So kommt das Internet auf's Autoradio
Dank Siemens und Fraunhofer FIRST
In Zukunft werden Autofahrer Informationen aus dem Internet bequem in „normaler Sprache“ abfragen können. Möglich macht das eine neue Technik, die aus Internet-Informationen automatisch Sprachanwendungen generiert und per Radiosignal ins Auto überträgt.
Manchmal ist der Wurm drin. Da fährt man an mehreren Tankstellen mit günstigem Benzin vorbei und hält schließlich – kurz bevor der Tank leer ist – an einer Zapfsäule, wo der Liter ganze fünf Cent teurer ist. Pech gehabt, sagt man sich heutzutage und greift zum Benzinschlauch. Doch damit könnte in Zukunft Schluss sein. Der Autofahrer von morgen wird sein Autoradio befragen, wo es das günstigste Benzin auf der Reiseroute gibt. Diese Vorstellung erscheint visionär, könnte aber eines Tages Realität sein. SmartWeb-KFZ heißt das neue mobile Informationssystem, das sich mit dem Menschen im freien Dialog unterhalten kann.
Während der Fahrt trägt das System aus dem Internet alle Informationen zusammen, die für einen Autofahrer relevant sein könnten. Will er nun wissen, welche Tankstelle in Dortmund die günstigsten Benzinpreise anbietet oder wie viele Tore Schalke 04 geschossen hat, so kann er dies mit SmartWeb-KFZ via Spracheingabe von dem Informationssystem erfahren. Was simpel klingt, bedarf einer ganzen Zahl ausgefeilter Technologien, die zu einem funktionstüchtigen Ganzen verknüpft werden müssen.
Experten aus dem Siemens-Bereich Corporate Technology (CT) in München und Ingenieure vom Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik (FIRST) in Berlin arbeiten an dem neuen System. Auf der Computermesse CeBIT in Hannover wird vom 9. bis 15. März in Halle 9 auf dem Mensch-Technik-Interaktionsstand A44 des BMBF erstmals der KFZ Prototyp des Projekts SmartWeb der Öffentlichkeit präsentiert. In dem vom Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) geförderten Projekt SmartWeb arbeiten 15 Partner aus Industrie und Forschung unter der Leitung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) an der Nutzung des Semantic Webs.
Das KFZ-System gliedert sich in drei wesentliche Bereiche: Zum einen ist dies die Analyse von Daten aus dem Internet und deren automatische Verarbeitung zu Sprachdialogsystemen. Dahinter verbirgt sich eine Software, die sowohl in der Lage ist, einzelne Informationen zu Sätzen zu verknüpfen, als auch gesprochene Sätze in semantische Einheiten zu zerlegen und so zu verstehen. Auf diese Weise sind natürliche Dialoge zwischen Mensch und Maschine möglich. Es entfällt die Notwendigkeit, sich bei Spracheingaben an ein vorgegebenes Menü zu halten. Der zweite Bereich deckt die Übermittlung dieser Informationen per Radiosignal mittels des digitalen Übertragungsstandards „Digital Multimedia Broadcasting“ (DMB) in das Auto ab. Und der dritte Schritt im gesamten Prozess ist die Interaktion zwischen dem Fahrer und dem Gerät im Auto.
Die Münchener Forscher verwenden für die Erzeugung der Sprachdialogsysteme so genannte „Crawler“. Derartige Programme fahnden im Internet gezielt nach bestimmten Informationen auf Websites.
Entscheidend für SmartWeb-KFZ sind Informationen in Tabellenform – das können Bundesliga-Listen oder Tabellen mit den preisgünstigsten Tankstellen sein. Hat das System eine relevante Tabelle gefunden, dann erzeugt es daraus automatisch eine Sprachdialoganwendung. Hierfür greift das Programm auf ein phonetisches Lexikon zurück sowie auf ein Sprachmodell, das automatisch aus den Inhalten erzeugt wird, die es zuvor aus dem Internet zusammengetragen hat.
