Produktideen in kürzester Zeit zur Marktreife
Die vor fünf Jahren in Berlin Adlershof gegründete AEMtec GmbH bietet ihren Kunden einen Komplettservice von der Prozessentwicklung bis zur Großserie / Mit der Abnabelung von Infineon ist sie auf Expansionskurs
Die AEMtec GmbH, hochspezialisierter Auftragsentwickler und -produzent von opto- und mikroelektronischen Multi-Chip-Modulen und einer der international renommiertesten Hightechanbieter aus dem Berliner Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof, hat eine Vertriebsoffensive gestartet und gewinnt derzeit Marktanteile in Europa und in Übersee hinzu. „Wir bauen jetzt Vertriebsstrukturen auch in Richtung der Benelux-Staaten und Skandinavien auf, haben jüngst neue Kooperationspartner und Kunden u. a. in den USA sowie in Asien gefunden“, berichtet Geschäftsführer Harald Hanne. Damit werde der Bestand an heimischen Arbeitsplätzen gesichert, der sich seit Firmengründung im Jahre 2000 von 70 auf nunmehr 130 erhöht habe.
AEMtec hatte vor fast genau fünf Jahren als mittelständische Ausgründung der Infineon Technologies AG in Adlershof die Arbeit aufgenommen. Zunächst nahezu ausschließlich für das Mutterunternehmen produziert wurden optoelektronische Baugruppen mit extrem hohen Übertragungsraten für die überregionale Datenkommunikation. Schon drei Jahre später und inmitten einer Branchenkrise begann die Firma, sich einen Direktvertrieb einzurichten und Neukunden zu gewinnen. „Private Investoren stiegen bei AEMtec ein, weil wir sie von unserem Geschäftsmodell überzeugten: Die Produktidee des Kunden wird sehr schnell zur Marktreife geführt. Von der eigenen Prozessentwicklung über die Musterfertigung bis hin zur Großserie vergehen im Schnitt nur acht bis zwölf Monate“, wirbt der Geschäftsführer für diesen Kurs. AEMtec biete die Flexibilität des Mittelständlers, einen Komplettservice, der auch Beratung, Planung, Layout und Design beinhalte, sagt er.
Inzwischen ist der Anteil, den Infineon an dem Adlershofer Unternehmen hält, auf weit unter 50 Prozent gesunken, der Anteil der Auftragsfertigung für die frühere Mutter ging auf rund ein Viertel zurück. Zugleich stieg der AEMtec-Umsatz von 12 Millionen Euro (2002) auf 22 Millionen Euro (2004) und soll auch in diesem Jahr weiter kräftig anwachsen. Vorteile gegenüber den rund 150 zumeist kleineren Wettbewerbern im deutschsprachigen Raum erkennt Hanne „in unserer Konzentration auf innovative Produkte und die vorhandenen Erfahrungen bei der Umsetzung optischer Anwendungen in die Mikroelektronik“. AEMtec komme aus einem Großunternehmen und könne Anforderungen solcher Auftraggeber oft schneller und wirtschaftlicher realisieren als diese selbst, ist er überzeugt. Das ist nach Auffassung des Geschäftsführers auch der Grund dafür, dass die Firma die zurückliegenden Krisenjahre in der heiß umkämpften Branche „fast ohne Probleme und von Anfang an profitabel“ überstanden habe.
In dieser Situation zu den ersten Neukunden hatte 2003 die Medizintechniksparte von Siemens gehört. AEMtec fertigt für diesen Abnehmer Fotodiodenmodule für die Computertomographie. Für den Sensorik-Weltmarktführer Sick wird spezielle Sensortechnik produziert. Den bislang größten Auftrag mit einem Umsatzvolumen von 50 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren sicherten sich die Adlershofer bei der Bosch-Tochter Blaupunkt: Für deren Autonavigationssysteme stellen sie seit dem vergangenen Jahr elektronische Baugruppen her, eine Aufgabe, die Blaupunkt aus Wirtschaftlichkeitsgründen ausgelagert hat. Mit der schnellen Überführung von der Muster- in die Großserie explodierte der entsprechende AEMtec-Umsatz von 222.000 Euro (2003) auf über 13 Millionen Euro (2004).
Seit zwei Jahren arbeitet der Betrieb im Dreischichtsystem; 2004 ging er von der 35- zur 40-Stunden-Woche über - „mit dem Effekt, dass wir sofort 35 neue Arbeitsplätze schaffen konnten“, wie Hanne resümiert. Mikrosystemtechnik von AEMtec, zumeist die Verbindung spezieller optischer und mikroelektronischer Komponenten und Systeme, findet sich heute zudem in Industriegütern wie intelligenten Elektromotorensteuerungen und Überwachungsanlagen beispielsweise in der Medizin- sowie der Lebensmitteltechnik. Entsprechende Musteraufträge wurden jüngst auch für Kunden in Italien, Österreich und der Schweiz realisiert. Hightech-Baugruppen für die Kommunikationstechnik werden seit kurzem ebenso in die USA und nach Malaysia exportiert. Darüber hinaus ist die Berliner Firma an der technischen Ausstattung modernster Konsumgüter wie Handys, Digitalkameras, Receivern sowie Airbags beteiligt. „Wir wollen in absehbarer Zeit zu den Marktführern im Bereich der Multi-Chip-Module in Europa gehören“, betont Hanne selbstbewusst.
Rund zehn Millionen Euro sind seit der AEMtec-Gründung in den Betrieb investiert worden, ein Großteil davon in drei Reinraum-Fertigungen. Im Mittelpunkt steht dabei die Chip-on-Board-Technik (CoB), bei der mehrere Chips möglichst Platz sparend direkt auf einen Träger – z.B. Kunststofffolien, Glas, Keramik – aufgebracht werden. In einem solchen Multi-Chip-Modul lassen sich weitere elektronische und optische Bauteile – z.B. Dioden und Laser – auf einer Mikroplatine kombinieren.