Lichtschutzfaktor (LSF) von Sonnenschutzmitteln gefahrlos bestimmen
Projektteam im ‚Advanced UV for Life‘-Konsortium stellt nicht invasive Methode für die standardisierte LSF-Bestimmung vor
Im Juni 2019 fand in Brüssel eine Sitzung der Arbeitsgruppe „Sun protection test methods“ (WG 7) des ISO Komitees „Kosmetik“ (ISO/TC 217) statt. Prof. Dr. Jürgen Lademann, Leiter des „Center of Experimental and Applied Cutaneous Physiology“ der Charité und Themenleiter des Bereichs Medizin im Konsortium ‚Advanced UV for Life‘ wurde eingeladen, die neuesten Forschungserkenntnisse zur nicht invasiven Bestimmung des Lichtschutzfaktors (LSF) von Sonnenschutzmitteln vorzustellen.
Bisher werden LSF-Werte in Speziallabors mit einer standardisierten Messmethode an Probanden (in vivo) ermittelt. Mit Sonnenschutzmittel behandelte Haut wird dabei mit einer definierten Dosis ultravioletter (UV) Strahlung bestrahlt, bis ein Sonnenbrand (Erythem) entsteht. Aus Bestrahlungsdosis und -zeit wird der Lichtschutzfaktor bestimmt. Es wird also das herbeigeführt, wovor Sonnenschutzmittel eigentlich schützen sollen.
Die Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde der Vereinigten Staaten (FDA) wie auch die Europäische Union fordern dringend die Entwicklung einer Methode ohne Hautschädigung. Das ISO-Komitee 217 arbeitet daher an einer internationalen Leitlinie für eine in-vitro-Methode, bei der statt Probanden Kunststoffplatten mit einer speziellen Struktur zum Einsatz kommen sollen. „Aufgrund der spezifischen Beschaffenheit der Haut haben solche in-vitro-Messungen allerdings einen entscheidenden Nachteil“, weiß Prof. Lademann. „Die Temperatur und speziell der Biofilm der Haut haben eine große Bedeutung für die Verteilung der Sonnenschutzmittel auf der Hautoberfläche und damit auf die Schutzfunktion. Das kann mit Kunststoffplatten nicht realisiert werden.“
Gemeinsam mit dem Weltmarktführer für Hautanalysegeräte Courage + Khazaka electronic GmbH und dem Hersteller für dermatologische Pflegeprodukte Hans Karrer GmbH entwickelt die Charité ein Messsystem zur nicht invasiven Lichtschutzfaktorbestimmung. Mit Leuchtdioden wird UV-Strahlung definierter Wellenlänge erzeugt und über Fasern auf die mit Sonnenschutzmittel behandelte Haut der Probanden aufgebracht. Das reflektierte und im Gewebe gestreute Licht wird detektiert und daraus der Lichtschutzfaktor direkt – ohne zeitaufwändige Erythembegutachtung – ermittelt. „Bei diesem Messprinzip werden auch weiterhin die spezifische Beschaffenheit und die Reaktion der Haut berücksichtigt, jedoch ohne den Testpersonen zu schaden“, fasst Prof. Lademann zusammen.
