Atoms nur über den "Auger-Effekt" ablaufen. Bei der theoretischen Beschreibung dieses für das generelle Verständnis atomarer Wechselwirkungen an Oberflächen wichtigen Prozesses ergaben sich ausgeprägte Diskrepanzen mit den experimentellen Daten, die über die letzten Jahrzehnte analysiert wurden. Stephan Wethekam konnte durch den erstmaligen Nachweis von Ionen, die die Streuung mit dem Festkörper überleben, einen essentiellen Beitrag zur Lösung dieser Kontroverse liefern. Seine Messungen zeigen, dass unter diesen Bedingungen theoretische Übergangsraten in Übereinstimmung mit dem Experiment sind.
Seine Arbeiten wurden unter anderem bei Physical Review Letters publiziert und werden von ihm in einem Vortrag auf einer internationalen Tagung in Genua in der Woche der Preisverleihung vorgestellt.
Stephan Wethekam setzt im Rahmen einer Promotion seine Arbeiten in der Arbeitsgruppe "Physik der Grenzflächen und dünnen Schichten" von Prof. Dr. Helmut Winter am Institut für Physik fort.
Informationen über die Stiftung: Telefon (06181) 92 32 50
Informationen zu den Preisträgern:
Prof. Dr. Rolf Köhler
Institut für Physik
Telefon: 2093 4818, Fax -7760
WWW: www.we-heraeus-stiftung.de
E-Mail: roe(at)physik.hu-berlin.de