Peptide Angeln
Adlershofer Start-up entwickelt innovatives Reinigungsverfahren für therapeutisch wirksame Naturstoffe
Ein Trio junger unternehmungslustiger Chemiker: Zwei promovieren noch, sind aber bald fertig. Neben der Doktorarbeit haben die Forscher innovative Ideen bezüglich umweltschonender und wirtschaftlich günstiger Herstellung von Peptiden entwickelt. Als Peptide werden Proteine bezeichnet, die aus bis zu 100 Aminosäuren aufgebaut sind. Die Naturstoffe können auch chemisch synthetisiert werden. Peptide haben wichtige biologische Funktionen, etwa als Hormone. Sie können beispielsweise auch Entzündungen beeinflussen und gegen Bakterien oder Viren wirken.
EnviroPep heißt das Start-up, das Oliver Reimann (Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie), Robert Zitterbart (Humboldt-Universität zu Berlin, HU) und Dominik Sarma (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, BAM) gründen wollen. „Es geht darum, Peptide nach der Synthese effektiver und weniger aufwendig reinigen zu können“, sagt Sarma. Er sitzt im Projektbüro, das die BAM zur Verfügung gestellt hat, ebenso wie das Labor gleich nebenan. Der Gründungsservice der HU sowie Oliver Seitz, Professor am Institut für Chemie als wissenschaftlicher Mentor, halfen, das Projekt zu entwickeln.
Seit September 2016 wird das Start-up durch das Förderprogramm EXIST des Bundesministeriums für Wirtschaft sowie den Europäischen Sozialfonds mit rund 700.000 Euro unterstützt. Ein Betriebswirtschaftler wurde kürzlich als weiterer Mitarbeiter gewonnen. Der Businessplan soll nun ausgearbeitet und – mit der BAM als Kooperationspartner – die Technologie zur Marktreife gebracht werden. Bis Februar 2018 ist die Gründung einer GmbH vorgesehen.
Wenn dies gelingt, winken große Marktchancen. Denn Peptide sind aussichtsreiche Kandidaten für therapeutische Wirkstoffe. Sie werden zweistufig hergestellt. Nach der Synthese kommt die Reinigung. „Oft werden 99 Prozent Reinheit gefordert“, sagt Sarma. Das geschieht meist durch ein komplexes Trennverfahren, die Hochdruckflüssigkeitschromatografie (HPLC). EnviroPep hat nun eine zeit- und kostengünstige sowie – dank des Verzichts auf organische Lösungsmittel – umweltschonende Alternative erarbeitet. Dabei wird das Peptid am Ende der Synthese mit einem „Fängermolekül“ markiert. Anschließend kommt die Reaktionslösung auf einen Filter, der das markierte Peptid festhält und die Verunreinigungen durchlässt. Dann wird das Fängermolekül wieder abgetrennt, das reine Peptid bleibt übrig. „Catch and Release“, mit diesem Begriff aus der Anglersprache kennzeichnet Sarma das Prinzip.
Das Verfahren lässt sich dank variabler Filtergröße flexibel einsetzen, vom Milligramm bis zum Kilogrammmaßstab. Zudem funktioniert es auch in Fällen, in denen Peptide mit sehr ähnlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften zu trennen sind, besser als die Chromatografie. Auch für den parallelen Einsatz mit vielen kleinen Mengen von Peptidlösungen eignet sich die Methode. Das erleichtert Automatisierung und Aufbau von Peptidbibliotheken.
Bei so vielen Möglichkeiten könnte man als Start-up-Gründer leicht nervös werden. Doch Sarma spricht von „positiver Anspannung“. Sie seien „gut aufgestellt, flexibel und zuversichtlich“. Geschicktes Projektmanagement werde helfen, kritische Phasen zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
Von Paul Janositz für Adlershof Journal