LASER-Lichblick für Allergiker
Pollenvorhersage bald schneller und einfacher möglich
Pollenalarm bereits Anfang Februar: Milde, fast frühlingshafte Temperaturen haben für einen blühenden Jahresanfang gesorgt und damit die Erholungspause für Blütenpollenallergiker wieder verkürzt. Um die Betroffenen rechtzeitig zu warnen, geht eine junge Biowissenschaftlerin den Pollen jetzt mittels eines spektroskopischen Verfahrens auf den Grund und entwickelt eine Online-Methode, die die Pollenvorhersage revolutionieren könnte.
Schon morgens auf dem Weg ins Labor hält Janina Kneipp nach blühenden Zweigen Ausschau. Die Bioanalytikerin und ihre Kollegen sammeln diese z. B. in den Park- und Grünanlagen und nehmen sie als Proben mit in die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung in Adlershof. Gemeinsam wollen sie dort herausfinden, wie man besonders schnell ermittelt, welche Pollen wo und wann fliegen. Genaue Kenntnisse darüber sind bei der wachsenden Zahl an Allergikern dringend notwendig: Allein in Deutschland leiden rund 15 Millionen Menschen unter Heuschnupfen, so schätzen Experten. Auslöser von 85 Prozent aller Atemwegsallergien sind Blütenpollen. Bisher gibt das Meteorologische Institut der Freien Universität Berlin den täglichen Pollenreport für die Hauptstadt heraus, der anhand zweier Pollenfallen ermittelt wird. Diese Vorhersage fußt auf recht wenigen Daten und ist aufwendig im Untersuchungsverfahren. Außerdem können manche Arten zum Teil nur schwer unterschieden werden.
Janina Kneipp und ihr Kollege Ulrich Panne kamen daher auf die Idee, mithilfe der so genannten Raman-Spektroskopie den molekularen Fingerabdruck der Pollen zu messen. Dazu wird der Blütenstaub mit einem Laser bestrahlt und ein winziger Teil des gestreuten Lichts anschließend untersucht. Diese gemessenen Spektren dienen nicht nur der eindeutigen Identifizierung der Pollen, sie spiegeln auch deren systematische Verwandtschaft wider. Bereits 40 Baumarten hat diese Forschungsgruppe in der vergangenen Saison analysiert. „Wir stehen erst am Anfang der Datensammlung: 40 Arten sind nichts im Vergleich zu den mehreren Hundert Arten, die es gibt“, erklärt Janina Kneipp, deren Projekt für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wird. Neben dem Erfassen weiterer Arten testen die Forscher jetzt vor allem, wie robust die Methode ist. Zukünftig könnte der Pollenreport dann über viele kleine portable und feldtaugliche Spektrometer erstellt werden. Die neue Methode ist eine schnellere, einfachere und exaktere Alternative für die Pollenvorhersage, ist die Forscherin überzeugt.
Die Identifikation der Pollen sei nur ein Aspekt ihrer Arbeit. „Wir wollen den Fingerabdruck auch verstehen“, sagt die Biospezialistin. Da durch die Spektroskopie die Biomoleküle nicht zerstört, sondern in ihrem natürlichen Kontext analysiert werden, wollen die Wissenschaftler z. B. auch herausfinden, welcher Bestandteil der Pollen allergen wirksam ist. Daneben interessieren Fragen zum Material. So ist die Pollenhülle aus einem Material, dessen Aufbau man noch nicht so genau kennt. Sie ist sehr stabil: „Wir haben die Hülle beispielsweise in Säure gekocht, ohne dass sie kaputt ging“, sagt Janina Kneipp, die am 1. April eine Juniorprofessur im analytischen Bereich des Instituts für Chemie der Humboldt-Universität antritt. Sie findet es reizvoll sich zwischen den Wissenschaften zu bewegen. „Wir arbeiten im Grenzbereich zwischen Chemie, Biologie und Physik, um den molekularen Bausteinen von Biomaterial auf die Spur zu kommen“, so die Grundlagenforscherin.