Nephrolyx: Nierenerkrankungen präzise und schneller erkennen
Ein Start-up aus Adlershof versorgt Europas Kliniken und Praxen zunehmend mit einem modernen Nierenfunktionstest
Die aus der Charité – Universitätsmedizin Berlin ausgegründete Nephrolyx GmbH hat ein Test-Kit und eine digitale Plattform entwickelt, die es ermöglichen, die Nierenfunktion (mGFR) von Patient:innen präzise zu messen. Nierenschäden können so zuverlässig und bis zu zehnmal schneller erkannt werden.
Geschäftsführer und Gründer von Nephrolyx ist Bartosz Reinhold, der selbst lange an der Charité gearbeitet hat. Er erklärt den Unterschied zu herkömmlichen Methoden der Nierenfunktionsmessung. „Häufig werden nach der Blutabnahme Biomarker wie zum Beispiel das Kreatinin, ein Stoffwechselprodukt, im Serum bestimmt. Wenn die Niere eine schlechte Filterfunktion hat, reichert sich dieser Stoff an. Anhand dessen wird die Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) – diejenige Menge an flüssigen Blutbestandteilen, die pro Zeitspanne in den Nierenkörperchen aller vorhandenen Nieren filtriert wird – geschätzt.“
Diese Schätzungen, so der Experte, weichen jedoch bis zu +/-20 Prozent ab. Wegen der langsamen Anreicherung der Biomarker können schnelle Nierenfunktionsänderungen, wie das akute Nierenversagen, erst nach 24 bis 48 Stunden erkannt werden. Dieses Prinzip der Schätzung funktioniert nicht zuverlässig. Mediziner:innen können nicht erkennen, wie krank ihre Patient:innen wirklich sind. So werden Fälle vom akuten Nierenversagen viel zu spät erkannt und nephrotoxische Medikamente, wie z. B. bei der Chemotherapie, nicht optimal dosiert.
Als von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA eingestufter Goldstandard gilt deshalb eine direkte GFR-Messung (mGFR). Erkrankte bekommen ein Kontrastmittel. Danach wird im Blut bestimmt, wie viel des Mittels die Niere herausgefiltert hat. Bereits an der Charité fing die Nephrologie-Arbeitsgruppe an, dafür ein neues Verfahren zu entwickeln, das bei Nephrolyx zum weltweit ersten Test heranreifte, der genau, schnell und obendrein preiswert ist.
Für diesen Test ist nur eine sehr geringe Menge Kontrastmittel nötig. Bereits nach drei Stunden kann mit dem fertigen Test-Kit im Labor die Restmenge in der Niere bestimmt werden. „Gleichzeitig nutzen die Labore unsere Software für die Auswertung“, so Reinhold. Insgesamt forschten die Wissenschaftler:innen zwölf Jahre an dem Thema. Im Mai letzten Jahres ist der Test zugelassen worden und wird nun in der klinischen Routine eingesetzt. Auch für niedergelassene Ärzteschaft eignet sich das Test-Kit.
Die Einsatzgebiete sind weitreichend: Bei der Identifikation von Organspenden, wenn zum Beispiel die Mutter der Tochter eine Niere spenden möchte, muss die Filtrationsleistung einen bestimmten Wert haben und absolut präzise bestimmt werden.
Bei Krebspatient:innen wiederum ist die Chemotherapie sehr nierenschädigend. Mithilfe des Tests im Screening kann das Medikament so angepasst werden, dass der Krebs bekämpft, die Niere aber nicht so stark zerstört wird, dass Betroffene dialysepflichtig werden. Reinhold: „Studien belegen, dass noch immer ca. 20 Prozent der Patient:innen über- oder unterdosiert sind.“
Ein drittes Einsatzgebiet sind chronische Nierenleiden. Mit regelmäßigen Tests kann die Zeit bis zur Dialysepflicht oder gar Spenderniere durch eine zeitnahe adäquate Behandlung hinausgezögert werden.
Seit März 2022 ist das frisch gebackene Unternehmen Nephrolyx in Adlershof ansässig. Vom Biochemiker bis zur Softwareentwicklerin haben alle Mitarbeitenden hier sehr gute Bedingungen. Der „Nephrolyx IVDx“-Test wird bereits europaweit vertrieben. Wissenschaftler:innen und Mediziner:innen äußern sich begeistert zur neuen Referenzmethode mit zuverlässiger Analyse in kürzester Zeit und sprechen von einem neuen Meilenstein in der Nierenmedizin.
Katrin Reisinger für Adlershof Journal