Damit konnte das Projektteam auch die ISO überzeugen und wurde aufgefordert, die Entwicklung voranzutreiben und für den Einsatz als mögliches Standardverfahren zu charakterisieren. Angestrebt wird nun eine Hybridmessung, bei dem die im Projektteam entwickelte nicht invasive Lichtschutzfaktorbestimmung an Probanden mit einer spektralen Analyse des Sonnenschutzmittels kombiniert wird. „Diese Hybridvariante hat einen großen Vorteil“, merkt Prof. Lademann an. „Lichtschutzfaktoren von 80 und 100 könnten so messbar sein.“ Diese hohen Lichtschutzfaktoren müssen zwar laut der Europäischen Union nicht mehr ausgewiesen werden – hier liegt die obere Grenze bei 50+. Für die Kosmetikhersteller wäre eine solche Messung allerdings von großer Bedeutung. Sonnenschutzmittel und die darin enthaltenen Wirkstoffgemische können charakterisiert und deren Wirkungsweise besser verstanden werden. Damit dieses Potential ausgeschöpft wird, arbeitet das Projektteam auch an der Miniaturisierung der Messaufbauten. „Die kompakten UV-LEDs bieten dafür eine gute Grundlage“, so Prof. Lademann. „Am Ende streben wir ein zuverlässiges, benutzerfreundliches und kostengünstiges Geräte an, das für die standardisierte Lichtschutzfaktorbestimmung von Sonnenschutzmitteln nach ISO eingesetzt wird.“
Kontakt
Antje Mertsch
Koordinationsstelle ‚Advanced UV for Life’
c/o Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik
Gustav-Kirchhoff-Straße 4, 12489 Berlin
Tel.: +49 30 6392-3397
E-Mail: info(at)advanced-uv.de
Prof. Dr. Dr.-Ing. Jürgen Lademann
Center of Experimental and Applied Cutaneous Physiology
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Tel.: +49 30 450518-235
E-Mail: info(at)ccp-berlin.org
Zusatzinformationen
Das ‚Center of Experimental Applied Cutaneus Physiology (CCP)‘ ist ein internationales Kompetenzzentrum im Bereich der Hautphysiologie an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité Universitätsmedizin Berlin. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten stehen Untersuchungen zum Einsatz von optischen und spektroskopischen Methoden zur Diagnostik und Therapiekontrolle in der Dermatologie sowie der Einsatz von UV-Strahlen zur Therapie beispielsweise bei der Wundheilung, bei Psoriasis und atopischer Dermatitis.
www.ccp-berlin.org
Courage + Khazaka electronic GmbH ist 1986 gegründet worden, als erster Hersteller von wissenschaftlichen Geräten zur Hautmessung. Heute ist C+K weltweit Marktführer auf diesem Gebiet mit einer kompletten Produktpalette zur Messung von Hautfeuchtigkeit, Fettgehalt, pH-Wert, Farbe der Haut, Elastizität und Faltentiefe, Rauigkeit und Struktur der Hautoberfläche. Die Geräte sind nicht nur für die Forschung und Industrie interessant, sondern auch für die Dermatologen, um den Hautzustand zu ermitteln und Behandlungserfolge nachzuweisen. Besonders stolz ist C+K über die maßgebliche Beteiligung an der Versuchsreihe „SkinB“ auf der Internationalen Raumstation ISS, bei der Veränderungen der Haut unter Weltraumbedingungen erforscht wurden.
www.courage-khazaka.de
Die Hans Karrer GmbH ist Partner der Dermatologen, Apotheken und Patienten und entwickelt ihre Produkte nach deren Bedürfnissen für die Pflege innerhalb der klassischen dermatologischen Indikationen. Hauterkrankungen und Hautprobleme können einen tiefgreifenden Einschnitt in die Lebensqualität darstellen. Um das Leben der Patienten zu erleichtern und Hauterkrankungen durch dermatologische Pflege erheblich zu lindern, nutzt das Unternehmen all sein Wissen, die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft und legt besonderen Wert auf Sorgfalt in der Produktion und der Auswahl der Inhaltsstoffe. Aus gutem Grund ist der Forschungs- und Produktionsstandort Deutschland für die Produkte sehr wichtig und selbstverständlich werden alle Kosmetika nach Arznei-GMP produziert.
www.hans-karrer.de
‚Advanced UV for Life‘ ist ein Zusammenschluss von 49 deutschen Partnern aus Industrie und Wissenschaft, der UV-LEDs entwickelt und in Applikationen überführt. Die Schwerpunkte liegen auf Anwendungen in den Bereichen Medizin, Umwelt und Life Sciences, Desinfektion sowie Produktion. Das vom Ferdinand-Braun-Institut geleitete Konsortium wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programmes „Zwanzig20 –Partnerschaft für Innovation“ gefördert.
www.advanced-uv.de