Quantenforschung im Internet-Café
Am 14. Juni 2004 startet Fraunhofer FIRST einen Webservice, der den größten Quantencomputer der Welt simuliert und den Test von neuen Algorithmen ermöglicht.
Pressemitteilung Fraunhofer FIRST Nr. 11, 14. Juni 2004
Viele Rechenprobleme aus der physikalischen Grundlagenforschung oder der Mathematik brauchen Rechnerkapazitäten, die die Möglichkeiten heutiger Computer nach wie vor bei weitem übersteigen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Primfaktorzerlegung großer Zahlen. Quantencomputer, die die Gesetze der Quantenphysik zum Rechnen nutzen, wären „normalen“ Computern bei derart komplexen Problemen haushoch überlegen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Rechnern, deren kleinste Informationseinheiten, Bits, nur den Zustand 0 oder 1 einnehmen können, können Quantencomputer auch mit jeder beliebigen Überlagerung von 0 und 1 rechnen. Dies ermöglicht eine extreme Parallelisierung von Rechenvorgängen und eine Steigerung der Speicherkapazitäten um viele Milliarden. Bisher steckt die Entwicklung von Quantencomputern jedoch noch in den Kinderschuhen. Zum einen sind die technischen Voraussetzungen für ihre Realisierung äußerst kompliziert. Zum anderen verfügen bereits bestehende Quantencomputer nur über sehr geringe Rechenkapazitäten von etwa 7 QuBit. Es muss noch viel Forschungsarbeit geleistet werden, um Rechenoperationen effektiv in physikalische Prozesse umzusetzen. Hierbei kann ein Simulator, ähnlich wie in der Chipindustrie, ein entscheidendes Hilfsmittel sein.
Seit Montag, dem 14. Juni, bietet Fraunhofer FIRST unter www.qc.fraunhofer.de einen derartigen Quantensimulator an. Hier können Interessenten aus Forschung und Industrie sehen, wie Quantenwellen und Teilchen Informationen verarbeiten und so besser verstehen, wie Quantenprozesse funktionieren. Sie können neue Algorithmen und Verknüpfungen testen, theoretisch mögliche Quantenrechner mit denen im Experiment bereits realisierten vergleichen und dadurch neue Algorithmen für die Probleme der realen Welt fit machen. Der Simulator führt dabei vor, auf welche Art und Weise ein Quantencomputer das Rechenproblem bearbeiten würde, ob die entwickelten Algorithmen prinzipiell zum Quantenrechnen geeignet sind bzw. die gewünschten Resultate erzielen. „Der Schwerpunkt unseres Projektes liegt auf der Simulation und experimentellen Realisierung von Quantenalgorithmen, um die Unterschiede zwischen realen und idealtypischen Quantenrechnern besser zu verstehen“, sagt Projektleiter Dr. Helge Rosé. Damit soll bereits jetzt das Wissen gesammelt werden, das notwendig ist, um zukünftige Quantencomputer zu bauen. „Die Quantum Computing Community braucht nicht erst auf die nächste Generation von Quantencomputern zu warten, neue Algorithmen und Ideen können bereits heute getestet werden“, so Rosé.
Der Quantensimulator ist mit einem Standardbrowser über das Internet jederzeit und für jeden zugänglich. Hinter dem Web Interface verbirgt sich ein Linuxcluster mit einem schnellen Myrinet-Netzwerk und einem parallelen Quantensimulator. Damit können bis zu 31 QuBit, d.h. der schnellste Quantencomputer der Welt, simuliert werden.
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern die Pressesprecherin von Fraunhofer FIRST:
Mirjam Kaplow
Tel.: 030 / 63 92 - 18 08