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Das Landeslabor Berlin-Brandenburg (LLBB) verstärkt mit 380 Mitarbeitern das Analytik-Know-how in Adlershof
Sie agieren meist im Hintergrund: Analytiker. Wie wichtig ihr Geschäftsfeld inzwischen für die Zukunft der Menschheit ist, wird in fast allen Wirtschaftsfeldern sichtbar. Ob Umwelt, Medikamente, Rohstoffe, Energien und Materialien oder Lebensmittel – nirgendwo kommt man noch ohne Analysen aus. Adlershof ist mit rund 100 Firmen und Forschungsinstituten eine der ersten Adressen für Analytik. Als neuer Partner ist seit März dieses Jahres das Landeslabor Berlin-Brandenburg (LLBB) mit 380 Mitarbeitern an den Standort gezogen.
Eines vorweg: „Wir führen ausschließlich gutachterliche Tätigkeiten aus, haben keine Forschung“, erklärt der amtierende Direktor des Landeslabors Berlin-Brandenburg (LLBB), Norbert Buchholz, den Unterschied zu anderen Analytikbereichen. „Wir erstellen Befunde, Untersuchungsergebnisse, Gutachten. Wir sind eine staatliche Einrichtung, die wirtschaftlich, jedoch nicht gewinnorientiert arbeitet.“ Auftraggeber sind die Ministerien in Berlin und Brandenburg. Es gibt viel zu tun für das Labor. Da geht es um gepanschte Lebensmittel, Untersuchungen von Futter- und Düngemitteln in der Landwirtschaft, um Zusatzstoffe in Kosmetik und Tabak, um gefälschte Arzneimittel. Genauso wichtig sind Wasserproben aus Seen, Schwimmbecken, Trink- und Grundwasser, die Messung von Feinstaub und der Strahlenschutz, Gentechnik, Chemikalien, Gefahrstoffe, der Schutz vor Tierseuchen und auf den Menschen übertragbare Krankheiten.
„Unser Ziel ist, dass der Mensch gesund bleibt“, so Buchholz. Die Palette der Aufgaben ist riesengroß, die der vorgehaltenen Analyseverfahren und Laboreinrichtungen ebenso. Lebensmittelproben, der Tierseuchenbereich und die Umwelt haben dabei den größten Anteil.
Mitarbeiter der Veterinär- und Lebensmittelbehörden gehen regelmäßig in Supermärkte, Fleischereien, Dönerbuden etc., um anschließend die Proben einzureichen. Derzeit gibt es zunehmend Betrügereien bei Lebensmitteln, berichtet Mike Neumann vom LLBB. So sei natives Olivenöl eben oft nicht nativ oder es ist sogar mit Teilen von Rapsöl versetzt. In Kinder- und Säuglingsnahrung fänden sich zum Beispiel minderwertige Zusatzstoffe und beim Kaffee aus „100 % Arabica“ können schon mal 10-30 Prozent Robusta-Bohnen gefunden werden. Bedeutend schlimmer sind gefälschte oder gepanschte Medikamente wie jüngst im Skandal um Krebsmedikamente. Auch hier ist das LLBB wichtig für unabhängige Analysen. Buchholz: „Überall gibt es schwarze Schafe, die mit krimineller Energie Profit machen wollen. Um dies zu verhindern, müssen wir technisch und fachlich gut gerüstet sein.“
Auch Tierschutz und Tiergesundheit sind wichtig. Neumann: „Wir schauen etwa, woran ein Tier bei einer Vergiftung gestorben ist. Oder untersuchen Kadaver, ob es ein Wolfsriss oder ein Raubvogel war.“
Die LLBB-Standorte Invalidenstraße, Potsdam und Kleinmachnow sind in Adlershof nun zusammengeführt, was große fachliche Synergie erzeugt. „Es war mein Wunsch, hierher zu gehen. Unser Labor-Management-System wird moderner, wir wollen weg vom Papier und eine neue Institutskultur aufbauen. Kein Eigenleben der Standorte, keine doppelten Aufgaben mehr, Geräte werden gemeinsam genutzt“, sagt Buchholz. Lebensmittelchemiker, Tierärzte, Biologen, Laboranten, Apotheker, Chemiker und viele andere arbeiten abteilungsübergreifend unter einem Dach. „Jetzt wollen wir uns schnellstens mit unseren Nachbarn vernetzen, über Know-how und Methoden austauschen, unser Haus für Veranstaltungen öffnen und auch beim Nachwuchs erhoffen wir uns Chancen. Bewerber bei uns müssen interessiert sein an einer Verantwortung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz.“
Die Schwerpunkte der Arbeit werden gleich bleiben, jedoch die Schnelligkeit ändert sich. Deshalb gibt es ein hohes Interesse an immer neuen Analytikverfahren. So liebäugelt das Landeslabor nicht nur mit einem Nuklear-Magnet-Resonanz-Gerät. Auch in der Mikrobiologie geht es von klassischen Methoden hin zu Massenanalysen von chemischen Verbindungen wie MALDI-TOF (das Verfahren, das die Matrix-assistierte Laser-Desorption-Ionisierung mit der Flugzeitanalyse freigesetzter Ionen zur Massenspektrometrie kombiniert). Anzuchtverfahren dauern ihre Zeit. Mit einem Laser aber hält man kurz auf eine Matrix, sie zerspringt und man sieht in kürzester Zeit, welches Bakterium darin ist.
Einzelne Projekte als politische Schwerpunkte werden immer wichtiger. So wird derzeit das Schulessen genauso akribisch unter die Lupe genommen wie Berlins Notbrunnen oder das Elbe-Niedrigwasser. Buchholz und Neumann wissen: „Wasser wird in den nächsten Jahren eine immer größere Rolle spielen!“
Von Kathrin Reisinger für Adlershof Journal