SMS an den Kühlschrank
Ingenieurpsychologe untersucht Akzeptanz des intelligenten Kühlschranks
Im Supermarkt in zehn Jahren: Sie sind gerade dabei, für das Wochenende einzukaufen. Besuch hat sich angekündigt, den sie mit einem Braten beeindrucken wollen. Sie haben alle Zutaten zusammen, Soßenbinder müssten Sie eigentlich noch zu Hause haben. Oder? Was tun? Sie schicken eine SMS an Ihren Kühlschrank. Kurz darauf die Antwort: "Es sind noch 150g Soßenbinder vorhanden." Diese und weitere Funktionen könnte der intelligente Kühlschrank in der Zukunft seinen Nutzern bieten. Technisch geschieht das durch Funketiketten auf Produkten, die schon bald die herkömmlichen Strichcodes ersetzen werden. Diese können drahtlos abgefragt werden. Die so genannten RFID-Chips werden heute schon an Produktpaletten in der Logistik eingesetzt, erste Feldversuche auf einzelnen Produkten werden z. B. von der Metro AG in Deutschland durchgeführt. Zusammen mit Gewichtssensoren kann der Kühlschrank dann genau erfassen, von welchem Produkt wie viel im Haushalt vorhanden ist. Das ermöglicht eine Vielzahl von automatischen Funktionen. Beispielsweise könnte der Kühlschrank auf Basis der Lebensmittel, die noch im Haushalt vorhanden sind, Rezepte vorschlagen.
Kochen, was der Kühlschrank vorschlägt
In einem Forschungsprojekt in Zusammenarbeit der Lehrstühle für Ingenieurpsychologie und Wirtschaftsinformatik der HU Berlin geht der Doktorand Matthias Rothensee der Frage nach der Akzeptanz solcher Funktionen auf den Grund: "Wir wollen herauszufinden, welche Funktionen vom Nutzer gewünscht werden und welche nicht sowie welche Rolle die Kontrolle über den Kühlschrank beim Nutzer spielt.“ Unklar ist, inwiefern Nutzer es z. B. zulassen, dass das Gerät für sie Lebensmittel automatisch nachkauft. "Im Jahr 2006 haben wir mehrere Umfragen durchgeführt, um zu erfahren, wie verschiedene intelligente Systeme eingeschätzt werden. Beim aktuellen Projekt geht es darum, einmal über die Befragung des Nutzers hinauszugehen und sein tatsächliches Verhalten in die Analyse mit einzubeziehen."
Verbrauchsdatum immer im Blick
Zu diesem Zweck wurde eine Simulation programmiert, die die verschiedenen Assistenzfunktionen ausführt: Teilnehmer der Studie interagieren im Zeitraffer mit dem System. Sie geben an, was sie zu welcher Mahlzeit essen und trinken wollen und gehen in einem virtuellen Supermarkt einkaufen. Der Kühlschrank wertet die Mahlzeiten aus, gibt Informationen über Gesundheit und Preis der jeweiligen Mahlzeit, schlägt Rezepte vor und kauft automatisch nach. Das Experiment wurde im letzten Sommersemester mit 140 Teilnehmern in Adlershof durchgeführt und wird derzeit ausgewertet. Erste Ergebnisse zeigen, dass Nutzer die Funktionen des intelligenten Kühlschranks durchaus unterschiedlich bewerten: "Wenn der Kühlschrank sie daran erinnert, dass das Gemüse bald überlagert ist, finden sie das gut. Einen Rezeptplaner für das Wochenende wollen die meisten Teilnehmer aber lieber nicht benutzen.", erklärt Rothensee. Während für die Einen Gesundheits- und Ernährungsinformationen im Vordergrund stehen, will eine andere Gruppe vor allem vom Nachkauf alltäglicher Lebensmittel befreit werden. Insgesamt wird der Kühlschrank positiv beurteilt. Und, nichts geht ohne Probieren: Wer das System einmal benutzt hat, bewertet es anders, als jemand, der nur eine Beschreibung seiner Funktionen gelesen hat.
Industrie noch zurückhaltend
Die Ergebnisse der Studie werden in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht, das Interesse seitens der Industrie hält sich dagegen in Grenzen. "Die Entwicklungsabteilungen der deutschen Kühlschrankhersteller halten sich bei Kooperationen bislang zurück. Mit unseren Konzepten sind wir der gegenwärtigen Entwicklung offensichtlich noch zu weit voraus." Dass die Technologie kommen wird, davon ist Matthias Rothensee überzeugt: "Es kommt nur darauf an, dass man damit Systeme erstellt, die dem Menschen einen überzeugenden Nutzen bieten und seinen Alltag erleichtern."
Kontakt:
Matthias Rothensee
Tel.: 0177 / 237 04 87
E-Mail: rothensee(at)wiwi.hu-berlin.de