Die Übertragung der Sprachdialoganwendung erfolgt nicht mit klassischen analogen Radiosignalen, sondern mit dem neuen digitalen DMB-Standard, an dessen Erprobung und Erweiterung das Fraunhofer FIRST maßgeblich beteiligt ist.
Eine klassische Suchmaschine, wie man sie ähnlich vom heimischen Rechner kennt, ist SmartWeb-KFZ nicht. Der Nutzer richtet sich nicht mit beliebigen Fragen an den Bordcomputer in seinem Auto. „Zukünftig können Radiostationen mit SmartWeb-KFZ-Technik neben den üblichen Verkehrsnachrichten Sprachdialoganwendungen übertragen – beispielsweise zu Verkehrskontrollen oder Benzinpreisen in der Region“, betonte Dr. Hans Ulrich Block, bei CT Kompetenzfeldleiter „Natural Language Understanding“. Wie das funktioniert, zeigt der SmartWeb-KFZ-Demonstrator auf der CeBIT. Sobald das Auto den SmartWeb-Empfangsbereich eines Radiosenders erreicht, erscheint auf der grafischen Oberfläche des Metadialogmanagers ein Internetsymbol. Will der Fahrer die Information abrufen, berührt er den Bildschirm oder spricht das Wort „Internet-Information“ aus. Auf dem Bildschirm erscheint ein Informationsmenü mit all jenen Menüpunkten, die die Radiostation über digitale Rundfunktechnik anbietet. Wählt der Fahrer einen Unterpunkt, kann er per Spracheingabe die gespeicherte Information aus dem Bordgerät abrufen – „Welcher Fußballspieler hat in der laufenden Saison die meisten Tore geschossen?“ oder „Wo befindet sich in Dortmund die billigste Tankstelle?“. Die Dialogmaschine von Siemens antwortet mit vollständigen Sätzen. Bei SmartWeb-KFZ greift das einzelne Bordgerät also nicht bei jeder Nachfrage direkt auf das Internet zu. Es lädt vielmehr die im zentralen Server des Radiosenders gespeicherte Internet-Information einmal herunter und aktualisiert diese hin und wieder. Der Sprachdialog findet somit zwischen Fahrer und Bordgerät statt. Der Vorteil: Der Autofahrer erhält aktuelle, im Internet recherchierte Information, ohne kostenpflichtige Mobilfunk-Verbindungen nutzen zu müssen.
Was das System darüber hinaus auszeichnet, ist die Möglichkeit, auch Videodaten auf den Bildschirm zu holen. Künftig sollen Mitfahrer beispielsweise im Menüpunkt „Fernsehprogramm“ stöbern und aktuell ausgestrahlte Sendungen sehen können. Während der CeBIT werden Besucher am Demonstrator zwischen zwei Programmen wählen können.
Friedrich Schön, Abteilungsleiter Eingebettete Systeme beim Fraunhofer FIRST, erklärt: „Wir können durch den neuen DMB-Standard verschiedene Informationen, wie Verkehrsmeldungen, elektronische Zeitungen und Videos übertragen. Mit der SmartWeb-Technologie gelingt es nun, die Daten intelligent zu verknüpfen. Der Fahrer kann die Information dann per Nachfrage einfach aus seinem Bordgerät abfragen.“ Block geht davon aus, dass die SmartWeb-Technologie im Auto in ungefähr zehn Jahren marktreif sein wird. Dem Fahrer wird das ein entspanntes Reisen bescheren – präzise Information zur Gegend, die er gerade durchfährt oder Neues aus der Welt des Sports im lockeren Gespräch mit dem Bordgerät.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Pressereferat Fraunhofer FIRST
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Tel.: (030) 6392 - 1823
mirjam.kaplow(at)first.fraunhofer.de
Pressereferat Siemens Corporate Technology
Guido Weber, 81730 München
Tel.: (089) 636 - 49030
Quelle: Gemeinsame Pressemeldung von Siemens und Fraunhofer FIRST
Auf der CeBIT, Halle 9, Stand A 44