Menschlichere Maschinen
Auf die gut sechseinhalb Milliarden Menschen weltweit kommen über 20 Milliarden Maschinen mit Mikroprozessoren. Sie sollen uns das Leben erleichtern, die Qualität der Versorgung steigern, Ressourcen einsparen. Aber die neue Freiheit stößt auch an Grenzen: Wir sind den Tücken der Technik ausgesetzt, Bedienfehler können zu schweren Unfällen führen. Ingenieurpsychologen untersuchen, wie Mensch und Technik besser miteinander interagieren und setzen auf Assistenzsysteme.
Ticket- und Bankschalter, Getränkekiosk oder Paketausgabestelle waren gestern. Längst haben Automaten viele dieser Plätze eingenommen. Nicht nur ältere Menschen fühlen sich manchem dieser maschinellen Helfer hilflos ausgesetzt. Doch wie müssen technische Systeme gestaltet sein, damit sie vom Menschen schnell, sicher und ohne Mühe beherrscht, gesteuert, überwacht und benutzt werden können? Beispielsweise indem man einen mehr an den Zielen orientierten Fahrkartenautomaten baut. Ingenieurpsychologen an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) haben dafür ein Modell entwickelt. Testpersonen zwischen 65 Jahren und Ende 70 kamen damit hervorragend klar. Außerdem fanden die HU-Psychologen heraus, dass ältere Menschen vom Können her Jüngeren bei der Bedienung der technischen Systeme nicht nachstehen. Ältere benötigen nur einfach mehr Zeit. Und oftmals trauen sie sich die Technikbenutzung nicht zu. Ein altersgerechtes Training verspricht hier Abhilfe. „Die Berliner Verkehrsbetriebe sind interessiert, die von uns dafür entwickelten Trainingsprogramme zu verwenden“, erzählt Hartmut Wandke.
Der Professor für Ingenieurpsychologie an der HU untersucht die Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Ärgerlich findet er Situationen, in denen er keine Kontrolle über ein technisches System hat. Zum Beispiel wenn er einen Druckauftrag abrechen möchte, aber sein Drucker endlos weiter Seiten ausspuckt und er als letzten Ausweg nur den Stecker ziehen kann. Eine unpassende Strategie, empfindet Wandke. Die Funktionsteilung zwischen Mensch und Technik, die in diesem Alltagsbeispiel zwar ärgerlich, aber ungefährlich ist, kann bei professionellen Techniksystemen wie Cockpits oder Leitständen manchmal auch zu Katastrophen führen. Die generelle Frage: Welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit Entwickler von Systemen erfolgreich sind? spaltet die Fachleute seit vielen Jahren in zwei Lager: Die einen wollen den Menschen, weil er unzuverlässig ist, Fehler macht, nicht in der Lage ist, große Informationsmengen in kurzer Zeit zu verarbeiten, durch Technik ersetzen. Beispiel Autopilot, ein Trend, der sich fortsetzen wird. Wandke gehört dem zweiten Lager an, das die Flexibilität und Improvisationsfähigkeit des Menschen wertschätzt und ihn deshalb in seiner Funktion z. B. als Pilot oder Fahrer durch Assistenzsysteme unterstützt sehen möchte. „Es genügt nicht, dass die Maschine sich abschaltet, wenn Gefahr besteht, sondern der Mensch muss noch Zeit und ein Mindestmaß an Situationsbewusstsein haben, um einzugreifen“, sagt er. In der Kombination von menschlichem Improvisationstalent und maschinellen Verarbeiten sieht er den zukünftigen Lösungsansatz für das Automatisierungs-Dilemma. Auf der Tagung Mensch & Computer, die vom 6.bis 9. September unter dem Motto „Grenzenlos frei!?“ in Berlin stattfindet, wird Wandke Gelegenheit finden, dies mit Informatikern, Psychologen, Designern, Arbeits- und Ingenieurwissenschaftlern zu diskutieren.
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