Raumsonde Hera fotografiert Mars im Vorbeiflug
Die ESA-Mission ist auf dem Weg zum Asteroidensystem Didymos

Die ESA-Raumsonde Hera absolvierte am 12. März 2025 einen Vorbeiflug am Mars. Dieser Meilenstein markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Asteroidensystem Didymos, wo es neue Erkenntnisse für die Entwicklung zuverlässiger Methoden zur Asteroidenabwehr zu gewinnen gilt. Während des Vorbeiflugs (Swing-by) nutzt Hera die Schwerkraft des Mars, um ihre Flugbahn zu optimieren. Die engste Annäherung an den Mars erfolgte in einer Entfernung von etwa 5.000 Kilometer. Vom Marsmond Deimos trennten die Raumsonde dabei sogar nur rund 1.000 Kilometer. Diese Nähe ermöglichte es, detaillierte Bilder des Roten Planeten und des kleineren der beiden Marsmonde aus einer neuen Perspektive aufzunehmen. Eingesetzt wird dazu das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wissenschaftlich betreute Kamerasystem AFC (Asteroid Framing Camera) von Jena-Optronik. Die neu gewonnenen Daten dienen nicht nur der wissenschaftlichen Untersuchung von Deimos, sondern gleichzeitig der Kalibrierung der wissenschaftlichen Instrumente von Hera für ihre eigentliche Mission im Didymos-System.
Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR koordiniert die deutschen Beiträge zur Mission Hera mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Das DLR-Institut für Planetenforschung ist mit Dr. Jean-Baptiste Vincent als Principal Investigator (PI) für das Kamerasystem AFC an Hera beteiligt. Außerdem übernimmt das Berliner Institut die Co-Leitung der Arbeitsgruppe Datenanalyse. Das System ist redundant ausgelegt, das heißt an Bord von Hera sind zwei baugleiche Kameras. Diese entwickelte Jena-Optronik und die Europäische Weltraumraumorganisation ESA betreibt sie in enger Abstimmung mit dem DLR. Die AFC nimmt monochromatische, also schwarz-weiße Bilder im sichtbaren Lichtspektrum auf und wird neben der wissenschaftlichen Arbeit auch für die Navigation der Raumsonde eingesetzt.
Die Aufgaben der DLR-Planetenforschung umfassen die Planung der wissenschaftlichen Beobachtungen, die Kalibrierung im Flug, die Erstellung von Datenprodukten wie zum Beispiel topographische Modelle der Asteroidengestalt oder Karten – sowie die wissenschaftliche Auswertung.
Die Raumsonde Hera setzte während des Vorbeiflugs neben den Asteroid Framing Cameras zwei weitere Kamerasysteme ein:
- das visuelle Nahinfrarot-Spektrometer HyperScout-H, das in 25 sichtbaren und nahen infraroten Spektralbändern arbeitet, um die Zusammensetzung der Mineralien zu charakterisieren sowie
- den Thermal Infrared Imager (TIRI) der japanischen Weltraumagentur JAXA, der Bilder im mittleren Infrarotbereich aufnimmt, um die Oberflächentemperatur zu erfassen und dabei physikalische Eigenschaften wie Rauheit, Partikelgrößenverteilung und Porosität zu erkennen.
Wie entstanden die Marsmonde? Mit der Mission MMX den Antworten auf der Spur
Deimos ist mit einer Umlaufbahn von etwa 23.400 Kilometer über der Marsoberfläche der entferntere und kleinere der beiden Marsmonde. Der „klumpenförmige“ Körper hat einen Durchmesser von etwa zwölf Kilometer und weist eine sehr dunkle Oberfläche auf.
Die Entstehung der Marsmonde ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Während Spektraldaten der Oberflächen, die an Asteroiden erinnern, zu der Theorie geführt haben, es wären eingefangene Asteroiden, sprechen andere Aspekte (um Beispiel die nahezu kreisrunden Bahnen, nahe der Ekliptik) eher dafür, dass die Monde nach einem gewaltigen Asteroidenimpakt entstanden sind. Generell ist ein „Asteroideneinfang“ bahndynamisch nicht ganz einfach zu erklären, warum die Impakt-Theorie zurzeit favorisiert wird.
