skills4chips – Talentschmiede für eine Zukunftsbranche
Die Microtec Academy soll zu einer nationalen Bildungsakademie für Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik ausgebaut werden
Die Mikroelektronik ist längst nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. In unzähligen der kleinen und großen Alltagshelfer schlägt ein Herz aus Silizium und anderen Halbleitern. Und auch wenn Deutschland bei Leistungs- und Optoelektronik, bei Sensorik oder bei Sicherheitsmikrocontrollern ganz vorne mitspielt, kommen die allermeisten Chips heute aus Fernost. Das will die Europäische Union (EU) dringend ändern.
„Mit dem Chips-Act will die EU ihren Marktanteil an der weltweiten Chipproduktion spürbar erhöhen, folglich sollen auch die hiesigen Produktionskapazitäten für Halbleiter ausgebaut werden“, erklärt Anja Quednau vom Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). „Doch das funktioniert nicht ohne Fachkräfte“, sagt sie. „Deshalb hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das skills4chips-Projekt ins Leben gerufen.“ Ziel des bundesweiten Leitprojekts sei es, die bestehenden lokalen und regionalen Initiativen zu bündeln, die sich um das Thema Fachkräfte für die Mikroelektronik kümmern. Hinzu kommen neue Angebote, die ganz auf den Bedarf von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in diesem Bereich zugeschnitten sind. Das FBH in Adlershof hält dabei als Projektkoordinator die Fäden in der Hand.
„Wir hatten in den letzten vier Jahren ein Vorgängerprojekt, das sich um attraktive berufliche Bildung in der Mikro- und Nanotechnologie gekümmert hat“, erzählt die Projektleiterin. „Ziel war es, einerseits mehr junge Leute für die Ausbildung zu begeistern und andererseits, die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Branche noch besser zu machen.“ Der Erfolg konnte sich sehen lassen. Es entstand ein bundesweites Kooperationsnetzwerk – die Microtec Academy –, die fast 2.000 Menschen in einer Aus-, Weiter- oder Aufstiegsfortbildung qualifiziert hat. Darauf baut skills4chips nun auf, denkt dabei aber sehr viel größer. Die Microtec Academy soll zu einer nationalen Bildungsakademie für Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik ausgebaut werden und schließt neben der beruflichen nun auch die akademische Ausbildung mit ein – vom Bachelor und Master bis hin zu hoch spezialisierten Weiterbildungen auf akademischem Niveau.
Das skills4chips-Projekt ist im November 2024 gestartet und soll vier Jahre laufen. Dafür wird es vom BMBF mit 12,1 Millionen Euro gefördert. Neben dem FBH gehören das Regionale Berufsbildungszentrum des Kreises Steinburg (RBZ), das Kompetenz- und Kooperationsnetzwerk microTEC Südwest, der IVAM-Fachverband für Mikrotechnik, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, die Technische Universität Braunschweig und die Hochschule Kaiserslautern zu den Verbundpartnern. Unterstützt werden sie durch ihre Netzwerkpartner: den Branchenverband Silicon Saxony, das Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP), das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB) sowie das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS).
Zu den großen Herausforderungen, vor denen die Initiative steht, zählt die Sichtbarkeit der Mikroelektronikbranche als Arbeitgeber. „Natürlich stecken Mikrochips zu Milliarden in unseren Alltagsgeräten wie zum Beispiel Smartphones. Aber die sind so winzig, dass sie von den meisten Menschen nicht wahrgenommen werden“, sagt Anja Quednau. „Und das überträgt sich leider auch auf die Sichtbarkeit der Mikroelektronikberufe in der Gesellschaft.“ Die Ausbildung bundesweit zu koordinieren und gleichzeitig sowohl attraktiver als auch bekannter zu machen, ist deshalb eine zentrale Aufgabe von skills4chips.
Und hier kommt wieder die Microtec Academy ins Spiel, die als One-Stop-Shop für Qualifizierungen in der Mikroelektronik etabliert werden soll. Über eine moderne Lernplattform machen verschiedene Anbieter ihre Angebote online oder in Präsenz zugänglich. Praktische Kurse in Laboren und Reinräumen spielen dabei eine große Rolle, weil die Mikro- und Nanotechnologie auf Hightech-Anlagen angewiesen ist. Für eine umfassende Aus- und Weiterbildung ist die Arbeit an diesen essenziell. Aber nicht jedes Unternehmen, jede Berufsschule oder jede Universität hat all diese Anlagen vor Ort. „Deshalb gehört es zu unserem Projekt, bundesweit zugängliche Kurse an den wenigen zentralen Ausbildungsstätten zu organisieren“, erzählt Anja Quednau. Gleichzeitig würde aber schon am nächsten Level der Ausbildung gearbeitet. „Ein großes Projekt ist auch die Entwicklung eines virtuellen Technologielabors“, verrät sie. „Damit lassen sich die modernsten Anlagen und Reinräume in der virtuellen Realität erkunden. Die künftigen Mikrotechnologen können also ihr Know-how aufbauen, ohne in die laufende Produktion einzugreifen.“
Kai Dürfeld für Adlershof Journal