Die Mission MMX (Martian Moons eXploration) der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) soll klären, wie die beiden Marsmonde Phobos und Deimos entstanden sind und wie der Prozess der Planetenbildung in unserem Sonnensystem insgesamt abgelaufen ist. Das DLR liefert zusammen mit der französischen Raumfahrtagentur CNES einen wesentlichen Beitrag zur Mission, indem sie den etwa 25 Kilogramm schweren Rover Idefix beisteuert. MMX wird 2026 in Richtung Marssystem aufbrechen, um voraussichtlich 2029 erstmals ein Landefahrzeug auf Phobos abzusetzen, dort Proben zu nehmen und diese 2031 zur Erde zu bringen.
Seitens des DLR sind unter der Leitung des Instituts für Robotik und Mechatronik auch die DLR-Institute für Raumfahrtsysteme, Systemleichtbau, Systemdynamik und Regelungstechnik, Optische Sensorsysteme, Planetenforschung sowie das Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) beteiligt.
Der Rover wird die geologischen, physikalischen und mineralogischen Eigenschaften der Oberfläche von Phobos untersuchen und die Mobilität bei niedriger Schwerkraft demonstrieren. Die Daten dienen auch zur Eichung der Orbiter-Messungen und werden die Landung des Explorationsmoduls unterstützen. Der Datenaustausch mit der Erde erfolgt über den Orbiter. Der Betrieb des Rovers wird von den Kontrollzentren der CNES (französische Raumfahrtagentur) in Toulouse und des DLR in Köln beim MUSC (Microgravity User Support Center) gesteuert. Auf dem Rover befinden sich: die Stereokamera NavCAM, das Radiometer miniRAD, das Raman-Spektrometer RAX und zwei Kameras, die die Interaktion der Räder mit dem Boden untersuchen (WheelCAM).
Mission Hera – europäisches Gemeinschaftsprojekt mit deutscher Technik
Hera ist die europäische Komponente des Projekts Asteroid Impact Deflection Assessment (AIDA), einem Gemeinschaftsvorhaben der europäischen Weltraumorganisation ESA und der US-amerikanischen NASA. Ziel des Projekts ist es, die Machbarkeit zu demonstrieren, die Umlaufbahn eines Asteroiden mit einem kinetischen Impaktor zu verändern. Im Juli 2021 startete die NASA die Mission DART, die am 26. September 2022 geplant und erfolgreich auf Dimorphos, dem kleineren Körper des Doppelasteroidensystems einschlug. Zur Vervollständigung des Experiments startete die ESA im Oktober 2024 die Erkundungssonde Hera, die das Didymos-Dimorphos-System 2026 erreichen und dort mindestens sechs Monate lang bleiben wird, um den Doppelasteroiden umfassend zu charakterisieren.
Deutschland ist mit 37,5 Prozent als größter Beitragszahler an der Hera-Mission beteiligt. Die Raumsonde wurde von OHB in Bremen entwickelt und gebaut. Eine neu entwickelte Antenne aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff stammt von der Firma HPS, und die beiden Asteroid Framing Cameras wurden von der Jena-Optronik GmbH geliefert. Die Technische Universität Dresden ist maßgeblich an der Entwicklung des Radarexperiments auf dem Cubesat Juventas beteiligt. Zudem ist die deutsche Forschung im Hera-Science-Team engagiert, um die gewonnenen Daten der Mission wissenschaftlich auszuwerten. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR koordiniert die deutschen Beiträge zur Mission mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Weiterführende Links
- Nachricht: „In Deutschland gebaute ESA-Raumsonde Hera nimmt erdnahe Asteroiden unter die Lupe“
- Artikel aus DLRmagazin 171: „Die Mission MMX soll das Rätsel um den Ursprung der Marsmonde lösen“ (PDF-Download)
- Missions-Special „Hera – Planetare Verteidigung gegen Asteroideneinschläge“
- Hera-Projektseite
- Missionsseite zu MMX
- DLR-Institut für Planetenforschung
Kontakt
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
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www.dlr.de/berlin
Pressemitteilung DLR vom 13.03.2025